“Ultra Easy Monetary Policy and the Law of Unintended Consequences”

Gehört zu den Grundlagen des Krisenverständnisses. Deshalb heute erneut der Hinweis bei bto:

William White hat als Chefvolkswirt der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), der „Notenbank der Notenbanken“ mit Sitz in Basel, bereits frühzeitig vor der Krise gewarnt. Er bleibt auch nach seinem Ausscheiden bei der BIZ ein kritischer Beobachter der Geldpolitik. Wie weitsichtig er ist, zeigt sich an seinem bereits 2012 erschienenen Aufsatz zur Wirkung der expansiven Geldpolitik. Laut White bewirkt sie:

  • Geringere Anreize für Haushaltsdisziplin: Die Zentralbanken haben den Regierungen Zeit verschafft; zumindest kurzfristig erscheinen die riesigen Defizite weniger problematisch. – bto: Stimmt: Kein Staat spart wirklich. Auch Deutschland nicht, trotz guter Konjunktur und Rekordsteuereinnahmen.
  • Vermögenspreisinflation: Die Aktienmärkte in den westlichen Ländern werden hoch bewertet. Niedrige Zinsen in den Industrieländern dürften zu Ansteckungseffekten in den Schwellenländern führen, weil niedrige Kreditaufnahmekosten in den wichtigen Währungen der Welt die Anleger dazu bringen, Dollar oder Euro aufzunehmen und diese in Ländern mit höheren Zinsen zu investieren. Dies kann zu neuen Vermögenspreisblasen führen.  – bto: Stimmt: Blasen in den Schwellenländern und überbewertete Aktienmärkte.
  • Entstehen von Zombiebanken und -unternehmen: Sehr niedrige Zinsen verhindern in der Realwirtschaft eine schöpferische Zerstörung. Wie in Japan in den Neunzigerjahren ermöglicht ein Zinsniveau von null, dass Unternehmen mit geringer Rentabilität überleben, und Banken können potenziell Not leidende Kredite unendlich verlängern. Sie haben sogar ein starkes Interesse am Überleben der Unternehmen, um vergebene Kredite nicht abschreiben zu müssen. – bto: Stimmt: sehr schön in den Krisenländern Europas zu beobachten!
  • Aufkommen gesellschaftlicher Unzufriedenheit: Eine ultralockere Geldpolitik zieht die Sparer in Mitleidenschaft und führt zu gesellschaftlicher Unzufriedenheit. Umsichtige Sparer müssen negative reale Renditen hinnehmen, während Spekulanten, die Fremdkapital einsetzen, vom lockeren Geld profitieren. – bto: Stimmt: Der Vermögenszuwachs ist entsprechend konzentriert in den USA und UK.

Seit dem Erscheinen dieses Beitrags hat sich alles so entwickelt, wie von White vorhergesagt. Die Nebenwirkungen des billigen Geldes werden immer offensichtlicher. Doch ein Gegensteuern ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Forderungen nach noch mehr QE nehmen zu.

dallasfed.org: Federal Reserve Bank of Dallas Working Paper No. 126: “Ultra Easy Monetary Policy and the Law of Unintended Consequences”, August 2012

Kommentare (12) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. ikkyu
    ikkyu sagte:

    Als Investition in die Zukunft empfehle ich die meist dividendenstarken Energie- und Minenaktien.

    Das Streben nach Wohlstand wird in den Entwicklungsländern für einen stark zunehmenden Bedarf an Kohle, Öl, Gas, Uran und den Industriemetallen sorgen.

    Siehe z.B.:
    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/asiens-energiehunger-stellt-politik-vor-herausforderungen-15887961.html

    Schließlich müssen die riesigen Anlagen für die “solare Kreislaufwirtschaft” erst noch gebaut werden.
    :-)
    Die notwendige Größenordnung:

    “Sollen 10 Milliarden Menschen mit 3 kW Elektrizität pro Person beliefert werden, ist eine Weltgesamtleistung von 30 TW nötig (heute: 2 TW elektrisch). Pro Terawatt (1000 GW, entsprechend 100 W pro Person) wären beispielsweise erforderlich:

    Rund 500.000 Enercon E-126 Großwindkraftanlagen der 7.5 MW-Variante (Nutzungsgrad von WKA typischerweise zwischen 0.2 und 0.3). Diese würden zusammen über 200.000 Quadratkilometer bedecken (Rotordurchmesser 127 m, pro WKA Flächenbedarf 5 Rotordurchmesser im Quadrat), etwa 60% der Fläche Deutschlands.

    170.000 Lieberose-Solarparks (53 MW Kapazität, 11% Nutzungsgrad), die gemeinsam 275.000 Quadratkilometer bedecken.

    Die Nutzung eines Sechstels der weltweit von den Kontinenten abfließenden Wassermenge von jährlich 40.000 Kubikkilometern bei einer Fallhöhe von durchschnittlich 500 Metern.

    Bepflanzung einer Wirtschaftsfläche, die zirka 5.6 mal Deutschland entspricht, mit Biomasse bei einem Ertrag von 0.5 Watt pro Quadratmeter.”

    http://nuklearia.de/2013/02/12/challenge-fuer-kernkraftgegner/

    Antworten
  2. Carsten Pabst
    Carsten Pabst sagte:

    Hallo Zweifler,
    Goldbug:Der Ausdruck Goldbug (englisch gold bug für „Goldkäfer“) beschreibt Investoren, die Gold kaufen und auf einen langfristigen Bullenmarkt spekulieren.
    Nicht mehr, nicht weniger. Die beiden Vermögensverwalter, deren Studien ich schätze, sind halt seit Jahren All-Inn was Gold betrifft. Vielleicht liegen Sie irgendwann auch komplett richtig. Das soll ja nicht bedeuten, dass ich den Edelmetallaktien und Edelmetallen abgeneigt bin. Absicherung ist auch sinnvoll. Die Frage ist halt, wenn Sie mich schon direkt ansprechen, ob eine alleinige Ausrichtung auf Edelmetalle (Lesen Sie die Factsheets dieser Vermögensverwaltung) einer sinnvollen Streuung des Vermögens entspricht. Dies kann und muss jeder für sich entscheiden. Keineswegs war Goldbugs von mir negativ gemeint. Ich hätte Sie auch Goldanhänger nennen können. Dies sind sie zweifelsohne.
    Und Ihre Studien sind immer wieder lesenswert.
    Freundliche Grüße
    Carsten Pabst

    Antworten
    • troodon
      troodon sagte:

      Hallo Herr Pabst,
      zunächst, auch ich lese meist die monatlichen Kommentare von Mack&Weise gerne zur Informationsbeschaffung.

      “Die Frage ist halt, wenn Sie mich schon direkt ansprechen, ob eine alleinige Ausrichtung auf Edelmetalle (Lesen Sie die Factsheets dieser Vermögensverwaltung) einer sinnvollen Streuung des Vermögens entspricht.”

      Die Formulierung zeigt, dass Sie ein sehr höflicher Mensch sind.

      Wer sich Vermögensverwalter nennt und auch die eigenen Fonds mit dem Label “vermögensverwaltend” versieht, der darf m.E. nicht so eine Allokation vornehmen.
      Mack&Weise haben sich vollkommen verrannt in ihre Überzeugung. Es scheint ihnen wichtiger zu sein “Recht” zu bekommen als das anvertraute Kapital zu schützen und/oder zu mehren. Das so etwas überhaupt zulässig ist, ist für mich absolut grenzwertig, denn die Allokation ist nicht nur erst kurzfristig so. An der Börse muss man sich den Marktentwicklungen anpassen und nicht einfach dauerhaft hoffen, dass sich die eigne Überzeugung irgendwann durchsetzt. Alles andere ist reine Spekulation und hat extrem wenig mit einer vermögensverwaltenden Tätigkeit zu tun.

      Dies bedeutet bei weitem nicht, dass ich Gold als Anlage ablehne, das Gegenteil ist der Fall, aber wie alles in Leben, gilt es auch hier ein vernünftiges Maß zu finden. Da haben sich M&W leider weit von entfernt. Trotzdem können M&W selbstverständlich irgendwann richtig liegen.

      Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Doch ein Gegensteuern ist nicht in Sicht.>

    Wie auch.

    Wenn das Boot auf die Niagara Fälle zufährt, ist kein Gegensteuern mehr möglich.

    Antworten
  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    Na ja, warum sollte ausgerechnet jetzt irgendjemand aus der Politik oder den Notenbanken gegensteuern wollen? Jetzt die Prügel für die Fehler und Versäumnisse früherer Politiker- und Notenbankergenerationen (z.B. für Alan Greenspan) einstecken? Das wird keiner wirklich wollen.

    Ich denke, erst der gesellschaftliche Druck breiter Bevölkerungsschichten aufgrund von Wachstumsschwächen und hohen Arbeitslosenzahlen könnte wieder eine seriöse Geld- und Fiskalpolitik in bestimmten Währungen hervorrufen, allerdings auch nur dort, wo die Gesellschaften das innerlich akzeptieren.

    Hier sehe ich weltweit aktuell gar kein wichtiges Land, von kleinen wohlhabenden Ausnahmen wie Norwegen, Singapur oder der Schweiz vielleicht einmal abgesehen, die ich nicht vernünftig beurteilen kann. Entweder muss man die eigenen demographischen Probleme kaschieren (z.B. Japan) oder der gesellschaftliche Egoismus gegenüber künftigen Generationen ist einfach zu groß (z.B. Frankreich) oder die aktuellen Probleme bzw. Schulden sind schon zu stark gewachsen, als dass noch Spielraum wäre (z.B. Griechenland).

    Ich vermute, wir werden uns noch viele Jahre auf einen lockeren staatlichen Umgang mit Geld einstellen müssen. Das Fazit für die Privatperson kann nur lauten: langfristig raus aus Nominalwerten, rein in reale Werte und eine angemessen hohe Verschuldung zu niedrigen oder sogar negativen Realzinsen. Und dann abwarten, was passiert, wenn die Ratingagenturen oder die Anleger oder wer auch immer bei den großen Schuldnern kalte Füße bekommt und allgemeine die Angst einsetzt.

    Am wichtigsten aber ist, den eigenen Kindern ab einem gewissen Alter klar zu machen, dass Geld nur auf vorübergehendem Vertrauen basierendes bedrucktes Papier ist und man auch mit investiven Dingen sparen kann, die real bzw. wissensbasiert sind und auch morgen noch da und werthaltig sein werden. Ein Stapel Brennholz, eine Silbermünze, ein Stück Obstgarten, eine erneuerte Zentralheizung im Keller oder auch das kostenpflichtige Erlernen einer Fremdsprache vor Ort in einem anderen Land, einer Computersprache beim Fachmann oder das Besuchen eines Imkerlehrgangs als Investition in die eigene Person.

    Zur Veranschaulichung einfach mal die Zinsen und die Preise von früher bei bestimmten Gütern den heutigen gegenüberstellen und dem Nachwuchs ab einem bestimmten Reifegrad präsentieren.

    Antworten
    • Carsten Pabst
      Carsten Pabst sagte:

      Hallo Herr Selig,
      volle Zustimmung. Eine kleine Ergänzung: Den Kindern und Enkeln einfache, handwerkliche Dinge beibringen (Putzen einer Wand, Lampe wechseln, Steckdose anschließen, Kupferleitungen löten, Zündkerzen beim alten Auto wechseln) ist wahrscheinlich auch nicht die Dümmste Investition in den Nachwuchs.
      Und zum Thema niedrige Zinsen eine aktuellisierte Studie der Fa. Mack und Weise. Zugegeben Goldbugs, aber immer wieder nett zu lesen:
      https://www.mack-weise.de/studien/gold-geld-und-illusionen-die-tragoedie-unseres-waehrungssystems/
      Freundliche Grüße
      Carsten Pabst

      Antworten
      • Zweifler
        Zweifler sagte:

        @Carsten Pabst
        „Zugegeben Goldbugs…“
        Was verstehen Sie eigentlich unter „Goldbugs“? Wesen von einem anderen Stern? Anonyme Suchtkranke? Abenteurer aus dem Wilden Westen? Psychiatrische Patienten in einer regressiven Phase? Verrückte?
        Oder vielleicht Menschen, die sich absichern wollen?
        Gibt es auch Aktien-, Immobilien- oder Anleihebugs? Nein, natürlich nicht. „Bug“ hat wohl was mit Instinkt, Einfalt, Irrationalem zu tun, aus der Tierwelt jedenfalls.

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Zum Ursprung des Wortes lt. Wikipedia: A person who opposes or criticizes the use of fiat currency and supports a return to the use of the gold standard or some other currency system based on the value of gold and other hard assets. The concept [gold bug], in [this] sense, was popularized in the 1896 US Presidential Election, when William McKinley supporters took to wearing gold lapel pins, gold neckties, and gold headbands in a demonstration of support for gold against the “silver menace.”

        Hatte mich gerade selber mal interessiert, wo das Wort eigentlich herkommt…

        Man kann das Wort denke ich positiv, neutral oder negativ verstehen – je nach eigener Position. Ich vermute, dass Herr Pabst es eher neutral bis positiv versteht?!

        Dass viele das Wort eher abwertend in Artikeln benutzen, liegt sicherlich z.T. auch daran, dass sie Sorge haben, die Goldbugs könnten am Ende doch recht haben…

      • Wolfgang Selig
        Wolfgang Selig sagte:

        @Herrn Papst: Ihre Ergänzung ist natürlich richtig, aber das habe ich bewusst weggelassen, da wir ja von Investitionen gesprochen haben, also Dingen die mit Geld zu erwerben sind. Ich habe jetzt einfach mal von mir auf andere geschlossen und unterstellt, dass Sie diese Erziehungsleistungen kostenlos erbringen…^^ Kleiner Scherz, ich weiß, was Sie meinen, denn auch Zeit kann man investieren.

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