Standort D wird weiter geschwächt

Wachstum = Anzahl Erwerbstätige und Produktivität pro Kopf.

Ersteres schrumpft demnächst drastisch, Letzteres ist schon länger ein Problem, sinkt durch den veränderten Bevölkerungsmix und zusätzlich durch das eklatante Versagen unserer Bildungspolitik. Dazu ein Kommentar in der WiWo:

  • Warum studieren immer mehr? „Die Antwort: Weil eine große Allianz der mit Bildungspolitik Befassten – BMBF natürlich eingeschlossen – jahrzehntelang jungen Menschen und deren Eltern die Botschaft verkündet hat, dass erst mit dem Abitur ein lebenswertes Leben, nämlich eines als Akademiker, möglich ist.“ – bto: Dabei machen es andere Länder wie die Schweiz vor, dass es auch anders geht.
  • „[Eine] verheerende Allianz, in der die Bildungsökonomen der OECD und der Bertelsmann-Stiftung einer völlig orientierungslosen Politik den Ton vorgaben (…).“ – bto: Die Bertelsmann-Stiftung spielt ohnehin eine zweifelhafte Rolle, so mit der Zuwanderungsstudie, die dringend eine andere Art der Zuwanderung fordert, dies aber bei Kritik an der aktuellen Migrationswelle ungeachtet der eigenen Studienergebnisse immer leugnet.
  • „Das unverzichtbare Mittel zur Steigerung der Abiturienten war die Absenkung der Hürden für Bildungszertifikate. Wie auch sonst wäre zu erklären, dass es nicht nur immer mehr Abiturienten gibt, sondern sie auch immer besser benotete Zeugnisse erhalten? Allein in Berlin hat sich die Zahl der Abiturzeugnisse mit einem Notendurchschnitt von 1,0 innerhalb von zehn Jahren vervierzehnfacht.“ – bto: Wie erbärmlich das Niveau hier ist, kann man tagtäglich beobachten.
  • „Außer vielleicht den verantwortlichen Schulpolitikern wird wohl kein Mensch, der ein halbwegs realitätsnahes Bild vom Menschen an sich und von Schülern im Besonderen hat, annehmen, dass diese Zunahme durch gestiegene Klugheit der Kinder oder geniale neue Unterrichtsmethoden zu erklären wäre.“ – bto: hahaha!
  • So (…) sorgen die Schulministerien der Bundesländer durch allerlei niveausenkende Maßnahmen dafür, dass die Noten besser und die Zahl der „Studierberechtigten“ damit größer werden. (…) Scheinbar unbedeutende Verwaltungsmaßnahmen gegenüber den Schulen genügen (…). Besonders wirkungsvoll ist zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen die Vorgabe an Lehrer, jedem Schüler, der eine „Fünf“ bekommt, einen individuellen Förderplan zukommen zu lassen. Das klingt wunderbar fürsorglich, hat aber vor allem dies zur Folge: Da auch Lehrer nur Menschen sind, geben sie vermutlich dann doch lieber eine Gnaden-Vier – damit der Fall für sie erledigt und der Feierabend gerettet ist.“ – bto: Das wäre lustig, wenn es nicht so schlimme Folgen hätte!
  • „Längst rufen auch immer mehr Professoren nach der Kehrtwende. (…) Hochschulen zunehmend mit jungen Menschen konfrontiert würden, die nicht studierfähig seien. Da es aber auch an den Hochschulen eine Noteninflation gebe, könnten die Arbeitgeber sich nicht mehr auf die Aussagekraft von Zeugnissen verlassen.“ – bto: was übrigens höchst asozial ist, weil diejenigen, die es sich leisten können, ihre Kinder aus dem staatlichen Schulsystem nehmen und damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie an einer der globalen Top-Unis studieren, wo sich die Arbeitgeber um die Talente prügeln. Jahrelang konnte ich das bei meinem früheren Arbeitgeber beobachten.
  • „Nun fällt aber immer mehr Arbeitgebern ein, dass sie eben längst nicht nur auf studierte Theoretiker, sondern auf praxisnah ausgebildeten Nachwuchs angewiesen sind. (…) Dass das „duale System“ der nichtakademischen Ausbildung in Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben der Garant dafür ist, dass die deutsche Wirtschaft über vergleichsweise besonders gut ausgebildete Arbeitskräfte verfügt. Deutsche Arbeitnehmer sind daher flexibler und leichter vermittelbar als Kollegen in anderen Ländern, deren Ausbildungswege entweder zu verschult oder zu stark auf den Ausbildungsbetrieb fixiert sind.“ – bto: jetzt also Mangel von zweierlei Art: Quantität und Qualität!
  • „Dass die weitgehende Akademisierung der Jugend keine positiven Beschäftigungseffekte hat, legt schon der Blick auf zahlreiche Länder mit noch höherer Akademikerquote als Deutschland nahe, zum Beispiel Italien und Spanien, die zugleich unter immenser Jugendarbeitslosigkeit leiden.“ – bto: Seit wann gibt es bei uns so etwas wie politisches Benchmarking? Könnte doch der eigenen Ideologie widersprechen.

Fazit WiWo: „Die Bildungspolitik, das wird immer deutlicher, steht vor den Trümmern eines einst funktionierenden Systems, das sie selbst kaputtreformiert hat. Das deutsche Bildungssystem ist Musterbeispiel dafür, dass politische Reformen bisweilen nicht Lösungen, sondern Probleme verursachen. Dass diejenigen, die das Zerstörungswerk zu verantworten haben, auch am besten dafür geeignet sind, es wieder zu errichten, ist zu bezweifeln.“bto: Na klar, muss man doch nun eine immer größere Gruppe bildungsferner Schichten ausbilden. Hält man an den Quoten fest, genügen bereits Grundkenntnisse in einer Sprache – egal welcher – zum Abitur.

→ WiWo.de: “Akademisierungswahn gefährdet berufliche Bildung”, 13. April 2017