Crash in New York

Long Covid gibt es nicht nur gesundheitlich, sondern auch in den Immobilienmärkten. So ist der Wert der Büroimmobilien in New York gegenüber der Vor-Corona-Zeit um über 50 Prozent gefallen – ohne Aussicht auf Besserung –, wie eine aktuelle Studie der Columbia University zeigt. Passender Titel: die Arbeit von zu Hause und die Immobilien-Apokalypse.

Doch nicht nur New York ist betroffen, die Ergebnisse lassen sich auf die gesamten USA übertragen. Insgesamt hat die Pandemie laut der Studie 665 Milliarden Dollar an Immobilienwerten in den USA vernichtet. Ein Rückgang um über 46 Prozent. Immobilien in 1a-Lagen verloren etwas weniger, Immobilien in schlechteren Lagen noch deutlich mehr.

Bis jetzt zeigt sich dieser Wertrückgang noch nicht breit in den Transaktionen, weil wenig Immobilien auf den Markt kommen. Die Transaktionen, die jedoch stattfinden, untermauern die Schätzungen der Wissenschaftler. Spätestens aber, wenn die Refinanzierung der Kredite ansteht, werden die Papierverluste real und schmerzvoll.

Die Folgen sind für Immobilieneigentümer und Banken gleichermaßen fatal. Die Dimensionen der Verluste sind gigantisch, wie eine aktuelle Studie führender Finanzprofessoren aus den USA zeigt. Demnach haben US-Banken etwa 2,7 Billionen US-Dollar an gewerblichen Immobilienkrediten vergeben, was etwa einem Viertel der Vermögenswerte einer durchschnittlichen Bank entspricht.

Die Autoren schätzen, dass aufgrund des Zinsanstiegs und des Preisverfalls etwa 14 Prozent aller Kredite und 44 Prozent der Kredite für Büroimmobilien ein „negatives Eigenkapital“ aufweisen – der Wert der Immobilie liegt also unter dem des ausstehenden Kredits.

Problem aus Sicht der Notenbanken

Normalerweise könnten die Banken diese Verluste verkraften, wäre da nicht das kleine Problem, dass sie laut der Studie bereits auf Verlusten von zwei Billionen Dollar sitzen. Ursache dieser Verluste war die Zinswende, die zu einer deutlichen Wertminderung der von den Banken gehaltenen US-Staatsanleihen führte.

Weil die Anleger zugleich ihr Geld abzogen, um von den gestiegenen Zinsen zu profitieren, offenbarte sich ein Loch, welches nicht mehr zu schließen war. Bekannte Namen wie die Silicon Valley Bank oder First Republic wurden mithilfe der US-Notenbank Fed gerettet.

Bereits im April 2023 überstiegen die Verluste bei immerhin 1619 US-Banken das Eigenkapital, wie eine Studie der Stanford University zeigte. Bis zu 300 weitere Banken müssen wegen des Immobiliencrashs zusätzlich auf die Liste jener Banken genommen werden, die eigentlich insolvent sind und deshalb Gefahr laufen, in Schwierigkeiten zu geraten, sobald die Einleger Geld abziehen.

Das Problem aus Sicht der US-Notenbank dürfte sein, dass es einfach ist, Staatsanleihen über dem Marktpreis aufzukaufen und bis zum Ende der Laufzeit zu warten. Etwas Ähnliches ist mit Immobilien nicht zu machen. Natürlich kann man darauf hoffen, dass die Preise sich nominal auf frühere Werte erholen, doch das dürfte Jahrzehnte dauern, wenn es überhaupt dazu kommt.

Die US-Bank Goldman Sachs schätzt, dass über 500 Milliarden Dollar an Darlehen im Gewerbebereich allein in diesem Jahr refinanziert werden müssen. Der durchschnittliche Zins auf früheren Krediten für Büroimmobilien liegt bei 3,97 %, eine Neufinanzierung kostet mit 7,42 % fast das Doppelte. Schwer vorstellbar, dass dies nicht zu erheblichen Verlusten und Bankenpleiten führt.

So gesehen erscheinen die Signale der US-Notenbank bezüglich möglicher Zinssenkungen in einem anderen Licht. Niedrigere Zinsen lösen zwar das strukturelle Problem nicht, dürften aber der einen oder anderen Bank dabei helfen, weiterhin so zu tun, als wäre alles in Ordnung.

→ handelsblatt.com: „So trifft die Pandemie weiterhin den US-Immobilienmarkt“, 21. Januar 2024