“Klima-Wirtschaftswunder” erfordern Produktivitätszuwächse
Heute Abend diskutiere ich bei hartaberfair unter anderem mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier über die richtige Klimapolitik. Ein heikles Thema, wie nicht nur die Leser von bto wissen. Sehr schnell wird es emotional und jeder, der versucht, etwas Nüchternheit in die Diskussion zu bringen, wird schnell in die Ecke des Klimaleugners verdammt. Nun, nach der Sendung werde ich meine ausführlichen Gedanken zu dem Thema zum Nachlesen veröffentlichen.
Bevor ich auf das Thema “Wirtschaftswunder” durch Klimaschutzpolitik eingehe, zur Erinnerung eine Auswahl früherer Beiträge zu dem Thema:
→ „Zu billig, in einer Stadt den Klimanotstand auszurufen“
→ Technologie kann uns retten!
→ Kohleausstieg: 80 Milliarden für nichts
Und mein Appell an die “Fridays for Future”-Jugendlichen:
→ „Fridays For Future“: Demonstriert, aber bitte für Eure Zukunft!
Doch nun zum kommenden Wirtschaftswunder:
“CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält ein neues Wirtschaftswunder in Deutschland durch den Klimaschutz für möglich. (…) Voraussetzung sei, dass es der Koalition gelinge, bei der Sitzung des Klimakabinetts in der kommenden Woche ein “Zukunftspaket” aus Klimaschutzmaßnahmen und Wirtschaftsförderung zu schnüren.”
– bto: Wenn man zynisch wäre, könnte man sagen, die Prognosequalität von Herrn Dobrindt ist nicht sonderlich ausgeprägt, steht er doch für das Thema “Ausländer-Maut”. Aber das muss man gar nicht. Ein Wirtschaftswunder setzt eine Kombination aus starkem Bevölkerungswachstum und steigender Produktivität pro Kopf voraus. Das Problem ist, dass es – ungeachtet der Zuwanderung – zu einem Rückgang der Erwerbsbevölkerung kommt. Dies bedeutet immer weniger Wachstum. Dies könnte man kompensieren, wenn man das BIP pro Erwerbstätigen steigert, also die Produktivität erhöht. Problem ist hier, dass wir in Deutschland seit Jahren rückläufige Produktivitätszuwächse haben:
→ Jobmaschine Deutschland – Rückgang der Produktivität.
Die Aussage von Dobrindt setzt also voraus, dass wir in den kommenden Jahren deutlich höhere Produktivitätszuwächse haben als in den vergangenen Jahren. Und dies dank der Ausgaben für den Klimaschutz. Nun weiß man sehr gut, was die Produktivität einer Volkswirtschaft treibt. Entscheidend sind:
- die Kapitalausstattung der Volkswirtschaft (also private und öffentliche Maschinen, Anlagen, Infrastruktur);
- die Qualität der Ausbildung der Menschen;
- der allgemeine technische Fortschritt, also die Innovationen.
Blickt man auf Deutschland, so muss man feststellen, dass es um alle drei Faktoren nicht gut gestellt ist. Zuletzt haben nur noch die Innovationen einen (kleinen) positiven Beitrag geleistet. → Wie Deutschlands Wohlstand schleichend erodiert.
Der Staat könnte das ändern, indem er mehr in die Infrastruktur investiert – Rückstand gibt es genug, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung aber auch bei der normalen Infrastruktur. Der Staat könnte auch die Qualität des Bildungssystems steigern. Wir werden – gerade was die wichtigen Leistungen im Bereich Mathematik betrifft – regelmäßig nach unten durchgereicht. Auch Innovationen könnte der Staat mehr fördern. Wie gesagt “könnte”. Passieren tut nichts.
Daran ändert auch die Politik zum Klimaschutz nichts. Wer daran zweifelt, der lese mal nach, was so alles mit den 40 bis 80 Milliarden für den Kohleausstieg geplant ist: → Sind die 80 Milliarden für den Kohleausstieg doch sinnvoll?
Nichts, aber auch wirklich nichts davon erhöht die Produktivität. Es ist purer Konsum.
Aber es bleibt nicht dabei: “Als erste der drei Parteien der Großen Koalition hatte die CSU am vergangenen Wochenende eine ‘Klimastrategie’ verabschiedet, mit der die Reduzierung der Treibhausgase doch noch zu erreichen sei. Demnach sollen unter anderem energetische Gebäudesanierungen und der Kauf energieeffizienter Haushaltsgeräte gefördert werden.”
Ja, da frage ich mich, wie das die Produktivität erhöhen und damit ein neues Wirtschaftswunder bewirken soll. Aber was soll es. Gebäude sanieren, ist doch sicherlich richtig. Oder doch nicht?
Na ja, es kommt drauf an, welche Gebäude man wie saniert. Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) gemeinsam mit Mieterbund und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Kernaussage: „Zurzeit wird das am stärksten gefördert, was am teuersten ist. Das ist grober Unfug. Es müsste das gefördert werden, was tatsächlich am meisten CO2 vermeidet.“ – bto: Das stimmt. Was noch schlimmer ist. Diese Art der Mittelverschwendung senkt sogar die gesamtwirtschaftliche Produktivität. Aber was soll es.
Hier die weiteren Highlights aus der Studie, von der die WELT berichtet:
- “Nach Einschätzung von Vertretern der Wohnungswirtschaft und des Deutschen Mieterbundes (DMB) müsste der Staat, und damit der Steuerzahler, ab sofort jedes Jahr bis zu 14 Milliarden Euro an direkten Zuschüssen zahlen, wenn die Klimaziele bis 2050 erreicht werden sollen.” – bto: Das summiert sich auf mehrere 100 Milliarden.
- “Schon bis 2030, also innerhalb von zehn Jahren, sollen die CO2-Emissionen im Gebäudesektor um rund 40 Prozent auf 72 Millionen Tonnen pro Jahr sinken. Dazu hat sich die Bundesrepublik gegenüber der Europäischen Union verpflichtet. ‘Wir müssten 40 Prozent der Gebäude auf null Emissionen bringen. Oder aber 80 Prozent der Gebäude auf 50 Prozent der bisherigen Emissionen’, sagte Michael Groschek, Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV). ‘Und ich halte es für eine Zumutung, solche Ziele zu formulieren, ohne zu überlegen, was es kostet, diese Ziele zu erreichen.’“ – bto: Und wie recht er damit hat. Vor allem ist es völlig irrsinnig, eine solche Reduktion zu versuchen, weil sie sehr unwirtschaftlich ist, wie diese Darstellung zeigt:
Quelle: WELT
- Die Analyse zeigt deutlich, dass die einfachen Maßnahmen deutlich günstiger sind und deutlich mehr bringen! “Drei Viertel des Gebäudebestandes sind vor 1979 errichtet worden (…) Bei diesen Häusern ließen sich größere Energieeinsparungen viel günstiger erzielen. Versuche, die aktuellen Baustandards KfW 55 oder 40 auf noch geringeren Energieverbrauch zu trimmen, seien um ein Vielfaches teurer.”
- “DV-Präsident Groschek forderte vom Klimakabinett auch mehr technologische Offenheit. ‘Die ausschließliche Fixierung auf das Dämmen ist sozial und ökologisch falsch’, sagte er. ‘Mehr dämmen hilft mehr – das ist einfach falsch.’ Axel Gedaschko vom GdW sieht das ähnlich und fordert eine effizientere Art der Förderung. ‘Zurzeit wird das am stärksten gefördert, was am teuersten is’, sagte er.‘Das ist grober Unfug. Es müsste das gefördert werden, was tatsächlich am meisten CO2 vermeidet.’“
Wirtschaftswunder? Na, es wäre schon mal ein Anfang, wenn man bei der Verfolgung klimapolitischer Ziele etwas wirtschaftliches Denken einbringen würde!
→ welt.de: “Klimaschutz wird zur Milliardenfalle für Generationen”, 10. September 2019