Pulverfass Unternehmensverschuldung
Gestern Morgen hat Albert Edwards als einen der Gründe für eine Rezession und für Turbulenzen an den Märkten die hohe Verschuldung der US-Unternehmen angeführt. Auch bei bto war die Verschuldung der US-Firmen prominentes Thema:
→ Zur Bilanzschwäche der US Unternehmen
Nun äußert sich Edward Altman im Interview mit der FINANZ und WIRTSCHAFT. Er ist emeritierter Finance-Professor der Stern School of Business an der Universität New York und Fachmann für Unternehmensbankrotte. Der vom ihm entwickelte Z Score und Ableitungen davon finden breite Verwendung.
Die Highlights:
- Zunächst zu den Parallelen zu 2007: “Eine Parallele ist die hohe Liquidität: Es ist viel Kapital für Investments in den Aktienmarkt vorhanden sowie in alles, was eine Überrendite zu Staatsanleihen bietet. Auch scheinen Anleger (…) die Risiken vergessen zu haben. 2007 war ich ausserdem besorgt, dass Gesellschaften, deren operativer Gewinn die Zinskosten nicht deckt, weiterhin günstiges Kapital erhalten. Das ist auch jetzt wieder der Fall.” – bto: Das ist die Zombifizierung!
- “Der Schuldenberg ist wesentlich grösser als 2007 – und das auf allen Ebenen. Besonders deutlich wird dies bei Unternehmen ausserhalb des Finanzsektors und bei den Staatshaushalten. Nicht ganz so krass – aber dennoch Anlass zur Sorge – ist die Lage bei Privathaushalten und Finanzunternehmen. Das Verhältnis zwischen Gesamtverschuldung und globaler Wirtschaftsleistung notiert klar höher als 2007. Wir befinden uns in unbekannten Gewässern. Zwar ist es einfach festzustellen, dass die globale Verschuldung stark zugenommen hat. Deutlich schwieriger ist jedoch abzuschätzen, wie gefährlich dieser Zustand tatsächlich ist (…).” – bto: vor allem, weil wir ja alle denken, dass uns die Notenbanken wieder raushauen!
- “Bedeutet die hohe Verschuldung, dass wir uns alle in Sicherheit bringen müssen? Ein Teil der Unsicherheit ist darauf zurückzuführen, dass es bislang noch nicht zu einem Zinsanstieg gekommen ist, der die Schuldenbedienung erschwert hätte. Eines ist allerdings klar: Wir sitzen auf einem Pulverfass. Kommen geopolitische Probleme dazu, ist das ein Rezept für eine globale Finanzkrise.” – bto: Na, dann ist Edwards ja nicht alleine mit seiner Skepsis.
- “Auf den ersten Blick wirken die Unternehmen solider als 2007, etwa wenn man den hohen Bargeldbestand betrachtet. Doch die durchschnittlichen Z Scores bewegen sich ungefähr in den gleichen Sphären wie damals – wenn nicht sogar ein bisschen tiefer. Das ist ein beunruhigendes Zeichen. Zudem notieren die Aktienmärkte auf sehr stattlichem Niveau. Ohne den Einfluss dieses erhöhten Marktwerts lägen die Z Scores noch niedriger. Der Grund sind die gewaltigen Schulden, die in den Unternehmensbilanzen aufgebaut wurden. Interessanterweise scheint dies die Kapitalmärkte aber immer noch nicht zu beunruhigen.” – bto: Nur wenn sie beginnen, sich Sorgen zu machen, wird es brutal.
- “Alles hängt von den Wachstumsraten ab – also der Entwicklung von Umsatz, Gewinn und Cashflow bei den Unternehmen sowie des BIP auf Länderebene: Kommt es bei steigenden Zinsen zu einer Verlangsamung oder gar einem Wachstumsstopp, wird das Pulverfass explodieren. Wegen der deutlich höheren Verschuldung fiele der Abschwung an den Kreditmärkten wohl schärfer aus als 2007. Immerhin gäbe es zumindest keine negative Folgewirkung vom Immobilienmarkt.” – bto: wie sich höhere Zinsen nicht auf dem Immobilienmarkt niederschlagen, verschließt sich mir.
- “Was sind Warnsignale? Ich würde raten, auf den High-Yield-Sektor zu fokussieren und darauf, wo es zu Ausfällen kommt. Üblicherweise entsteht ein Dominoeffekt: Wenn die Ausfälle deutlich steigen, belastet dies auch die Aktienmärkte – und vice versa. Zudem sollte man Fundamentaldaten wie Cashflow und das BIP-Wachstum im Auge behalten.” – bto: Genauso ist es!
- “Wie die USA befindet sich auch Europa in einem gutmütigen Kreditzyklus. Die letzte signifikante Häufung an Konkursen sahen wir 2009. Seitdem notieren die Ausfallraten stetig unter dem langjährigen Durchschnitt. Ein wichtiger Faktor ist die quantitative Lockerung durch die Europäische Zentralbank. Zwar kauft die EZB nur Anleihen auf, die Anlagequalität besitzen. Die Aktivität färbt allerdings auch positiv auf den High-Yield-Sektor ab.” – bto: was auch nur temporär wirkt …
- “Als Bondinvestor gibt es nur zwei Welten: Himmel und Hölle.” – bto: Klingt so, als wäre die Zeit im Himmel bald vorbei.