Die Klimarevolution ist eine große Chance für Deutschlands Wirtschaft
Unser Wohlstand hängt an Industrien, die es schon im Kaiserreich gegeben hat: Automobil, Maschinen- und Anlagenbau, Chemie. In diesen Sektoren sind wir wettbewerbsstark. Dass das auch in Zukunft so sein wird, bleibt zu hoffen, ist aber nicht sicher.
Schließlich führten wir auch einmal bei Unterhaltungselektronik, Fotografie oder Pharmazie. Gut möglich, dass mit der Automobilindustrie der nächste große Sektor vor dem Niedergang steht.
Digitalisierung, Biotechnologie und Dekarbonisierung – um nur einige Trends zu nennen – zerstören die bestehende Ordnung und bilden die Grundlage für die Industrien der Zukunft. Hier liegt die Chance für künftigen Wohlstand, wir müssen sie nur ergreifen.
Dabei ist der entscheidende Hebel die Innovation. Vorhandene Technologien sind nach Einschätzung von Experten geeignet, etwa 25 Prozent der aktuellen Emissionen zu eliminieren. Weitere 40 Prozent können mit Technologien in der frühen Einführungsphase reduziert werden, während für etwa 35 Prozent der derzeitigen jährlichen Emissionen neue Technologien gefunden werden müssen, wenn wir Netto-Null erreichen wollen.
Jährlich 200 Milliarden Dollar zusätzlich
Weltweit wird deutlich zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert, um die Lücke zu schließen. 100 bis 200 Milliarden US-Dollar müssten wir jährlich zusätzlich aufwenden, schätzt Boston Consulting. Nach Schätzungen von Boston Consulting bräuchte es jährlich etwa 100 bis 200 Milliarden US-Dollar zusätzlich. Ein lohnendes Geschäft, verspricht doch jeder investierte Dollar ein Mehrfaches an Ertrag.
Angesichts der Unsicherheiten kommt dem Staat eine wichtige Rolle zu, diese Grundlagenforschung anzustoßen. Das muss aber ergebnisoffen erfolgen und darf sich nicht auf die Subvention vorhandener Technologien beschränken. Mahnendes Beispiel sollte die Solarindustrie sein, der wir mit über 80 Milliarden Euro Subventionen zum Durchbruch verholfen haben und die nun von China dominiert wird.
Mehr Förderung durch den Staat
Da Klimaschutz im deutschen Diskurs eine so bedeutende Rolle einnimmt, sollten wir das Momentum nutzen, um die Prioritäten anders zu setzen. Statt mit teuren und ineffektiven Maßnahmen unseren zweiprozentigen Anteil an den weltweiten Emissionen zu senken, sollten wir mit der Ambition antreten, den weltweiten Ausstoß an Kohlendioxid um 20 Prozent oder mehr zu senken.
Im ersten Schritt sollte der Staat die Forschungsförderung deutlich erhöhen. Im zweiten Schritt sollte er Programme unterstützen, die neben ihrem Effekt auf die weltweiten Emissionen die Chance bieten, neue Industrien aufzubauen. Dafür sollten wir unsere vorhandenen Stärken nutzen.
Ein solch emissionsbasierter Ansatz würde eine andere Ressourcenverwendung bedeuten: weniger Symbolpolitik, weniger Förderung der bereits vorhandenen Technologien – Wind und Solar – und mehr Mittel für grundlegend Neues. Aus dem bisher hohlen Versprechen der neuen Regierung „klimagerechten Wohlstand“ zu schaffen, könnte so doch noch etwas werden.