Die Zentral­banken för­dern die Un­gleichheit

Jedem, der mit offenen Augen auf die Welt blickt, ist klar, dass die Geldpolitik einen entscheidenden Beitrag zur zunehmenden Ungleichheit der Vermögensverteilung leistet. Lediglich die Notenbanken leugnen dies oder aber sehen es als zwangsläufige Nebenwirkung von guter Politik.

Die US-Politologin Karen Petrou wirft in einem Buch der US-Zentralbank vor, maßgeblich dazu beizutragen, die Kluft zwischen Arm und Reich zu vergrößern. Die FINANZ und WIRTSCHAFT kommentiert:

  • “Ein Kritikpunkt gilt der analytischen Arbeit der Institution. Das Fed stütze sich auf fehlerhafte Analysen und habe deshalb die ökonomische Fehlentwicklung der vergangenen zwanzig Jahre nicht wahrgenommen. (…) Die Arbeitslosigkeit, die Lohnentwicklung, das durchschnittliche Nettovermögen und die Immobilienpreise zeigen eine günstige Entwicklung auf, solange man nur die aggregierten Daten anschaut. Die Notenbanker tun dies und leiten daraus ihr Urteil ab, dass wirtschaftlich alles in Ordnung sei. Vor Ort und in breiten Teilen der Bevölkerung sei die Lage jedoch ungünstiger, häufig sogar desolat.” – bto: Das haben wir auch gesehen an dem für viele Beobachter überraschenden Wahlverhalten.
  • “Der geldpolitische Ansatz, wonach Wertschriftenkäufe und Nullzinsen notwendig seien, weil dadurch die Beschäftigung gefördert werde und das der beste Weg sei, um die Chancen der Geringverdienenden und der Mittelschicht zu verbessern, treffe heute nicht mehr ins Schwarze. (…) Denn das neu geschöpfte Geld fliesst nicht dorthin, wo es die Wertschöpfung ankurbelt, sondern vor allem an die Aktienmärkte. Dort macht es die reichsten 10 Prozent der US-Bevölkerung reicher, die 86,5 Prozent der Aktien besitzen.” – bto: Dies erklärt, weshalb die Produktivitätszuwächse so gering sind.
  • “Und die extrem tiefen Zinsen schaden jenen Haushalten, die traditionell ihr Geld auf ein Sparkonto legen. Nehmen wir einen Sparplan, bei dem 20 Jahre lang jedes Jahr 2’000 Dollar auf ein Sparbuch eingezahlt wird. Bei 5 Prozent Zinsen wurde aus den eingezahlten 40’000 Dollar eine nominale Sparsumme von 69’438 Dollar. Abzüglich einer jährlichen Inflationsrate von 2 Prozent bleiben 49’598 Dollar, also ein realer Ertrag von 9’598 Dollar oder 24 Prozent. In den USA bringen Sparguthaben aber nur 0,25 Prozent Zinsen. Der gleiche Haushalt hat dann nach 20 Jahren statt 69’438 Dollar nur 42’168 Dollar nominal angespart. Real bleiben sogar nur 30’120 Dollar. Er hat also Geld verloren.” – bto: Diese Rechnung sieht in Deutschland noch schlechter aus!
  • “Um ein finanzielles Sicherheitspolster aufzubauen, muss sich die Gesamtbevölkerung also riskanter positionieren. Die Börse freuts, aber makroprudenziell (…) ist das kontraproduktiv. Die Finanzkrisen sind denn auch häufiger geworden. Notenbanken stecken in der Klemme. Sie reagieren sofort, wenn sich Kursverluste an den Finanzmärkten abzeichnen. Dort weiss man das, setzt auf die schützende Hand der Geldpolitik und spekuliert munter weiter. Das erhöht die Interventionsbereitschaft der Notenbanken, um das System stabil zu halten.” – bto: Es ist die bekannte Interventionsspirale.
  • “Es sei Zeit, das Ruder herumzuwerfen. Erstens müsse das Fed die neue wirtschaftliche Realität akzeptieren und nicht einer überkommenen Vision von der US-Wirtschaft nachhängen. Zweitens müsse sie die implizite Unterstützung der Börsen beenden und dafür die Prioritäten ihrer Politik glaubhaft kommunizieren: Vollbeschäftigung für alle, Preisstabilität nicht nur für Investoren, sondern für Verbraucher und moderate (nicht möglichst tiefe) Zinsen, die Sparer belohnen und zu einer gesunden Kreditvergabe anreizt. Diese Ziele seien durch das Mandat gedeckt. Das Fed müsse sie nur (re)aktivieren.” – bto: Das klingt nett, nur stellt sich die Frage, wie die Fed das erreichen und vor allem, wie sie mit den Folgen eines solchen Kurswechsels umgehen soll.
  • “Drittens müsse das Fed sein riesiges Wertschriftenportefeuille verringern. Die Notenbankbilanz hat sich seit der letzten Finanzkrise 2008 von knapp 1 Billionen auf über 7 Billionen Dollar aufgebläht. Sie sei in normalen Zeiten so gering wie möglich zu halten. Nur in Krisenphasen dürfe sie ausgeweitet werden und auch dann nur im Interesse der Gesamtwirtschaft, nicht um die Finanzmärkte zu stützen. Das ist keine Utopie. Schon heute legt der Federal Reserve Act, Section 13 (3) fest, dass Hilfen nur in ‘ungewöhnlichen und dringenden’ Fällen gesprochen werden.” – bto: ja und wie?

fuw.ch: “Von wegen zum Wohl von allen”, 26. März 2021