“Ein Wahnsinn namens Target2”
Gleich mehrere Leser haben mich auf diesen Kommentar des von mir sehr geschätzten Tom Mayer hingewiesen. Auch er sieht die Target2-Salden höchst kritisch. Was nicht wundert, wenn man seine anderen Publikationen zum Thema kennt:
- “Bei welcher Bank können die Kunden Kredite in beliebiger Höhe ohne irgendwelche Sicherheiten und ohne Begrenzung der Laufzeit zum Nullzins bekommen? Man sollte meinen, bei keiner. Doch genau das bietet die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Mitgliedern.” – bto: Mayer ist also ganz eindeutig im Lager von Sinn und sieht die Target2-Forderungen eben als Forderungen.
- “In diesem System ist die Deutsche Bundesbank unfreiwillig der größte Kreditgeber: Ende letzten Monats hatte sie 976Milliarden Euro an die EZB geliehen. Die Bank von Italien ist der größte Schuldner: Ende Mai stand sie bei der EZB mit 465 Milliarden in der Kreide.” – bto: Auch hier wird klar, dass Mayer es eben nicht nur als Rechenposition sieht, sondern als echten Vermögensposten, eben von zweifelhafter Qualität.
- “Die EZB und ihr gewogene Stimmen (bto: Fratzscher!) wiegeln ab. Das seien ja nur Verrechnungssalden, die keine ökonomische Bedeutung hätten. Das stimmt nicht. Die Targetsalden spiegeln Zinsdifferenzen zwischen Euroländern wider, die weit geringer sind, als es der Risikoeinschätzung der Anleger entspricht.” – bto: Will heißen, es gibt Kapitalströme, weil es keine adäquate Verzinsung des eingegangenen Risikos gibt.
- “Da die Höhe der Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen das mit italienischen Papieren verbundene Risiko der Anleger nicht kompensiert, nutzen sie das Anleihekaufprogramm der EZB, um ein italienisches Kreditrisiko gegen ein deutsches zu tauschen. (…) Der Anleger ist das italienische Risiko los, das nun die EZB trägt. Da diese aber nicht genügend Eigenkapital hat, um dieses Risiko gegen einen Zahlungsausfall Italiens abzusichern, bleibt es an der Bundesbank hängen. Über Target2 werden im Euroraum also Risiken in gigantischer Höhe weitgehend zu Lasten der Bundesbank umverteilt.” – bto: Mayer sagt ganz klar, dass es eben nicht stimmt, dass die EZB ja die Forderung sicherstellt, eben, weil sie es gar nicht kann. Allerdings könnte sie immer neues Geld schaffen und damit die Forderung bedienen. Oder?
- “Die EZB hat nicht das nötige Geld und wird es auch von ihren Schuldnern nicht eintreiben können, um ihre Verbindlichkeit an die Bundesbank begleichen zu können. Diese wird daher wohl auf ihren Forderungen aus der Vergangenheit sitzenbleiben.” – bto: Futsch ist futsch, würde ich da sagen.
- “Aber sie kann verhindern, dass der Berg weiter wächst, wenn sie in Zukunft auf einem jährlichen Saldenausgleich besteht. Dazu sollten die Zentralbanken der Eurostaaten mit Zahlungsbilanzdefiziten der EZB monatlich Reserven und Eigenkapital in Höhe des Defizits verpfänden. Um Kapitalflucht anzuhalten und das Pfand nicht zu verlieren, müssten diese Zentralbanken die unter ihrer Aufsicht stehenden Banken veranlassen, die Risikoaufschläge auf ihre Kredit- und Einlagenzinsen zu erhöhen.” – bto: Das halte ich für pure Theorie. Sobald wir das machen, wissen die Märkte, dass der Euro am Ende ist und es gibt eine unkontrollierte Kapitalflucht mit allen Folgen. Das geht schlichtweg nicht. Wer Target2 stoppt, killt den Euro. Was allerdings nicht bedeutet, dass er umgekehrt erhalten wird! Es ist nur eine Frage des Zeitpunktes.
- “Es wäre naiv, zu erwarten, dass die anderen Zentralbanken und ihre Regierungen der Ablösung von Target 2 durch ein erweitertes System mit Saldenausgleich, nennen wir es Target3, freiwillig zustimmen würden. Um dies durchzusetzen, müsste die Bundesbank einseitig erklären, dass sie Target2 schließen und Zahlungen künftig nur noch über Target 3 abwickeln wird. Dazu bräuchte es aber politische Rückendeckung.” – bto: Niemals wird diese kommen, da es – wie geschrieben – den Euro beendet.
- “In ihrer ›Meseberger Erklärung‹ haben die Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident von ‚Auffangmechanismen‘, einer ‚gemeinsamer Einlagensicherung‘ und einem ‚Haushalt für die Eurozone‘ schwadroniert. Vom größten bestehenden gemeinsamen Finanztopf, Target2, war nicht die Rede. Dabei kann man eigentlich nicht über ‚Risikoteilung‘ und ‚Solidarität‘ im Euroraum sprechen, ohne diese Finanz-Krake zu berücksichtigen.” – bto: So ist es. Wir diskutieren über die Stühle auf der Titanic und welchen Song das Orchester als nächsten spielen soll.