Industriestrom als Zielfunktion
Der subventionierte Industriestrompreis bleibt umstritten. Die einen sehen darin eine Soforthilfe für die energieintensive Industrie, bis wir im gelobten Land der billigen Energie aus erneuerbaren Quellen angekommen sind. Die anderen bezweifeln, dass wir das gelobte Land je erreichen werden, und halten deshalb die Subventionierung von Strom mit 30 Milliarden Euro pro Jahr für rausgeworfenes Geld. Die energieintensive Industrie wäre demnach nicht zu retten.
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hielte einen Rückgang der energieintensiven Produktion in Zeiten des Fachkräftemangels aber auch für „etwas Positives“, könnte man doch die freiwerdenden Arbeitskräfte dort einsetzen, wo sie dringender benötigt werden, zum Beispiel, um Windräder und Batterien zu fertigen. Das seien die „echten Schlüsselindustrien“ für die Zukunft.
Doch die Wirtschaftsweise unterschätzt die Bedeutung der Energie für diese Zukunftsindustrien. So kalkuliert der VW-Konzern, dass nur ein Cent Unterschied beim Strompreis für die sehr energieintensive Produktion von Batteriezellen rund 100 Millionen Euro mehr oder weniger im Jahr bedeutet. Da ist es naheliegend, nicht an einem Standort mit sehr hohen Stromkosten wie Deutschland zu fertigen.
Die bereits hier ansässigen Unternehmen können aber nicht einfach an andere Standorte verlagern, wie dies von Ökonomen und Politikern angenommen wird. Auch ich hatte das an dieser Stelle vor einigen Wochen so kommentiert, woraufhin mich eine Zuschrift erreicht hat.
Clemens Küpper, Geschäftsführer der Eisengiesserei Baumgarte GmbH und Präsident des Bundesverbands der Deutschen Gießerei-Industrie, schrieb: „Die meisten der mittelständisch geprägten Industrieunternehmen haben einen Standort, vielleicht zwei Standorte. Und diese haben sie nicht deswegen an der Stelle, weil sie dort die günstigsten Produktionsbedingungen haben, sondern weil sie dort gegründet wurden, weil die Mitarbeiter dort arbeiten, weil sie gesellschaftlich und familiär und auch kulturell an diesen Orten verwurzelt sind. Wir haben nicht die Möglichkeit, den Betrieb oder auch nur Teile des Betriebs je nach Energiepreis oder sonstigen Rahmenbedingungen in einem Jahr in dieses oder im nächsten Jahr in ein anderes Land zu verlagern.“
Dauer der Subvention ist offen
Die Eisengiesserei Baumgarte beliefert dabei keineswegs nur alte Industrien, sondern ist aktiver Teil der Energiewende, zum Beispiel mit Komponenten für die Windkraft. Mir gegenüber verdeutlichte Clemens Küpper, wie entscheidend eine rasche und deutliche Senkung des Strompreises ist, damit mittelständisch geprägte Unternehmen und Branchen in Deutschland eine Zukunft haben.
Das Beispiel zeigt die Dramatik der Situation. Es ist nicht absehbar, ob und wann wir in Deutschland mit der bisherigen Energiepolitik jemals wieder einen wettbewerbsfähigen Strompreis bekommen. Damit ist auch völlig offen, wie lange eine Subvention des Strompreises dauern müsste.
Für wichtige Schlüsselbranchen stellt sich bereits die Überlebensfrage, während sich die erhofften „Schlüsselindustrien der Zukunft“ allenfalls mit massiven Subventionen anlocken lassen. Wir laufen ernsthaft Gefahr, vorhandene Industriestrukturen unwiederbringlich zu verlieren, ohne irgendetwas zu gewinnen: weder die Industrien der Zukunft noch irgendeinen Effekt für das Klima.
Mein Vorschlag: Wir definieren konkret den Strompreis, den wir in fünf Jahren in Deutschland auf dem Markt erreichen müssen, und ergreifen alle Maßnahmen, die diesem Ziel dienen, richten also unser Handeln an diesem Ziel aus und nicht an Zielvorgaben für bestimmte Erzeugungsformen.
Was dazu zu tun ist, wäre in einer Kommission aus Vertretern von Energieunternehmen, Industrie und Politik zu definieren. Parallel dazu kann eine übergangsweise Subventionierung auf ebendiesen Preis beschlossen werden, um zu retten, was noch zu retten ist.
Oh, das wird jetzt aber traurig.
Der Sozialismus (hier die staatliche Plankommission) soll‘s richten. Das wird brutal schiefgehen und mit Kombinaten enden.
Aus meiner Sicht sollte zunächst einmal nach aktueller Lage und strukturellen Defiziten unterschieden werden.
Eine globale Nachfragelücke hält nix und niemand in D auf. Das ist halt die Folgephase der Covid-Sonderkonjunktur (für die Industrie).
Und wieviel Wettbewerbsfähigkeit wir durch höhere Energiepreise tatsächlich verlieren, bliebe abzuwarten. China hat extrem günstig russ. Gas & Öl gekauft. Und? Massiver Nachfrageeinbruch und sogar Deflation. Das passt doch schon logisch alles nicht zusammen.
Und noch was – immer wieder Bürokratieabbau fordern und dann ein bürokratisches Monster für Industriestrompreise bauen wollen 🤦🏻♂️🤷♂️
PS Leider läuft die Chemieindustrie hier ganz vorne weg. Interessant ist, dass die BASF ziemlich ruhig ist – vielleicht weil deren CEO schlicht Konjunkturzyklen noch kennt. Bei den diversen Quereinsteigern sieht das wohl anders aus…
PS 2 WARUM ist plötzlich überall Panik? Keine ruhige Hand in Sicht. Werde wohl meine Vorbereitungen für die DDR2.0 intensivieren.
@Stoertebekker
“PS 2 WARUM ist plötzlich überall Panik? Keine ruhige Hand in Sicht. Werde wohl meine Vorbereitungen für die DDR2.0 intensivieren.”
Die “ruhige Hand” der Merkel-Mutti war doch an den Zügeln, als wir in die ganze Misere hineingeritten wurden.
PS: Wenn Sie als für die STASI2.0 als IM arbeiten, gibts regelmäßig ein paar gute Päckchen Kaffee als Belohnung…
@ Richard Ott
“Die “ruhige Hand” der Merkel-Mutti war doch an den Zügeln, als wir in die ganze Misere hineingeritten wurden.”
Die Idee ist leider nicht aufgegangen:
Billiger Industriestrom- und Gaspreis kombiniert mit deutschem Ingenieurs-Know-How, d.h. russische Energie und deutsche Produktion. Die Kombination war eigentlich unschlagbar, da Deutschland industrielle Dinge mit hoher Wertschöpfung anbietet.
Hierzu wäre 25 % Atomstrom notwendig gewesen. Das haben die Grünen vorsätzlich zerstört.
Hinzu kam die Sedation aus der Wiedervereinigung, da alle der Meinung waren, man benötige kein wehrhaftes Land.
Ferner die fehlerhafte Kontrolle der EU durch die Mitgliedsstaaten mit fatalen Fehlentwicklungen wie Deregulierung der Gas- und Energiemärkte.
“Wir haben nicht die Möglichkeit, den Betrieb oder auch nur Teile des Betriebs je nach Energiepreis oder sonstigen Rahmenbedingungen in einem Jahr in dieses oder im nächsten Jahr in ein anderes Land zu verlagern.“
Das Problem ist exakt beschrieben.
Das dürfte einen Verkauf der gesamten Firma unter diesen Umständen wohl auch nicht erleichtern.
Kein Eigentümer ist verpflichtet, einen Verlust hinzunehmen.
Rechtzeitige Insolvenzantragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit wäre eine Option.
Ich hätte nie gedacht dass Stelter mal Planwirtschaft als Lösung vorschlägt.
Die Amis mit ihrer Sanktions- und Subventionswirtschaft leben diese staatlich gesteuerte “freie Marktwirtschaft” den EUropäern und dem Rest der Welt ja vor.
Nur die Benennung wechselt…
@Tobias W.
Und im “Handelsblatt” als wirtschaftspolitischem Zentralorgan der sozialistischen Einheitspartei findet man dann immer die entschlossenste Zustimmung zum aktuellen 5-Jahres-Plan. ;)
Freundschaft!
Warum lassen sich die im Auftrag der Regierung agierenden Professoren ” Weise” nennen?
Sie irren sich zuverlässig, die Linke nannte sie einst ” Quacksalber mit Professorentitel”:
https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article134838053/Fuenf-Wirtschaftsweise-taeuschen-sich-zuverlaessig.html
Man könnte sie allerhöchstens ” Regierungs-Propheten” nennen!
Energie-Verknappung und -Verteuerung sind bewusster Teil des WEF-Transformations-Plans, vom selektiv- vergesslichen Kanzler gerne auch ” Zeitenwende” genannt.
Nur schonungslose Diagnose ermöglicht kausale Therapie, sonst wird weiter im Dunkeln herumgestochert, werden nur Schmerz-Beruhigungsmittel aufgepanscht mit Drogen verteilt, die Schmerzursachen bis zum Exitus verschleiern: Klima gerettet, Patient tot.
a) Zu Clemens Küppers (der hier zitierten Aussagen nach):
>Wir haben nicht die Möglichkeit, den Betrieb oder auch nur Teile des Betriebs je nach Energiepreis oder sonstigen Rahmenbedingungen in einem Jahr in dieses oder im nächsten Jahr in ein anderes Land zu verlagern.“ >
Die Möglichkeit haben Sie in der Tat nicht.
Sie haben aber eine andere Möglichkeit:
Entlassen Sie Leute und schließen Sie bzw. die Eigentümer die Eisengießerei.
Denn erstens sind diese NICHT verpflichtet, ihr Vermögen zu verlieren, weil eine uneinsichtige Mehrheit eine Politik erzwingt, die diese Konsequenz für sie billigend in Kauf nimmt.
Und zweitens wäre dies eine SEHR erfolgreiche Maßnahme, den Beschäftigten klar zu machen, welche Konsequenzen die betriebene Energiepolitik auch für SIE hat.
b) Zu Definition eines Strompreises:
Dr. Stelter, es tut WEH, von IHNEN lesen zu müssen, dass DEFINIERT (!!) werden soll, welcher Strompreis in fünf Jahren auf dem Markt (!!) erreicht werden soll.
Denken Sie bitte einmal über die POSITION nach, die Sie damit einnehmen.
Ich meine das ERNSTHAFT.
Abgesehen davon, was die von Ihnen empfohlene Kommission definieren würde:
Wird das HANDELN an dieser Definition ausgerichtet mit ALLEN Maßnahmen (!!), die der Zielerreichung dienen, könnte man nicht nur die Eisengießerei Baumgarte abschreiben, sondern auch den Standort Deutschland.
Und dies BEVOR an die Zielerreichung auch nur ernsthaft zu denken wäre.
@DT „Und zweitens wäre dies eine SEHR erfolgreiche Maßnahme, den Beschäftigten klar zu machen, welche Konsequenzen die betriebene Energiepolitik auch für SIE hat“.
Ich finde, da gehören alle direkt und auch indirekt betroffenen an einen Tisch. Auch die, die fernab der hiesigen Schmelzöfen – eventuell, man weis es ja nicht lt. RO & Co – mittlerweile Haus und Hof verlieren.
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/arktis-permafrost-kanada-100.html
Die „Energiepolitik“ mit DEN Folgen hat vor mehr als zweihundert Jahren begonnen, nicht erst vor zwei Jahren. Viel Spass bei DER Diskussion.
@JürgenWärmeP
“Haus und Hof verlieren”
Jaja, wer kennt sie nicht, die kanadischen Permafrost-Bauern in der Arktis, die dem kargen Boden in den kurzen aber sonnenreichen Sommern dort ganz viele nahrhafte Feldfrüchte abringen…
Angesichts der bereits eingetretenen Beeinträchtigung von Kompetenz und Moral in Verbindung mit der natürlichen Abwanderung der geburtenstarken Jahrgänge, die über jahrzehntelanges stillschweigendes Wissen verfügen, könnte die größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte einfach darin bestehen, die heutigen Systeme zu erhalten.
(Harold Robertson is an asset class head and institutional investor at a multi-billion dollar pool of capital.)
Beispiel:
https://youtube.com/shorts/EIanRXcr68c?si=ndwMm5oORUfarkFI
Lösung:
1) Zerstörung gesellschaftlicher Infrastruktur,
2) medizinische Experimente,
3) offene Grenzen,
4) Krieg,
5) gehe zu 1)
Es geht einfach mathematisch nicht. Solange z.B. andere Länder billiges Gas oder Atomstrom zur Stromerzeugung einsetzen, wir aber auf teuren Wasserstoff setzen, müssen wir den Strompreis subventionieren, oder wir müssen damit leben, dass Firmen, die im internationalen Wettbewerb arbeiten, das Land verlassen. Da hilft auch kein Arbeitskreis, wenn ich nicht mehr weiter weis.
@Lothar
Die Linksautoritären mit mehr Praxisbezug als unsere heutigen Grünen haben in der DDR schon im August 1961 eine Lösung für dieses Dilemma gefunden…
@Lothar
Das ist logisch richtig, nützt China im Moment aber auch genau nix. Die haben mittlerweile keinen „Billig-Gas-Boom“, sondern Verzweiflung und Deflation!
Die Wirtschaft ist eingebrochen – die Welt fragt insgesamt zu wenig nach.
Und genau deswegen sollten das gesamte Kommentariat mal einfach tiefer in die Zahlen/Fakten einsteigen und DANACH Erklärungen suchen. Statt beobachtbare Symptome den bereits bestehenden „Lager“erklärungen zuzusortieren.
Die Theorien sind offenbar falsch. Rat- und Hilflosigkeit allerorten.
@Stoertebekker
“Das ist logisch richtig, nützt China im Moment aber auch genau nix. Die haben mittlerweile keinen „Billig-Gas-Boom“, sondern Verzweiflung und Deflation!”
Nur nicht gleich masslos übertreiben,weil man dem medialen China-Narrativ aufsitzt.
Mein Lieblingsspezialist für China ,Louis-Vincent Gave,ist da viel nüchterner unterwegs.
“That is not to deny that China’s economy faces genuine challenges, or that Chinese economic growth is slowing, both cyclically and structurally. But in short, there seems to be a strong disconnect between the price behaviour of most China-related assets, whether at home or abroad, and fears of an unfolding systemic crisis.”
https://archive.li/SGZeK
@weico
Die Chinesen sind so verzweifelt, die essen mittlerweile in Peking schon Enten, weil sie sich keine veganen Fleischersatzprodukte mehr leisten können… ;)
Lieber Herr Stelter,
Ihr Vorschlag in Ehren, aber glauben Sie wirklich, eine solche Kommission würde irgendetwas sinnvolles bewirken?
Es wird entweder so laufen:
a) Die Kommision wird mit Claudia Kemfert und Co besetzt und beschließt jetzt aber erst recht die Erneuerbaren plus (neu) Speicher in 5 Jahren zu bauen.
oder b) Die Kommision macht tatsächlich einen guten Job und anschließend verlangt Herr Habeck “richtige Experten”. Umgesetzt davon wird natürlich nichts außer der Teil, der den bereits exstierenden Staatsplänen für Erneuerbare dient.
“@bto:Doch die Wirtschaftsweise unterschätzt die Bedeutung der Energie für diese Zukunftsindustrien.”
Wirtschaftsweise ist heute praktisch zu einem Schimpfwort verkommen bzw. Synonym für…. an gleichheits- und gerechtigkeitswahn leidende “umverteilende Vollpfosten”.
https://vorwaerts.de/artikel/gutachten-wirtschaftsweisen-hoehere-steuern-empfehlen
@weico
“Wirtschaftsweise ist heute praktisch zu einem Schimpfwort verkommen ”
Wieso sollen die “Wirtschaftsweisen” auch intelligenter sein als die Politiker, die sie ernennen? Sowas würde ich mir als doofer Grünen-Funktionär auch nicht gefallen lassen und entsprechend nur devote Wackeldackel auf dem Posten tolerieren.
die deutsche politik der (mind.) letzten 20 jahre, ist ein “würgegriff” gegen den verbraucher und konsumenten!
es geht darum, notfalls mit subventionen für die bedürftigen -“großen”, geld aus den taschen der kleinen und mittelschichten zu pressen.
(- ist auch die systematik im schuldgeldsystem!)
das system verarmt die masse. wir werden mittel-los gemacht und arbeitseinkommen wird zunehmend zum engpass für verbraucher.
subventionen sind letztlich eine verschleierung der umverteilung und entreicherung, denn die bezahlung über steuer und abgaben, erfolgt später.
es läuft !
wir treiben immer schneller ins selbsterzeugte chaos.