Die Demografie dämpft das Wachstum schon bald
In meinem Podcast am 19. Dezember 2021 spreche ich mit Prof. Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft über die Aussichten der deutschen Wirtschaft im kommenden Jahr, aber auch mittel- und langfristig.
Zur Einstimmung der Hinweis, dass die demografische Entwicklung bereits in wenigen Jahren das Wachstum belasten wird – und damit das Fundament für all die Wohltaten und Weltrettungspläne unserer Politiker:
- „Das Potenzialwachstum wird zunehmend durch den demografischen Wandel gedrückt. Wir bestimmen das Produktionspotenzial, also das bei Normalauslastung aller Produktionsfaktoren erzielbare Bruttoinlandsprodukt, auf Basis einer Produktionsfunktion, in die das potenzielle Arbeitsvolumen, der Kapitalstock und der Trend der totalen Faktorproduktivität (TFP) eingehen.“ – bto: Es ist simpel: Wie viele Menschen arbeiten und wie viel erwirtschaften sie pro Kopf? Beides kann man recht gut abschätzen.
- „Im Projektionszeitraum wird das Wachstum des Produktionspotenzials unserer Schätzung zufolge stetig zurückgehen und am Ende der Mittelfrist im Jahr 2026 nur noch knapp 0,9 Prozent betragen. Damit läge das Potenzialwachstum gut einen halben Prozentpunkt unter seinem langjährigen Durchschnitt.“ – bto: mit dem Problem, dass es kein temporärer Rückgang ist, sondern ein nachhaltiger, der sich zudem immer weiter verschlechtert.
- Und jetzt wird es richtig interessant: „Das Potenzialwachstum pro Kopf schwächt sich ebenfalls ab. Gemäß unserer Annahme bezüglich der Zuwanderung in den kommenden Jahren und der generellen demografischen Entwicklung dürfte die Gesamtbevölkerung in der mittleren Frist annähernd stagnieren. Das Pro- Kopf-Wachstum entspricht demnach ungefähr dem Potenzialwachstum und verringert sich gleichfalls auf merklich unter 1 Prozent.“ – bto: Auch ich habe einen Moment gebraucht, um zu verstehen, was gemeint ist. Die Aussage ist, dass die Bevölkerung nicht schrumpft, sondern stagniert und die Zuwanderung aber nichts am Anteil der Erwerbsbevölkerung ändert und deshalb der Mix unverändert bleibt und wir damit keine Kompensation für den Rückgang bekommen.
- „Das potenzielle Arbeitsvolumen wird im Projektionszeitraum von sämtlichen Komponenten gedrückt. In den vergangenen Jahren wurde das potenzielle Arbeitsvolumen von einer steigenden Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, einem steigenden Trend der Partizipationsquote sowie von einer sinkenden potenziellen Erwerbslosenquote (NAWRU) gestützt. In den kommenden Jahren wird jedoch die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter auf ihren aufgrund der Alterung angelegten Abwärtstrend einschwenken.“ – bto: Die guten Jahre liegen so gesehen auch demografisch hinter uns. Was zu einem steigenden Arbeitskräfteangebot geführt hat, dreht sich nun um.
- „So dürfte die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter am Ende des Projektionszeitraums trotz eines weiterhin positiven Wanderungssaldos um rund 130 000 Personen pro Jahr sinken. Die Partizipationsquote wird sich im Zuge der alternden Erwerbsbevölkerung nur noch geringfügig erhöhen und schließlich zurückgehen. Ebenso wird der langjährige Rückgang der NAWRU im Projektionszeitraum zu einem Ende kommen. Insgesamt dürfte daher das potenzielle Arbeitsvolumen ab dem Jahr 2024 zu sinken beginnen und einen zunehmend negativen Beitrag zum Wachstum des Produktionspotenzials leisten.“ – bto: 2024 ist ökonomisch übermorgen und setzt bereits heute entsprechendes Handeln voraus.
- „Die alternde Bevölkerung lässt die gesamtwirtschaftliche Partizipationsquote allmählich sinken. Durch die gestiegene Erwerbsbeteiligung von Älteren und Frauen nahm die Partizipationsquote in den zurückliegenden Jahren recht kräftig zu. Dieser Aufwärtstrend wird unserer Schätzung zufolge in den kommenden Jahren enden. Zwar rechnen wir damit, dass die Erwerbsbeteiligung unter den Älteren weiter steigt. Die Alterung der Erwerbsbevölkerung führt allerdings zu einem höheren Anteil von Alterskohorten mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Erwerbsbeteiligung. Daher dürfte die gesamtwirtschaftliche Partizipationsquote gegen Ende der kurzen Frist mit rund 75 Prozent ihren Zenit erreichen und danach sinken.“ – bto: befördert von einer Politik, die alles daransetzt, die Erwerbsbeteiligung zu senken. Rente mit 63, üppigere Transfers …
- „Die Erwerbstätigkeit wird trotz recht dynamischer Konjunktur mittelfristig abnehmen. Aufgrund der moderaten gesamtwirtschaftlichen Überauslastung im Anschluss an die Erholung von der Corona-Krise wird die Arbeitsnachfrage vonseiten der Unternehmen erhöht sein. Ein alterungsbedingt sinkendes Arbeitsangebot wirkt einem weiteren Beschäftigungsaufbau allerdings mehr und mehr entgegen. Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass die Erwerbstätigkeit nach dem zwischenzeitlichen Anstieg im Zuge der Erholung von der Corona- Krise ab dem Jahr 2024 zu schrumpfen beginnen wird. Gleiches gilt für das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen.“ – bto: Die Unternehmen werden darauf entsprechend reagieren.
- „Die Effektivverdienste werden wohl merklich zulegen. (…) Wir gehen davon aus, dass (die) Zuwächse der Lohnkosten (…) die Summe der Zuwächse der heimischen Preise (gemessen am Deflator des Bruttoinlandsprodukts) und der Arbeitsproduktivität (übersteigen). Letztere dürfte angesichts des abnehmenden Arbeitsangebots dynamischer als im zurückliegenden Aufschwung zulegen. Wir erwarten vor diesem Hintergrund jährliche Effektivlohnsteigerungen zwischen 3 und 4 Prozent in der mittleren Frist.“ – bto: Höhere Produktivitätszuwächse wären sehr erfreulich. Wir bräuchten aber deutlich mehr!
→ ifw-kiel.de: “Mittelfristprojektion für Deutschland im Herbst 2021”, 23. September 2021