Lasst sie kommen! – Und jetzt, wo sie da sind, was nun?
Im Oktober 2015 titelte DIE ZEIT: „Lasst sie kommen“:
→ DIE ZEIT: „Lasst sie kommen!“, 15. Oktober 2015
In einem ausführlichen Beitrag beschwor der Chefvolkswirt der Deutschen Bank den ökonomischen Nutzen der Zuwanderung. Ich habe das damals schon heftig kritisiert, u. a. mit diesen Punkten (Auszug, den vollständigen Beitrag von damals finden Sie hier):
- „Die Zuwanderung wird Deutschlands wirtschaftliche Vorreiterrolle in Europa – nachdem die Anlaufschwierigkeiten überwunden sind – über Jahrzehnte festigen. (…) Deutschland hält die Chance in den Händen, seinen Ruf als globales wirtschaftliches ‚Powerhaus‘ zu festigen und kann längerfristig wieder zu dem wissenschaftlichen und kulturellen Zentrum werden, das es einmal war.“
- „Als alternde Gesellschaft läuft Deutschland Gefahr, den Anschluss zu verpassen. Wer wird dafür sorgen, dass neue Branchen entstehen? Die globale Technologiebranche ist eine junge Industrie, die von jungen Menschen geschaffen wurde und deren Produkte von jungen Menschen nachgefragt werden.“ – bto: Ja! Das stimmt. Wir haben Industrien aus dem Kaiserreich und die Zukunft wird von jungen Stanford-Absolventen aus allen Teilen der Welt im Silicon Valley erfunden. Und mit denen sollen Schulabbrecher konkurrieren können, nur, weil sie jetzt nicht mehr unter furchtbaren Umständen in Kriegsgebieten leben müssen, sondern bei uns??
- „Ohne nennenswerte Nettozuwanderung würde die Zahl der Erwerbstätigen über die nächsten zehn Jahre um rund 4,5 Millionen schrumpfen. Das Wirtschaftswachstum würde von derzeit im Schnitt 1,5 auf rund 0,5 Prozent sinken. 2030 wäre voraussichtlich ein Zustand der Stagnation erreicht. Unser heutiges Wohlfahrtssystem kann jedoch bei einer alternden Bevölkerung nur aufrechterhalten werden, wenn die Wirtschaft längerfristig um mehr als zwei Prozent im Jahr wächst. Sonst sind in den sozialen Sicherungssystemen, insbesondere im umlagefinanzierten Rentensystem, Leistungskürzungen unvermeidlich.“ – bto: Auch das stimmt. Nur welche Leistungskürzungen werden erst erforderlich sein, wenn wir uns Kosten von mehr als einer Billion Euro aufbürden für Migranten, die keinen Beitrag dazu leisten. Was noch viel schlimmer wirkt: Weil wir jetzt ungestört aufnehmen, werden wir nicht die Kapazität und die Bereitschaft haben, qualifizierte Migranten aufzunehmen. Für diese werden wir im globalen Wettbewerb um Talente immer unattraktiver. Nimmt die Ausländerfeindlichkeit zu – was unvermeidlich passieren wird – schrecken wir genau die ab, die wir eigentlich bräuchten. Die gehen dann noch lieber in die Länder, wo sie wirklich willkommen sind und nicht für eine überalterte Gesellschaft, die sich zudem ein dauerhaftes finanzielles und soziales Problem ins Land geholt hat, zahlen müssen. Die derzeitige Politik wird das Problem verschärfen, nicht lösen.
In das gleiche Horn wie David Folkerts-Landau stieß das DIW mit seinem Präsidenten Marcel Fratzscher. Auch hier wurde uns ein enormer wirtschaftlicher Nutzen versprochen. Die Berechnung habe ich bekanntlich völlig auseinandergenommen.
Keine sechs Monate später freuen sich die Herren vermutlich, dass ihre damaligen Äußerungen längst vergessen sind und die Medien auch keinerlei Interesse daran haben, diese wieder infrage zu stellen. Ist doch das Ziel erreicht, dass sich die Mär vom wirtschaftlichen Nutzen so eingeprägt hat, dass selbst Wirtschaftsstudenten von dem „bewiesenen Nutzen“ reden, ohne den zitierten Beweis jemals hinterfragt zu haben.
Die F.A.Z. berichtet nämlich über die erfolgreiche Integration der Flüchtlinge in den hoch arbeitsteiligen und anspruchsvollen deutschen Arbeitsmarkt:
- „Eigenen Angaben zufolge haben die DAX-Unternehmen, zusammengenommen, bis Anfang Juni aber gerade einmal 54 Flüchtlinge fest angestellt. Davon entfielen allein 50 auf die Deutsche Post, zwei jeweils auf den Softwarekonzern SAP und den Darmstädter Pharmahersteller Merck.“ – bto: Bei der Post sind auch die einfachsten Stellen.
- „Der Vorstandsvorsitzende der Daimler AG, Dieter Zetsche, hatte im Vorfeld der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt zwar betont, dass nicht jeder Flüchtling ein brillanter Ingenieur, Mechaniker oder Unternehmer sei. (…) Im besten Fall könne es auch ‚eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder‘ werden. Doch der Autohersteller aus Stuttgart ist bei seiner Personalsuche eigenen Angaben zufolge bislang noch nicht fündig geworden, es wurde noch kein Flüchtling fest eingestellt.“
- „Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schlägt längst zurückhaltendere Töne an. Sprach sie anfangs von den ‚Arbeitskräften von morgen‘, liegt die Betonung mittlerweile auf ‚übermorgen‘.“ – bto: Überwiegend niemals dürfte realistischer sein.
- „Demnach gibt es derzeit rund 131.000 arbeitslos gemeldete Flüchtlinge, davon verfügen Dreiviertel über keine formale Berufsausbildung. Der Großteil dieser Flüchtlinge komme deshalb zunächst nur für Helfertätigkeiten infrage.“ – bto: Da frage ich mich, wie die Herren Folkerts-Landau und Fratzscher zu solchen mutigen Aussagen gekommen sind.
- „Den Selbstauskünften nach sind insgesamt knapp 2700 Praktikumsplätze zusätzlich für Flüchtlinge geschaffen worden, von denen gut 500 schon besetzt sind.“ – bto: Klartext: Weniger als 20 Prozent der angebotenen Praktikumsplätze können aus einem Pool von 131.000 arbeitslosen Flüchtlingen besetzt werden!
- „Weder die großen Banken noch die Versicherungen oder die Deutsche Börse haben bislang direkt eingestellt, Ausbildungs- oder Praktikumsplätze geschaffen.“
Das ist kein Grund zur Schadenfreude! Es zeigt, wie wir blauäugig in ein Abenteuer gegangen sind, welches enormen politischen Sprengstoff beinhaltet und am Ende nur Verlierer kennt: Flüchtlinge, besser Migranten, mit denen die hohen Erwartungen, die die Politik geschürt hat, nicht erfüllt werden; Bürger, die erkennen, dass es keinen Nutzen, sondern nur erhebliche weitere Kosten gibt.
→ F.A.Z.: „Dax-Konzerne stellen nur 54 Flüchtlinge ein“, 4. Juli 2016