Warum funktioniert QE doch nicht?
Wirkung und Nebenwirkung von Quantitative Easing (QE) hat mich bereits mehrfach beschäftigt. Heute stelle ich einen wissenschaftlichen Aufsatz zu dem Thema vor. Im Kern kann man festhalten, dass Geldpolitik bei Überschuldung und „Disinflation/Deleveraging“ die Wirksamkeit verliert.
In „The Routes into and out of the Zero Lower Bound“ diskutiert Robert Hall von der Standford University anlässlich der Notenbank-Tagung in Jackson Hole im August 2013 die Wirkung der expansiven Geldpolitik. Er unterstützt die Notwendigkeit monetärer Stimulierung und ungewöhnlicher Maßnahmen, da man bei geringer Inflation nur schwer negative Realzinsen erreichen kann. Die Wirtschaften befinden sich in der bereits von Keynes beschriebenen Liquiditätsfalle. Doch kommt er zu dem ernüchternden Schluss, dass die expansive Politik nicht nur nicht gewirkt hat, sondern im Gegenteil die wirtschaftliche Erholung hemmt. Dies liegt daran, dass es für die Banken attraktiver ist, Reserven bei der Fed zu halten, als Kredite zu vergeben. In Europa haben wir eine ähnliche Diskussion, ich erinnere an den Ruf nach negativen Zinsen auf Reserven. Aus seiner Sicht wäre es besser (gewesen), die Banken besser zu kapitalisieren und strengeren Stresstests zu unterziehen (bto: Was würde er nur zu den europäischen Banken sagen…..).
In Summe ist Hall ein Unterstützer der Politik des QE und wünscht sich noch mehr Klarheit in der Kommunikation und tiefere Zinsen auf den von den Banken bei der Fed gehaltenen Reserven.
Die Banken haben in der Tat die zusätzliche Liquidität nicht der Realwirtschaft zur Verfügung gestellt, sondern Reserven gehalten oder auf eigene Rechnung an den Finanzmärkten spekuliert. Das ist sicherlich ein Angebotsproblem, aber auch ein Nachfrageproblem. Letztlich sind die privaten Haushalte noch lange nicht auf einem nachhaltigen Verschuldungsniveau, die Immobilienpreise noch deutlich unter den Werten von 2007, und auch im Unternehmenssektor – gerade bei den für die Beschäftigung so wichtigen kleineren Unternehmen – ist die Verschuldung noch auf hohem Niveau.
Eine andere Art und Weise dieses Phänomen darzustellen, ist der sogenannte Money Multiplier, also die Relation zwischen der monetären Basis (Bargeldumlauf und Einlagen) und dem breiteren Geldaggregat M2 (beinhaltet Bargeld, Bankguthaben, Anlagen bis zu zwei Jahren). Teilt man den aktuellen Wert von M2 (rund 10,8 Billionen USD) durch die monetäre Basis (rund 3,5 Billionen) ergibt sich ein aktueller Multiplikator von 3,1. Vor Beginn der Krise im Jahre 2008 lag der Wert bei 9,3.
Der Wert von 3,1 ist der tiefste je gemessene Wert seit Gründung der Fed im Jahre 1913. Selbst am Tiefpunkt im Jahre 1940 – als Spätfolge der Großen Depression – lag der Wert mit 4,5 über dem heutigen Niveau.
Das Gleiche gilt für die Geldumlaufgeschwindigkeit (V=BIP/M2), vereinfacht gesagt, die Häufigkeit, mit der ein Dollar pro Jahr die Hände wechselt. Lag die Geldumlaufgeschwindigkeit im Durchschnitt seit 1900 bei 1,71, so ist sie seit dem Spitzenwert von 2,2 im Jahre 1997 auf nunmehr 1,58 gefallen. Dahinter steht die immer mehr gestiegene Verschuldung, die dazu führt, dass immer weniger neue Nachfrage entsteht. Hier gilt dann der bereits vom österreichischen Nationalökonomen Böhm von Barwerk postulierte Grundsatz, wonach „Schulden verwehrter zukünftiger Konsum“ sind.
Trotz des berechtigten Lobs für die Krisenpolitik der Notenbanken bleiben die Zweifel bestehen: Der Kollaps wurde verhindert. Von einer Genesung kann keine Rede sein. Und das Medikament entwickelt immer deutlicher Nebenwirkungen. Legen die Notenbanken die Grundlage für die nächste Krise? Es sieht ganz danach aus.
→ Robert Hall: The Routes into and out of the Zero Lower Bound, 30. August 2013