Und täglich grüßt die Deflationsdebatte
Als hätte es nicht schon genug Diskussionen zum Thema Deflation gegeben, geht es in dieser Woche fröhlich weiter. Das DIW fordert Quantitative Easing (QE), die WirtschaftsWoche hält dagegen. Mit dem richtigen Argument. Japan taugt wirklich nicht als Begründung für QE.
Dabei werden die Zweifel an der Wirksamkeit der aggressiven Geldpolitik immer lauter. In einem launig gehaltenen Kommentar bringt es ein Gastautor in der FT auf den Punkt: „Wenn es nicht gelingt Inflation zu erzeugen, wird die Strategie über steigende Vermögenspreise und den Vermögenseffekt, den Konsum anzukurbeln, scheitern.“ Und dann wird systematisch belegt, warum genau dies der Fall ist:
- Bei geringem Wachstum (woher soll das auch kommen?) kann die Politik nur über Inflation finanzielle Repression erzielen. Nur mit Inflation kann die nominale Wachstumsrate über den Zinskosten liegen.
- Inflation würde Schulden entwerten und den Konsum ankurbeln.
- Bis jetzt hat die Geldpolitik nur die Vermögenswerte nach oben gebracht, nicht die allgemeine Inflation. Der Preisanstieg bei einzelnen Rohstoffen ist eher Folge der Dollarschwäche (und einiger Missernten).
- Die Politik dachte, durch Geld drucken, könnte man Inflation erzeugen (warum das nicht geht, habe ich hier erklärt). Doch es klappt nicht.
- Die Politik kann Kreditschöpfung und Geldmenge nicht mehr steuern, als der Gärtner die Spritzrichtung des Wasserschlauchs am Hahn.
- Ursache: Zwischen der Zentralbankgeldmenge und dem Kreditvolumen an die Realwirtschaft steht die sogenannte Geldumlaufgeschwindigkeit. Seit Beginn der Krise ist diese stark gefallen. Weil die Endschuldner gar keine Verschuldungskapazität oder keinen -willen haben und die Banken erst mal ihre Kapitalbasis stärken müssen, bevor sie vermehrt Kredite vergeben können.
- Es bestehen erhebliche Überkapazitäten und hohe Arbeitslosigkeit. Kein Umfeld für Preiserhöhungen.
- Die Zombie-Unternehmen überleben dank tiefer Zinsen – werden aber die Kredite niemals tilgen können geschweige denn, investieren. Die Banken können die Verluste nicht realisieren, so machen die Unternehmen weiter, nur mit dem Ziel Cash zu generieren. Wer so denkt, verkauft fast zu jedem Preis. Folge: Preisdruck für alle.
Es sieht nicht so aus, als ob die Politik funktionieren könnte.
Zeitgleich mehren sich die Signale dafür, dass die Geldpolitik dort, wo sie bereits den aggressiven Weg verfolgt, nicht die Realwirtschaft stimuliert, sondern nur die Finanzmärkte (nicht neu für Leser dieser Seiten). So
- berichtet die FT, dass der Anstieg des S&P letztlich von zunehmenden Wertpapierkrediten getrieben ist.
- warnt Goldman Sachs erneut vor überteuerten Aktien. Diesmal wird darauf hingewiesen, dass das Kurs/Umsatz-Verhältnis sich weit über den langfristigen Werten befindet.
- warnt einer der vier erfolgreichsten Hedgefund Manager der Welt vor völlig überzogenen Bewertungen und rät dazu, Cash zu halten.
- warnt die BIZ (erneut!) vor den Folgen der viel zu lockeren Geldpolitik.
In das Gesamtbild passt nur zu gut die aktuelle Meldung, wonach die Schulden der Welt seit 2008 um weitere 43 Prozent auf nunmehr 100 Billionen gestiegen sind. Rund 50 Prozent des Anstiegs kommt übrigens aus China, wo die Geschwindigkeit des Schuldenanstiegs jene in den USA in den Jahren vor 2007 locker in den Schatten stellt.
Die politische Antwort auf eine Krise, die durch zu viele Schulden verursacht wurde, war, noch mehr Schulden zu machen. Solange die Schulden aber schneller wachsen als das Einkommen, kann am Ende nur die Pleite stehen. Natürlich kann man die Zinsen auf Null setzen und die Tilgung auf das Jahr 3000 festsetzen. Das ist dann aber nur eine andere Form der Pleite. Nichts spricht dafür, dass die Politik den Kurs ändert. Im Gegenteil. Sie wird noch mehr Gas geben.