EMU deflation is the final betrayal of southern Europe
Es verwundert nicht, dass die angelsächsischen Medien angesichts der nunmehr offiziellen Deflation in Europa noch eindringlicher fordern, die EZB müsse nun massiv investieren. Gerade Ambrose Evans-Pritchard fordert dies seit Jahren. Insofern ist es eigentlich müßig, ihn erneut zu verlinken. Andererseits hat er die einmalige Gabe, verschiedene Aspekte zu einer neuen Perspektive zusammenzubringen. Nur nochmal zur Erinnerung: ich selber denke nicht, dass Quantitative Easing der Realwirtschaft irgend etwas bringt oder die Inflation dadurch ansteigt. Wenn überhaupt, bringt es einen kurzfristigen Effekt durch eine Euroabwertung – die ebenfalls nicht dauerhaft sein kann, weil auch andere Länder (Japan, China, letztlich aber auch die USA und UK) eine schwache Währung anstreben. Stichwort Währungskrieg. Die Deflation ist ein Problem für eine überschuldete Welt und sie wird durch eben diese Überschuldung ausgelöst. Eine Lösung gibt es nur, wenn die Schulden aus der Welt geschafft werden. Wie dies gehen könnte, habe ich ebenfalls viel diskutiert, zuletzt hier.
Doch nun zu Ambrose und seiner Zusammenfassung der globalen Deflationsbedrohung und der spezifischen europäischen Lage:
- Wir befinden uns in einer Deflationsfalle: die fallenden Preise führen zu Kauf- und Investitionszurückhaltung (bto: halte ich für Quatsch. Wir haben alle Computer, obwohl wir wissen, dass sie immer billiger werden, gleiches gilt für Einkäufe außerhalb von Rabattaktionen).
- Die reale Schuldenlast steigt, wie von Irving Fisher in seiner Debt Deflation beschrieben. (bto: genau das ist das Problem. Deflation bedeutet Pleite).
- Wenn man Deflation erst einmal zulässt, ist sie schwer zu überwinden, siehe Japan (bto: wobei man anmerken muss, dass die Deflation sehr gering war über 25 Jahre. Zudem: wer sagt, dass man sie ohne Schuldenbereinigung überhaupt überwinden kann?)
- Der optimale Zeitpunkt für QE wurde verpasst. Was soll es noch bringen, wo die Renditen von deutschen Staatsanleihen schon auf 0.46 Prozent gefallen sind? Finnland zahlt 0.54, Holland 0.57, Frankreich 0.73 und Spanien 1.63 Prozent.
- Die Arbeitslosigkeit in der Peripherie steigt derweil. In Italien auf ein Nachkriegshoch von 13,4 Prozent bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 43,9 Prozent. Zugleich sinkt die Arbeitslosigkeit in Deutschland auf ein 25-Jahrestief. Für Ambrose der Beweis, dass die Währungsunion nicht funktioniert. (bto: ich würde dem zustimmen, allerdings liegen die Probleme Italiens nicht nur im Euro).
- Fallende Preise erhöhen den Spardruck. Für jeden Prozentpunkt geringerer Inflation muss Italien 1,4 Prozent vom BIP im Staatshaushalt einsparen, will es einen weiteren Anstieg der Schuldenquoten verhindern. (bto: die Rechnung ist einfach: bei Staatsschulden von 133 Prozent des BIP muss die Einsparung immer dem 1,33-fachen der nominalen BIP-Veränderung entsprechen).
- Zeitgleich machen sich die Überinvestitionen in China immer mehr bemerkbar, die Produzentenpreise fallen (minus 2,7 Prozent) und damit wird der deflationäre Druck in der Welt erhöht.
- Weltweit liegt die Sparquote bei 26 Prozent des BIP, nicht zuletzt getrieben von den Währungsreserven der Notenbanken, die auf 12 Billionen Dollar gestiegen sind. Folge ist eine weltweite säkulare Stagnation. (bto: leider gibt er hier die Quelle für die Zahlen nicht an. Was die säkulare Stagnation betrifft denke ich weiterhin, dass diese nicht die Folge von zu viel Ersparnis ist, sondern von zu vielen Schulden. Der anderen Seite der Medaille).
Schlussfolgerung: die Eurozone hat keine Optionen mehr. Aus der – utopischen – Forderung von Draghi nach völliger politischer Integration als Folge der Krise schließt Ambrose: selbst Draghi glaubt nicht mehr daran. bto: wenn dem so wäre: Warum tut er sich das noch weiter an?
→ The Telegraph: EMU deflation is the final betrayal of southern Europe, 7. Januar 2015