Zinswende unausweichlich?
Bekanntlich geht die Mehrheit der Beobachter von dauerhaft tiefen – oder sogar weiter sinkenden – Zinsen aus:
→ Die Gründe für sinkende Realzinsen
→ Säkulare Stagnation als Grund für tiefe Zinsen?
→ Zinsen hoch oder runter – was kommt?
→ Doch Freispruch für die Notenbanken?
→ Niedrigzinsen aus Mangel an sicheren Anlagen in überschuldeter Welt
→ „Tiefe Zinsen bis der Ketchup spritzt“
→ Niedrigzinsen: Die Badewannen-Theorie springt zu kurz
→ Warum sind die Zinsen so tief?
→ Studie: Tiefe Zinsen Folge der säkularen Stagnation oder der Zentralbankpolitik?
Doch es gibt auch andere Meinungen. Ausgangspunkt die – ebenfalls nicht neue – Erkenntnis, dass steigende Zinsen negativ auf die Vermögensmärkte wirken:
- “‘Wenn die Rendite zehnjähriger Treasuries über 2% steigt, wird es gefährlich für den Aktienmarkt’, sagt Börsenexperte Felix Zulauf im Gespräch mit The Market. Vor allem die hoch bewerteten Wachstumsaktien seien gefährdet. ‘Und weil diese in den Portfolios beziehungsweise in den Indizes übervertreten sind, kann das eine grössere Korrektur auslösen.’” – bto: Das hatten wir unter dem Stichwort “Duration”.
- “Auch von Bank of America Securities befragte Fondsmanager glauben, dass es für die Börsen brenzlig wird, wenn die US-Renditen über 2% steigen. Deshalb glauben viele Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank gegen zu hohe Zinsen vorgehen wird – notfalls mit der Einführung einer Zinskurvenkontrolle, mit der die Treasury-Renditen für die verschiedenen Laufzeiten gedeckelt werden. (…) die EZB hat die Zinskurvenkontrolle de facto bereits eingeführt, als sie im Februar versprochen hat, für ‘ansprechende’ Zinsen auch am langen Ende zu sorgen. In den USA wird eine Deckelung der Zinsen von manchen Experten für Herbst erwartet.” – bto: Das ist wichtig, auch mit Blick auf die gewünschte finanzielle Repression.
- “Viele Marktteilnehmer glauben aber, dass die höhere Inflation temporär sein wird und nach dem Abflauen des Aufholeffekts das alte Regime mit moderatem Wachstum, niedriger Inflation und tiefen Zinsen übernehmen wird. Allerdings haben sich (…) im Vergleich zu den Rahmenbedingungen der vergangenen vierzig Jahre zwei entscheidende Faktoren geändert: ‘Zum einen sind dies die monströsen Fiskaldefizite, und zum anderen schrumpft die arbeitsfähige Bevölkerung in allen Industrieländern und sogar in China.’ Bei konstanter nominaler Geldmenge sind dadurch automatisch die Löhne und im Gefolge die Güterpreise gestiegen. Gemäss einer Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat das Wachstum der erwerbstätigen Bevölkerung über die letzten fünfzig Jahre die Inflation um jährlich 3% gedrückt. Nun drohe ein entsprechender Umkehreffekt. Weil die Zeichen politisch derzeit eher auf Abschottung und Versorgungssicherheit stehen, seien eine vermehrte Zuwanderung und Outsourcing als Lösung zur Behebung des Arbeitskräftemangels in den Industrieländern derzeit wenig wahrscheinlich.” – bto: alles richtig. Packen wir dazu noch die Erkenntnis, dass der Klimaschutz die Preise treibt und wir haben das Szenario.
- “Angesichts der anhaltenden finanziellen Repression durch negative Realzinsen werden Investoren aus dem Privatsektor (…) ihre Staatsanleihen auf den Markt werfen, was weitere Interventionen nötig mache, die die Inflation noch höher treiben und die Negativzinsen weiter verschärfen würden. Neben sehr hoher Inflation drohe damit der Kollaps der Währung.” – bto: also doch keine Garantie für tiefe Zinsen, nur bis zu einem bestimmten Punkt?
- “Das zyklisch adjustierte Kurs-Gewinn-Verhältnis für die US-Börse notierte 1981 bei 9,5, während zehnjährige Treasuries etwas über 15% rentierten. Das auch als Shiller-KGV bekannte Bewertungsmass beträgt heute 36,6. Die Kurse sind demnach viel schneller gestiegen als die Unternehmensgewinne. Mit höheren Zinsen dürfte sich dieser Trend umdrehen, die Kurse den Gewinnen also hinterherhinken. Betroffen davon wären vor allem hoch bewertete Wachstumswerte, weil sie am meisten vom Zinsrückgang profitiert haben.” – bto: Das ist der Duration geschuldet. Aber klar: Steigende Zinsen ziehen allen Vermögensmärkten den Stecker.
- “Niedrigere Renditen, höhere Kursschwankungen – das erinnert an die Siebzigerjahre, als die Aktienmärkte seitwärts liefen, unterbrochen durch zwei heftige Baissen.” – bto: schwierige Zeiten für Kapitalanleger
→ themarket.co: “Warum die vierzigjährige Bond-Hausse bald vorbei sein könnte”, 23. April 2021