Alles spricht für Deflation (2): China: Fear of a deflationary spiral

China ist überaus bedeutend, wenn es um das Szenario einer deflationären Entwicklung geht. Japan drückt den Yen, exportiert damit aber bisher noch keine Deflation, weil die Unternehmen die Preise nicht senken. Dennoch hat die Aufwertung des US-Dollars indirekt auch zu einer Erstarkung des Renminbi geführt und damit die Wettbewerbsposition Chinas geschwächt. Dies vor dem Hintergrund einer hohen Verschuldung Chinas, welches in den letzten Jahren dem Vorbild der westlichen Welt gefolgt ist. Nun droht der Anpassungsschock, der über eine Abwertung der Währung zu mehr Druck in der Weltwirtschaft führen könnte ‒ so auch die FT:

  • Nach einem Jahrzehnt großer Investitionen in Kapazitäten, leidet die chinesische Wirtschaft an Überkapazitäten und zunehmendem Preisdruck der Kunden. Folge: Die Abgabepreise der chinesischen Wirtschaft fallen. Betroffen sind vor allem die Grundstoffindustrien wie Stahl, Zement und Glas.
  • Auf Produzenten-Ebene sinken die Preise nun bereits seit drei Jahren, die Konsumenten-Inflation ist auf nur noch 1,6 Prozent gefallen. Damit ist nicht nur die Eurozone vor einer Deflation sondern auch China.
  • Als führende Exportnation haben fallende Preise eine Wirkung in der ganzen Welt. Die FT zitiert George Magnus mit den Worten: “Wir brauchen eine chinesische Deflation so sehr wie ein Loch im Kopf.”
  • Angesichts der nach wie vor hohen Wachstumsraten dürfte eine Stagnation mit fallenden Preisen wie in den letzten zwei Jahrzehnten in Japan jedoch unwahrscheinlich sein ‒ so die Optimisten.
  • Schon vor über zehn Jahren wurde vor dem Export von Deflation durch China gewarnt. (bto: weil China günstigere Lohnkosten hat und zunehmend Volumenvorteile generiert. Deflation ist eigentlich völlig normal, wird nur durch ständige Ausweitung von Geldmengen und Kredit übertüncht. Siehe dazu auch die Serie zur Eigentumsökonomik auf diesen Seiten.) Damals war China aber noch zu klein, um im Weltmaßstab einen großen Einfluss zu haben. Heute ist das anders.
  • Heute wirkt China zweifach deflationär: Weniger Nachfrage nach Rohstoffen wie Öl senkt weltweit die Preise. Überkapazitäten und Überinvestition führen zu Preisdruck bei den Produkten aus China.
  • Viele Unternehmen haben sich im Boom mit Fehlinvestitionen übernommen und benötigen Liquidität. (bto: Was sich auch daran zeigt, dass unter Gestehungskosten verkauft wird. Hauptsache Cashflow!) Insgesamt wird das Volumen an Fehlinvestitionen seit 2009, als das Konjunkturprogramm aufgelegt wurde, auf eindrückliche 6,8 Billionen US-Dollar geschätzt!
  • Zunehmend müssen Schuldner auf das Schattenbankensystem ausweichen, was zu hohen Finanzierungskosten führt. Dies erhöht den Druck auf die Unternehmen zusätzlich und verstärkt den Anreiz nur auf Liquidität, nicht auf Profitabilität zu schauen. (bto: Das bestätigte mir ein ranghoher Industrievertreter letzte Woche. In China halten sich auch die ausländischen Unternehmen zunehmend zurück.).
  • Damit entspricht die Entwicklung in China den Problemen der hoch verschuldeten Länder im Westen. Fallende Preise senken das nominale BIP ‒ weil es reales Wachstum nicht gibt ‒ und damit steigen die Schuldenquoten. (bto: was einem “perfekten” Irving Fisher-Szenario entspricht). Schon jetzt wird die Schuldenlast auf 250 Prozent vom BIP geschätzt.
  • China wird wie auch die Länder des Westens versuchen, mit billigem Geld die Probleme zu lösen ‒ und wohl auch wie diese bald feststellen, dass sich diese Lösung als nicht wirksam herausstellt. Wenn überhaupt kann das billige Geld die Verkrustungen in Chinas Wirtschaft noch vergrößern, vor allem weil die staatlichen Unternehmen davon profitieren, zugleich aber deutlich unproduktiver sind, als der private Sektor.
  • Die Sorge ist, dass China “die atomare Variante” der Währungsabwertung wählt, um so Inflation im Inland zu erzeugen (bto: was dem Vorgehen in Japan entspricht). Noch für unwahrscheinlich gehalten, würde es Japan und die Eurozone (bto: und die USA!) stark treffen und deflationären Tendenzen verstärken.

Das Letzte was China angesichts der eigenen Schulden gebrauchen kann, ist eine starke Währung. Die Politik Japans erhöht den Druck. Sollte China abwerten, dreht sich das Karussell des Währungskrieges immer schneller.

FT (Anmeldung erforderlich): China: Fear of a deflationary spiral, 30. November 2014