Game over: The world is reaching the point of „credit exhaustion“

Bekanntlich hat die Politik der westlichen Notenbanken durchaus mit Absicht eine Verschuldungsblase in den Schwellenländern bewirkt. Jetzt, wo

  • sich die Weltkonjunktur abschwächt,
  • der US-Dollar stärker wird,
  • die Kreditgeber wieder mehr auf Bonität schauen und deshalb die Zinsen für schlechte Schuldner steigen,
  • deutlich wird, dass die Schulden nicht immer produktiv verwendet wurden,

kommt es, wie es kommen muss. Es droht eine Kreditkrise. Temporär haben uns die Schwellenländer mit ihrer Nachfrage geholfen, nun hat die Welt 50 Billionen mehr Schulden als 2007. Die Unternehmensschulden in den Schwellenländern sind nach Daten des IWF seit 2004 von vier auf 18 Billionen US-Dollar gestiegen:

Grafik: International Monetary Fund

China ist  der Elefant im Raum mit 21 Billionen mehr Schulden seit 2007 und geschätzten 6,8 Billionen Fehlinvestitionen. Der Vergleich mit der Marktkapitalisierung ist interessant, aber sicherlich nicht so aussagekräftig wie im Westen. Weniger Unternehmen sind börsennotiert, die Kapitalmärkte nicht so weit entwickelt. Der IWF sieht erhebliche Risiken für Unternehmen und Finanzsystem. Sicherlich zu Recht.

Das Institute of International Finance erwartet nun eine Umkehrung der Kapitalströme, wie die FT berichtet (passt zu der These des Quantitative Tightening). Demnach hat sich die Verschuldung der Nicht-Finanzunternehmen in den letzten zehn Jahren verfünffacht auf nun 23,7 Billionen Dollar. Die FT zitiert den Managing Director des IIF: „All the research shows that the speed of incurring debt plays a key role in the quality of that debt and in the subsequent crisis. We do see an increasing burden on corporate borrowers to service that debt.“ Das stimmt. Vor allen wesentlichen Finanzkrisen kam es zu einer Explosion der Schulden, was immer mit Fehlinvestitionen einhergeht.

Jetzt kommt es zu einer wahren Kapitalflucht. Die Kreditgeber aus dem Ausland ziehen ihr Geld wieder ab, aber auch die Inländer, die um den Wert ihrer Ersparnisse fürchten –, genauer gesagt um die internationale Kaufkraft und die Möglichkeit darüber frei zu verfügen.

Chart: Capital flows to emerging markets

Kapitalverkehrskontrollen sind nicht so unwahrscheinlich. Der Verfall der Währungen führt schon jetzt zu einer deutlichen Verschärfung der Kreditlast für die Unternehmen. Relativ zum BIP sind die Unternehmensschulden in Brasilien nun 7,3 und in der Türkei 6,2 Prozent höher.

Damit wird deutlich, dass die Welt es mit einer neuen Schuldenkrise zu tun bekommt. Was dann erneut die Frage nach unserem Geld- und Finanzsystem aufwirft. Auch dies macht die FT (fast), indem sie einen Blick auf die Wirkungsmechanismen wirft. Die Citibank zitierend erläutert die FT, dass immerhin 75 Prozent der privaten Geldschöpfung in den letzten fünf Jahren in den Schwellenländern erfolgte. Die Zentralbanken des Westens haben das mit QE angefeuert, doch nur weil das private Bankensystem prozyklisch den Boom befeuert hat, konnte es so weit kommen!

Jetzt ist die Angst groß (und berechtigt!!), dass sich diese private Geldproduktion umkehrt in einen Prozess des Deleveragings. Dem könnten die Notenbanken nur noch wenig entgegensetzen nach Einschätzung der Citi (und der FT und von mir).

Und jetzt kommt es!: „… the world is reaching a point of ‚credit exhaustion‘“

bto: Das muss man noch einmal ganz deutlich sagen: Wir haben eine Überschuldungskrise durch noch mehr Schulden bekämpft. Das geht nur so lange, wie man noch potenzielle Schuldner hat, die über Verschuldungskapazität und -bereitschaft verfügen. Hat man die nicht mehr, kracht das ganze System zusammen. Das ist und bleibt meine Kernaussage, oft genug geschrieben. Letztmalig ganz gut hier.

Auch die Deutsche Bank sieht das Weltfinanzsystem und die Notenbanken vor dem „Endgame“. Die Helikopter starten mit ungewissem Ausgang. „We think the end game is that when the next global recession hits, then QE/zero rate world will be re-appraised. Perhaps the G20 will get together and decide to try a different approach. Dieser dürfte vermutlich die „All-in“-Geldpolitik sein: noch keine Vermögensabgaben etc., aber auszuschließen ist es nicht.

→ The Telegraph: „World set for emerging market mass default“, 29. September 2015

→ FT (Anmeldung erforderlich): „Capital flight darkens economic prospects for emerging markets“, 1. Oktober 2015

→ FT (Anmeldung erforderlich): „The credit bubble, the bears and the central bankers“, 1. Oktober 2015

→ Zero Hedge: „This Is The Endgame, According To Deutsche Bank“, 1. Oktober 2015

Kommentare (2) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    In der Tat, wir haben das Schuldenproblem temporär mit noch mehr Schulden bekämpft. Wir sind uns einig, dass dies nicht funktionieren kann. Es wäre nur dann möglich, wenn der Staat sich via Notenbank bei sich selber verschulden würde (ewige Schulden). Dieser Weg ist uns aber aufgrund Artikel 123 AEUV verbaut.

    Das ultimative Schuldentilgungsmittel ist Geld; also benötigen wir ein monetäres Gegenfeuer, um diese Schuldenfeuerwalze, die unerbittlich auf uns zurollt, unter Kontrolle zu bringen. Warum sollte im monetären Bereich nicht das funktionieren, was in der Großbrandbekämpfung gängige Praxis ist? Es ist höchste Zeit, die Helikopter nicht nur zu starten, sondern auch fliegen und abwerfen zu lassen.

    Wenn man in den unterschiedlichen Ebenen der Geldsystemhierarchie denkt, dann passt nicht nur das Bild vom Gegenfeuer, sondern auch alternativ das Bild vom Löschhubschrauber. Die Helikopter können nämlich die Schuldenfeuerwalze (Credit, 2. Ebene) mit schuldfreier Zentralbankliquidität (Money, 1. Ebene) liquidieren/löschen. Warum dies aber z. Z. noch (oder auch für ewig) unwahrscheinlich ist, hatte ich mit meinem Hinweis auf Herrhausen (DLF) und Kennedy angedeutet. Zuvor sind aber erst noch die tiefen intellektuellen monetären Gräben zu überwinden. Ich bin in diesem Falle ähnlich pessimistisch wie Kurt Biedenkopf, der mir heute in einem sehr ähnlichen Kontext per Mail antwortete:

    „…Sie beanstanden zurecht eine Lehre, die zum Dogma wurde und sich auf diese Weise der Fähigkeit beraubt hat, über sich selbst, ihre innere Schlüssigkeit und über die Frage nachzudenken, wie sie sich verändern oder erneuern muss, um der Wirklichkeit zu entsprechen, die sie klären will.

    Für das Wachstumsdogma gilt Ähnliches. Auch hier argumentiert man gegen die Wirklichkeit. Besser noch, man ignoriert sie, um die Ideologie davor zu bewahren, sich in Frage zu stellen. Immer dann, wenn eine Erkenntnis zum Besitzstand wird, wird sie früher oder später auch zum Dogma. Der Gesellschaft fehlt die Kraft, das Dogma zu hinterfragen. Sie vermachtet und verliert die Fähigkeit zur Offenheit, bis die Widersprüche so groß sind, dass das Dogma gesprengt wird. Die Erstarrung wird durch Revolution überwunden. Aber Revolutionen sind für sich keine neue Ordnung.“

    Game over? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

    Der Monetarismus ist tot, es lebe der Monetarismus: https://zinsfehler.wordpress.com/2015/03/23/die-citoyage-keynesianischer-monetarismus-als-ordnungspolitisches-korrektiv/

    LG Michael Stöcker

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