“Die ‘Deutsche Krise’”
Dieser Beitrag erschien bei WiWo.de:
Scheitert die Deutsche Bank, wäre die Lehman-Pleite ein Kindergeburtstag dagegen. Die Krise der Deutschen Bank ist letztlich eine Krise der deutschen Politik. So oder so ist es Zeit, das Portfolio sturmfest zu machen.
Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, diese Woche über den „Biggest Short“ zu schreiben. Den ultimativen Deal, mit dem man aus dem nächsten Einbruch an den Finanzmärkten Gewinn schlagen kann. In Anlehnung an den Bestseller von Michael Lewis, der eindrücklich den „Big Short“, die erfolgreiche Wette gegen den US-Immobilienmarkt und die Weltfinanzmärkte, vor nunmehr acht Jahren beschreibt. Doch muss das Thema warten. Zu dramatisch ist das, was sich seit mehreren Jahren mit den Aktien von Banken, allen voran der Deutschen Bank ereignet.
Wer den Kursverlauf der Deutschen Bank seit 2006 betrachtet, muss unweigerlich denken, es wäre schon der “Big Short” gewesen. Immerhin stand die Aktie im Jahre 2006 kurzzeitig einmal über 100 Euro. Nun, acht Jahre und einige Kapitalerhöhungen später, nähert sie sich einem Wert von null. Wenn der Verfall der Deutschen Bank nicht das ultimative Zeichen für eine massive Krise ist, was dann?
Natürlich war es unfair, dass der Internationale Währungsfonds ausgerechnet der Deutschen Bank den Titel der “gefährlichsten Bank der Welt” verlieh – gerade in einer Branche, die von nichts so sehr abhängt wie von Vertrauen. Ein geradezu ungeheuerlicher Vorgang. Natürlich gehen die Amerikaner mit unliebsamen Mittbewerbern rabiater um, wenn es um Strafen für Fehlverhalten geht – siehe auch Volkswagen.
Natürlich kann niemand sagen, die Deutsche Bank sei insolvent. Doch das Gegenteil beweisen kann man so richtig auch nicht. Die Bilanz ist von außen nicht zu verstehen. Es ist und bleibt der Glaube an die Rechtschaffenheit des Managements, auf dem das Vertrauen in die Bilanz und Solidität der Bank beruht. Und so sehr man dem heutigen Management vertrauen sollte, niemand weiß, was die Vorgänger noch als Zeitbomben hinterlassen haben.
Würde ich die Aktien der Deutschen Bank heute kaufen? Nein. Aber ich kaufe ohnehin keine Aktien von Banken in Europa, wie ich an dieser Stelle immer und immer wieder betont habe. Ich bin kein Spieler, sondern ein langfristig denkender Investor. Zu gut erinnere ich mich an eine Diskussion mit meinem Sparring-Partner in Sachen Geldanlage am Freitag dem 12. September 2008. Wir haben darüber gesprochen, eine Position in Lehman Brothers einzugehen. Schließlich würde die US-Regierung wie schon im Fall von Bear Stearns einen Konkurs verhindern, so unsere Einschätzung. Das Verlustrisiko war nach dem deutlichen Fall der Aktie also gering.
Es hat mich gereizt. Ich habe es aber nicht getan, weil ich das Risiko nicht einschätzen konnte und vor allem das Ergebnis nicht zu analysieren war. Es war ein politischer Entscheid, und von der Politik halte ich – auch das wissen die Leser dieser Zeilen gut – herzlich wenig. Vor acht Jahren hat mir das einen Totalverlust über das Wochenende erspart.
So hoffe ich, dass es der Deutschen Bank besser geht, als der Markt befürchtet, und dass sie allen Beteuerungen zum Trotz doch von der Politik gerettet wird, sollte dem nicht so sein. Würde sie es nicht, hätten wir eine neue Krise, die die Ereignisse der Jahre 2008/9 wie einen Kindergeburtstag aussehen lassen würde. Keines, aber auch wirklich keines der Probleme, die zur Finanzkrise geführt haben, wurde gelöst. Zur Erinnerung:
- Die Gesamtverschuldung liegt fast überall über dem Niveau von 2008.
- Die europäischen Banken sind immer noch überdimensioniert und unterkapitalisiert.
- Die Realwirtschaft in der Eurozone hat erst vor wenigen Monaten das Niveau von 2008 wieder erreicht – einige Länder wie Italien sind weit davon entfernt.
- Die Zinsen sind negativ und die Notenbanken der Welt sind mit ihrem Latein am Ende. Bei der nächsten Krise bleibt nur noch die direkte Staatsfinanzierung, vulgo „Helikopter-Geld“.
- Die Möglichkeit zu politischer Kooperation zur Krisenbewältigung ist deutlich gesunken: Brexit, Trump, Cinque Stelle, Front National, AfD, …, überall zeigen sich die Folgen einer Politik, der es nicht mehr gelingt, den Wohlstand der breiten Bevölkerungsschichten zu steigern und Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit zu geben.
- Die herrschende Politik hat derweil den lauten Weckruf immer noch nicht erhört, spielt weiter auf Zeit und hofft auf ein Wunder. Das Wunder wird nicht kommen.
Die Krise aus Sicht der Vermögenssicherung
Zu allem Überfluss haben die Politiker eine im Prinzip richtige Konkursregelung für Banken eingeführt (Bail-in), die erst die Gläubiger fordert, bevor der Steuerzahler haftet. Das ist natürlich theoretisch richtig. Jedoch muss man die Banken erst saniert haben, bevor man so eine Regelung einführt. Denn wer, der noch halbwegs denken kann und nicht gezwungen wird, investiert auch nur einen Euro in eine Bankanleihe geschweige denn eine Bankaktie, wenn er weiß, dass die Altlasten noch nicht bereinigt sind?
Das wissen natürlich auch die Profis, die in den vergangenen Monaten mit der deutlichen Erholung der Bankaktien einen schönen Gewinn erzielt haben. Sie setzten auf eine technische Reaktion nach dem deutlichen Absturz davor und hofften auf die Rettung durch Politik (Aufweichung der Bail-in Regeln) und EZB (kauft alles). Wirklich an die Zukunft der Banken glauben auch sie nicht. Nach der nun kolportierten Weigerung der Bundesregierung, zwölf Monate vor der Wahl eine weitere Bank „zu retten“, bekommen sie zu Recht kalte Füße. Könnte es sein, dass die prinzipientreuen Deutschen es wirklich darauf ankommen lassen? Und sei es nur, um dem Italiener Renzi klar zu machen, dass er um einen Bail-in in Italien nicht herumkommt? Angesichts der Tatsache, dass die italienischen Privathaushalte deutlich vermögender sind, als die deutschen, ebenfalls theoretisch richtig. Praktisch könnte es zum Ende des Euro führen.
In Wahrheit ist die Krise der Deutschen Bank natürlich hausgemacht. Im Umfeld einer überschuldeten Welt mit einem überschuldeten Finanzsystem ist es keine gute Idee, den Titel des riskantesten Spielers zu haben, weil man ein Riesenrad mit wenig Eigenkapital dreht. Die Tatsache, dass die deutsche Politik der vergangenen acht Jahre mehr Wert auf Illusion statt Problemlösung gelegt hat – Stichworte: Griechenland (pleite), Portugal (auch pleite), Irland (ja, trotz Wachstums ebenfalls als Land überschuldet) –, hilft aber auch nicht gerade. So wurde eine echte Sanierung der Banken, eine Restrukturierung der Schulden und eine Neuordnung der Eurozone verhindert. Damit blieb die EZB die einzige Instanz, die mit Negativzinsen, die dann wiederum von deutschen Politikern bejammert werden, den Laden zusammenhält. Nebenfolge: eine Schwächung des Bankensystems und damit auch der Deutschen Bank.
Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet eine deutsche Bank den Auftakt zur nächsten Weltwirtschaftskrise gibt. Auszuschließen ist es nicht und unsere Politik der letzten acht Jahre trägt erhebliche Mitschuld.
Aus Sicht der Vermögenssicherung bedeutet dies: Risiko abbauen, am Portfolio (Aktien, Immobilien, Gold und Cash) festhalten und mit Schulden aufpassen. Und auf die Szenarien einstellen, die an dieser Stelle schon intensiv diskutiert wurden. Nicht zuletzt: Was wäre, wenn der Euro platzt?