Monetary activism is a virus that infects politics
Kritik an der Politik der Notenbanken ist nicht neu und nicht unberechtigt, wie auf diesen Seiten intensiv diskutiert. Dennoch gibt es erfrischend neue Beiträge zu dem Thema. Heute verweise ich auf einen Beitrag des langjährigen Marktbeobachters James Grant in der FT. Ich finde dabei nicht nur interessant, was er schreibt, sondern dass die FT ihn überhaupt so ausführlich zu Wort kommen lässt. Generell scheint die Zeitung zu versuchen, auch Kommentatoren jenseits des Mainstreams mehr Platz einzuräumen. Vielleicht ein “Hedge”, um nach der nächsten Krise sagen zu können: wir haben doch auch gewarnt? Derartige Anzeigen hat die FT 2010 wirklich geschaltet…
Grants Sicht lässt sich so zusammenfassen:
- Geld sollte ein Instrument zur Wertaufbewahrung sein. Stattdessen ist es ein Instrument der staatlichen Politik geworden. Seit 2009 haben die Zentralbanken mehr als 10 Billionen US-Dollar digitales Geld geschaffen.
- Rekordbestände an Geld und ultra-tiefe Zinsen mögen die Verantwortlichen heute nicht beruhigen – dürften sie aber in Zukunft quälen.
- Wer heute Anleihen kauft, mag sich zwar über steigende Kurse freuen, vergisst aber die entscheidende Frage: was wird das Geld noch wert sein, mit dem die Anleihen zurückgezahlt werden?
- Eine Anleihe ist nichts anderes als das Versprechen, Geld zu bezahlen. Wenn aber die Regierung die Menge und Qualität des Geldes beliebig manipulieren kann, was ist dann der Wert dieses Versprechens? Noch stellt niemand diese Frage, was die tiefen Zinsen auf Staatsanleihen unterstreichen. (bto: das gilt für die europäische Peripherie in besonderem Maße. Portugal zum Beispiel wird niemals die Schulden bedienen können angesichts der dauerhaft schlechten Wachstumsaussichten, gleiches gilt für Italien, Spanien und wohl auch Frankreich).
- Die Zinsen für US-Staatsanleihen fallen seit nunmehr 33 Jahren. Im 19. Jahrhundert sind die Zinsen auf britischen Anleihen übrigens 80 Jahre lang gefallen. 1891 hielt man ewige Staatsanleihen mit 2,5 Prozent Verzinsung für ein solides Investment. Immerhin waren diese in Gold konvertierbar. Nur eine Generation später war der Goldstandard Geschichte und Wettläufe um Währungsabwertung die Regel. Nicht anders erging des den Käufern der 1946 begebenen ewigen Anleihe des englischen Staates. Mit 2,5 Prozent begeben, kollabierte der Kurs bis 1975. Das Pfund hat übrigens seit 1917 98 Prozent seiner Kaufkraft eingebüßt.
- Und heute? Ist es nicht anders. Die Zinsen sind so tief, dass es sich für die Regierung lohnt, alte Anleihen zurück zu zahlen und diese Rückkäufe mit neuen Anleihen zu finanzieren.
- Den Erben der heutigen Investoren wird es ähnlich ergehen. Sie werden mit Erstaunen lesen, wie ihre Vorfahren so dumm sein konnten, ihre Ersparnisse inkompetenten Regierungen zu Minizinsen zu überlassen. (bto: dabei machen wir das heute ja nicht direkt, sondern indirekt über unsere Lebensversicherungen)
- Das Virus der radikalen geldpolitischen Intervention ist heute allgemein akzeptiert und zum Normalzustand geworden. Doch was passiert, wenn wir wieder eine Rezession bekommen? Was, wenn die Aktien fallen? Beides ist nur eine Frage der Zeit. Wie werden die Notenbanken dann reagieren? Wenn sie noch aggressiver Geld drucken, was bedeutet das für unser Geld?
Die letzte Frage haben wir hier auch oft besprochen. Für mich sieht das Szenario so aus: die deflationären Kräfte des deleveraging gewinnen zunehmend die Oberhand. Die Zinsen fallen weiter, aber die Wirtschaft fällt zurück in die Rezession und die Aktienmärkte brechen ein. Die Notenbanken werden darauf mit einer heute noch unvorstellbaren Flutung der Märkte reagieren – und damit das Vertrauen in Geld immer mehr zerrütten.
→ FT (Anmeldung erforderlich): Monetary activism is a virus that infects politics, 5. Januar 2015