Die Mär von der Altersarmut heute

In der letzten Woche habe ich in einem kleinen Kommentar bei Cicero ein Umsteuern in der Schuldenpolitik gefordert. Weniger Sparsamkeit heute und dafür eine Reduktion der verdeckten Verbindlichkeiten der Zukunft, vor allem durch eine Reduktion der “Rentengeschenke”.

Ein Leser schreibt mir daraufhin:

“Sie schreiben über Sozial- und Rentenausgaben (…) die aktuelle Regierung [habe] alles getan, um die Schuldenlast nach oben zu treiben durch überflüssige und verfehlte Rentengeschenke. Leider haben Sie nicht konkretisiert, welche der “Rentengeschenke” Sie meinen und damit alle Renten-Veränderungen in einen Topf geworfen, z. B. Mütterrente und Rentenanpassung im Osten (nach mehr als zwei Jahrzehnten) oder die Erwerbsminderungsrente? … nicht nur die Renten der alternden Gesellschaft sollten gesichert werden, auch die Rentenhöhe, um nicht zum Sozialamt zu müssen, denn die Rahmenbedingungen wie Mieten, Betriebskosten und andere Lebenshaltungskosten ändern sich ja auch. Ich sehe bei meinen Altvorderen, was von jeder Anpassung übrig bleibt nach allen Gegenrechnungen der Rentenkasse. Da wird dann gleich die Witwenrente eingekürzt und dann ist von der Mütterente lächerlich wenig, fast nichts, übrig.” bto: Diese Anmerkungen sind natürlich nachvollziehbar. Dennoch müssen wir feststellen, dass es den kommenden Generationen doppelt schlechter ergehen wird. Sie zahlen heute höhere Abgaben und bekommen weniger staatliche Leistungen (Bildung, Infrastruktur) und später dann deutlich tiefere Renten. Das IW-Köln rechnet vor:

  • Die Zahl der Rentner, die Grundsicherung beziehen, ist in den letzten Jahren zwar um 200.000 gestiegen. Trotzdem ist ihr Anteil mit 3,1 Prozent unter allen Rentnern sehr gering. Zum Vergleich: Bei den unter 65-Jährigen leben fast zehn Prozent von der staatlichen Grundsicherung.” bto: klare Daten. Dennoch wird für die Reichen Politik gemacht. Die reichen Rentner. Eben, weil sie die Mehrheit der Wähler stellen.
  • Die Situation älterer Generationen hat sich in den vergangenen Jahren sogar verbessert. Deutlich weniger Menschen im Ruhestand zählen zu den einkommensschwächsten Haushalten in Deutschland. 1994 gehörten 28 Prozent der über 65-Jährigen zum ärmsten Einkommensfünftel der Bevölkerung. 2014 lag der Wert nur noch bei 19 Prozent. Heute beziehen zudem deutlich mehr Rentner ein Einkommen, das über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt.”  bto: Also stimmt die Kritik des Lesers im Einzelfall, aber nicht in Bezug auf die Grundgesamtheit.
  • Das Einkommen in der Altersgruppe ab 55 Jahren hat zwischen 1990 und 2014 um durchschnittlich rund 25 Prozent zugenommen. Keine andere Altersklasse verzeichnet einen so starken Zuwachs. Bei Jüngeren betrug der Zuwachs weniger als zehn Prozent, bei den 25 bis 34-Jährigen sogar weniger als fünf Prozent.” bto: tja, Umverteilung in die falsche Richtung?

Quelle: FOCUS

  • Das eigentliche Problem der Altersvorsorge liegt daher nicht in der Gegenwart, sondern in der Zukunft, warnt IW-Expertin Kochskämper. Probleme zeichnen sich bei den jüngeren Altersgruppen ab. So ist die Armutsgefährdungsquote der unter 35-Jährigen in Ostdeutschland in den vergangenen zehn Jahren bereits deutlich gestiegen. Mangels Einkommen werden sie später auch kaum Rentenansprüche aufgebaut haben. Auch Alleinerziehende sind stärker armutsgefährdet als früher.”  bto: Deshalb muss man sie heute entlasten, damit sie für die Zukunft vorsorgen können, was das staatliche Umverteilungssystem nicht leisten kann.

bto: ein Beispiel für die Problematik. Es gibt viele bedauernswerte Schicksale, aus denen dann immer wieder Maßnahmen abgeleitet werden, die ganz anderen Menschen zugutekommen.

FOCUS: „Rentendebatte wird falsch geführt: Welchen Generationen wirklich Altersarmut droht“, 15. Mai 2016