„The helicopter money drop demands balance“ – und würde nicht genügen
Adair Turner ist bekanntlich einer der prominentesten Vertreter der Helikopter-Theorie. Die Notenbanken sollen die Staaten mit Geld beschenken und die aufgekauften Staatsanleihen annullieren. Insofern wäre er ein guter Berater für Präsident Trump, wie wir am Montag gesehen haben.
Natürlich sieht auch Turner die potenziellen Gefahren eines solchen Vorgehens, weshalb er diese in der FT ausführlich diskutiert:
- „Massive monetary stimulus has failed to generate adequate demand. Money-financed fiscal deficits –more popularly labelled‚ helicopter money‘ – seems one of the few policy options left.“
- „If we lived in a simple world where all money was created by the government or central bank, and if the authorities created more money to increase public expenditure or cut taxes, some of the extra cash in people’s pockets would be spent. If the economy were at full employment, the only consequence would be faster inflation.“ – bto: In genauso einer Welt leben wir aber nicht. 97 Prozent des Geldes wird vom Bankensystem geschaffen und entsprechend indirekt wirkt die Geldpolitik.
- „The scale of effects would depend on how much new money was created. If little, a small rise in prices or output would result; if a great deal, hyperinflation might be inevitable.“ – bto: womit wir beim Problem der Glaubwürdigkeit sind.
- Dann geht Turner auf das Problem unserer Geldordnung ein und schreibt: „In this world the initial stimulus to demand can be multiplied later by commercial bank credit and money creation. But the risk of escalation can be offset by imposing reserve requirements on those banks. And the fundamental point remains: the impact will depend on how much new money is created.“ – bto: eben.
- „The crucial political issue is the danger that once the taboo against monetary finance is broken, governments will print money to support favoured political constituencies, or to overstimulate the economy ahead of elections.“ – bto: Genau hier liegt das Problem.
- Optimisten wie Bernanke (und Turner würde ich ergänzen) denken jedoch, die Notenbanken könnten sich dagegen wehren. Stattdessen gibt es auch die gegenteilige Befürchtung: „Raghuram Rajan, India’s central bank governor, raised a diametrically opposite objection to monetary finance. People receiving newly created cash, he argued, might be so alarmed at ‚seeing the central bank governor throwing money out of the window‘ that they might save the money rather than spend it, thus negating the desired rise in nominal demand.“
- „Given the political dangers of future excessive use, money- financed fiscal stimulus might initially produce increased saving and too little impact on demand, tempting the authorities into further stimulus, which eventually produces too much.“ – bto: Ich würde sagen, wir befinden uns schon an diesem Punkt!
- Turner zeigt sich dann jedoch optimistisch und sagt, dies liegt nur daran, dass die Notenbanken über Jahrzehnte hinweg vor den Folgen der direkten Staatsfinanzierung gewarnt haben. Wenn man jetzt einen moderaten und klar begrenzten Kurswechsel vollzieht, müsste dies keine negativen Folgen haben.
Turner: „(…)can we design a regime that will guard against future excess, and that households, companies and financial markets believe will do so. The answer may turn out to be no: and if so we may be stuck for many more years facing low growth, inflation below target, and rising debt levels.“ – bto: die Eiszeit eben.
Währenddessen werden die Warnungen vor den Folgen der derzeitigen Politik immer deutlicher. So kritisiert Martin Wolf, ebenfalls in der FT, dass die Zentralbanken zur letzten Rettungsinstanz geworden sind. Immerhin seit 1995 gibt es in Japan Zinsen nahe null, in den USA seit 2009 und in der Eurozone seit 2013. Fast 25 Prozent des Welt-BIP werden in Ländern mit Negativzins erwirtschaftet, die Bilanzsummen der wichtigsten Notenbanken sind explodiert. Das ist für Wolf erst mal nicht falsch, lassen sich doch nur so negative Realzinsen erreichen und eine Deflation bekämpfen, die für die Schuldner fatal wäre.
Das Problem: Es genügt offensichtlich nicht, um die Gesamtnachfrage ausreichend zu stärken (was nicht wundern kann, da wir in einer überschuldeten Welt mit erheblichen Überkapazitäten stecken). Erst deshalb kommt es zu radikaleren Ideen wie dem Helikopter-Geld. Deshalb kommt es auch zu Überlegungen, das Verwenden von Bargeld einzuschränken. Es soll die Flucht aus dem System verhindert werden (bto: hier immer wieder so beschrieben, in der FT nun sehr klar genauso gesehen und offen angesprochen).
Für Wolf keine schönen Aussichten: „(…) the more unconventional the policy, the more difficult it is to calibrate its effects. It is necessary to create just enough additional demand, but not too much, along with manageable side effects. This is quite hard to do, not least because monetary policy works via many channels. Moreover, the effects can be unpredictable. Do negative rates, for example, increase confidence by showing that central banks are not out of ammunition, or damage it by proving how bad the illness is?“ Hinzu kommen die Nebenwirkungen wie Vermögenspreisblasen, Fehlinvestitionen und Spannungen zwischen Ländern, wirkt die Geldpolitik doch zunehmend über den Wechselkurs.
Für Wolf liegt die Lösung darin, den Ersparnisüberschuss zu bereinigen. Da es vor allem der Unternehmenssektor ist, der spart (vor allem in Japan aber zunehmend auch in Deutschland), müsse man eben diesen höher besteuern und dafür die Konsumenten entlasten. Daneben bedarf es Strukturreformen, um das Produktivitätswachstum wieder zu erhöhen und die Folgen des demografischen Wandels aufzufangen.
bto: Die Helikopter werden aufsteigen, weil es der Politik nicht gelingen wird, die erforderlichen Schritte rasch genug umzusetzen. Nur ist allen klar, dass es nicht gefahrlos ist.
→ FT (Anmeldung erforderlich): „The helicopter money drop demands balance“, 22. Mai 2016
→ FT (Anmeldung erforderlich): The risks of central banks’ radical treatments, 25. Mai 2016