10.000 Euro für jeden! Helikopter-Geld immer dringender gewünscht
Leser von bto wissen es nicht erst seit der Sturmwarnung vom Montag: Die Weltwirtschaft steht vor der nächsten Krise und die Wirtschaftspolitiker stehen ohne Munition da, deshalb der immer lautere Ruf nach den Helikoptern. Zunächst Martin Wolf, dann Wolfgang Münchau. Letzterer wagt sich sogar an einen Vergleich mit der Wirtschaftspolitik im Dritten Reich. Doch der Reihe nach. Hier Wolf mit simpler, konsistenter Logik:
- Die Notenbanken müssen schon jetzt überlegen, was sie tun und was sie der Öffentlichkeit kommunizieren, sollte die nächste Rezession kommen.
- Die Zinsen sind auch acht Jahre nach der Krise auf einem Rekordtief und in England erwarten die Märkte für das Jahr 2025 einen Notenbankzinssatz von 2,5 Prozent. – bto: Für die Eurozone dürften die Erwartungen noch tiefer sein. Eiszeit eben.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass es vor dem Jahr 2025 zu einer Rezession kommt, ist ziemlich hoch. – bto: Ich würde sagen, 100 Prozent. Könnten auch zwei Rezessionen sein, die aber nichts an der Grundtendenz der Eiszeit ändern.
- Nun kommt Wolf zu den Optionen, die die Notenbanken haben. Zunächst wäre die Möglichkeit, gar nichts zu tun. Dies findet Wolf angesichts der sozialen Konsequenzen verrückt. Die reinigende Depression hätte einfach zu viele Negativwirkungen.
- Die Notenbanken könnten auch höhere Wachstums- und Inflationsziele ausrufen. Bringt nur nichts, sind sie doch schon nicht in der Lage, die bestehenden Ziele zu erreichen. Deshalb müsse man die Instrumente ändern.
- Eine Möglichkeit sieht Wolf „to organise the deleveraging of economies. This might need forced conversion of debt into equity“. Er betont sogleich, dass es schwer in der Praxis umzusetzen ist. – bto: Ich finde es erstaunlich, dass auch er immer offener über diese Option spricht, auch wenn er sie verwirft. Ich denke auch, es ist schwer, aber machbar – siehe meine früheren Vorschläge zu einem Schuldentilgungsfonds mit Steuer- und Notenbankfinanzierung.
- Dann kann man natürlich die Zinsen noch mehr in den negativen Bereich führen, das allerdings nur, wenn man Bargeldnutzung mit hohen Gebühren belegt oder ganz verbietet. – bto: Klar, die Diskussion kennen wir ja.
- Da doch besser die direkte Finanzierung von Staaten und/oder Bürgern durch die Notenbank. Hätte die größte Wirkung.
Wolfgang Münchau geht zurück in die 1930er-Jahre und beleuchtet die Rolle der Notenbank bei der Überwindung der großen Depression in Deutschland, was erheblich zur anfänglichen Begeisterung für Hitler beigetragen hat. Er sieht nun die Gefahr, dass auch heutzutage, radikalere Politiker an die Macht kommen (Italien oder Frankreich) und dank der dann gefügigen Geldpolitik erhebliche Anfangserfolge erzielen:
- Hjalmar Schacht war zweimal Reichsbankpräsident. Das erste Mal hat er die Inflation bekämpft, das zweite Mal die Depression. Von 1933 bis 1939.
- Dabei hat Schacht den Konsens der Sparpolitik nicht geteilt und früh erkannt, dass Deutschland die Auslandsschulden nicht bedienen kann.
- Als Notenbankpräsident hat er dann eine Umschuldung der Auslandsschulden deutscher Unternehmen durchgeführt und Konjunkturpakete finanziert, die entscheidend zum Aufschwung der Wirtschaft beigetragen haben.
- Die heutige Haltung in Brüssel, Berlin und Frankfurt ähnelt nach Münchaus Auffassung stark dem deflationären Mindset der 1930er-Jahre. Statt die Nachfrage zu beleben, wird auf Strukturreformen gesetzt.
- Dabei, so sieht er das, wären die Probleme der Eurozone leicht zu lösen, die EZB müsse nur jedem Bürger 10.000 Euro gutschreiben oder – den Staat direkt finanzieren. Es gibt viele Wege Geld zu verteilen, nur seien diese alle leider illegal.
- Sobald jedoch ein williger Politiker an die Macht kommt, könnte es sehr rasch anders aussehen. Ein Beppo Grillo könnte den italienischen Notenbankpräsidenten austauschen, eine Parallelwährung einführen und munter drauflos drucken. Marine Le Pen könnte ähnlich vorgehen, gerade auch angesichts der Machtfülle des französischen Präsidenten.
- Auf Dauer würde das zwar nicht gut gehen, kurzfristig würden die Erfolge jedoch das Ende bedeuten für Euro und europäische Integration.
Ich lese das nicht so, als ob Münchau ein Problem mit Helikopter-Geld hat. Er hat ein Problem, wenn es in einem Land angewendet wird und nicht auf der Ebene der EU.
Damit wird wahrscheinlicher, was ich schon 2014 gefordert habe: 10.000 für jeden!
→ „Bürger retten statt Banken – warum die EZB jedem EU-Bürger 10.000 Euro zahlen sollte“
Und hier die Links zur FT: