Die 150 Millionen vergessenen Euro-Mitglieder

Am 24. April 2022 geht es in meinem Podcast um die Präsidentenwahl in Frankreich. Ein bei uns wenig beachtetes Thema will ich angesichts dieses Datums aufnehmen: die Tatsache, dass rund 150 Millionen Menschen mehr in der Eurozone sind, als wir allgemein denken. Mit dabei als Gesprächspartner Beat Kappeler.

Zur Einstimmung dieses Beitrags des Deutschlandfunks der die Fakten gut zusammenfasst:

  • Ein Phänomen, das sich in weiten Teilen Afrikas beobachten lässt: Urbane Eliten auf der einen Seite, große Armut an den Stadträndern und in den ländlichen Gebieten auf der anderen. Woher kommt das und warum haben jahrzehntelange Entwicklungshilfe und Milliardenzahlungen den afrikanischen Kontinent nicht aus der Armut holen können? Dafür gibt es unzählige Gründe. Eine der zentralen Ursachen findet sich hier auf dem Markt in Dakar. Auf den Etiketten der Hosen und T-Shirts finden sich gut bekannte Namen und Marken: Zara, H&M, Wrangler und Co. Alles Secondhand.” – bto: Das kann man gut selbst beobachten, wenn man einen Markt in diesen Ländern besucht.
  • “In Westafrika liegen einige der wichtigsten Baumwollanbaugebiete der Welt – eine eigenständige Textilindustrie gibt es allerdings kaum. Nicht einmal zehn Prozent der Baumwolle werden vor Ort verarbeitet. Im Normalfall ist es billiger, gebrauchte Kleidung aus Europa zu importieren, als sie in Westafrika zu produzieren. Wie ist das möglich in einem Teil der Welt, in dem Arbeitskraft kaum etwas kostet?” – bto: Das ist eine sehr gute Frage.
  • “Wer nach den Gründen dafür sucht, wer den Ursprüngen der Armut in den ehemaligen französischen Kolonien Subsahara Afrikas auf den Grund gehen will, stößt schnell auf (…) Das Erbe des Kolonialismus – ein System, von dem französische Konzerne genauso profitieren wie afrikanische Machthaber und ihr Umfeld.” – bto: und damit ist ein Thema für die EU, weil wir da indirekt auch mitmachen.
  • “Wie sehr Frankreich auch nach der Unabhängigkeit seiner ehemaligen Kolonien auf seine alten Privilegien bestand, zeigt ein Brief des damaligen französischen Finanzministers Michel Debré an seinen Amtskollegen aus Gabun vom Juli 1960. Darin schreibt Debré unverblümt: „Wir geben euch die Unabhängigkeit unter der Bedingung, dass sich der Staat nach seiner Unabhängigkeit an die vereinbarten Handelsverträge hält. Das eine geht nicht ohne das andere.“ Bis heute sichert sich Frankreich mit diesen alten Verträgen einen bevorzugten Zugang zu den Ressourcen in den ehemaligen Kolonien.” – bto: Das ist für die Länder nachteilig und hindert an der Entwicklung. Und die EU und auch Deutschland lassen Frankreich gewähren.
  • “Doch es sind nicht nur diese alten Verträge, mit denen sich Frankreich weiterhin wirtschaftliche Vorteile und Einfluss in seinen ehemaligen Kolonien sichert. Das eigentliche Kernstück kolonialer Kontinuität und finanzieller Kontrolle wird allzu leicht übersehen: der Franc CFA; der Franc für die ‘Colonies francaises d’afrique’, die französischen Kolonien Afrikas. Eine Währung, die von acht westafrikanischen Staaten und sechs Staaten Zentralafrikas verwendet wird. Beide Regionen haben ihre eigene Zentralbank, die Währungen sind allerdings beide mit dem gleichen Wechselkurs an den Euro gebunden und insofern austauschbar. Insgesamt nutzen 150 Millionen Menschen den Franc CFA.” – bto: Und damit sind wir beim Krenproblem. Diese Währung ist an den Euro gebunden.
  • “(…) die Westafrikanische Zentralbank verfolgt, durch Verträge mit Frankreich gezwungen, eine Geldpolitik, die die Inflation auf ein Minimum begrenzt. Insofern gibt es wirklich eine gewisse Stabilität, was die Preise angeht. Allerdings blockiert diese erzwungene Stabilität die wirtschaftliche Entwicklung der betreffenden Staaten. Eine eigenständige Geldpolitik ist so unmöglich. Dadurch gibt es zwar eine Stabilität, aber eben eine Stabilität der Armut. Deshalb sagen Ökonomen schon seit Jahren, dass das System reformiert werden muss.“” – bto: Ich denke, durch die Bindung an den Euro wurde es für die Länder noch schwerer als mit dem Franc. Denn Letzterer hat ja regelmäßig abgewertet gegenüber der Mark. Wenn nun der Euro-Süden wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit klagt, wie schlimm muss es dann erst für die Staaten Afrikas sein?
  • “Der Franc CFA stellt ein weltweit einzigartiges System der Kontrolle durch eine fremde Macht dar. Zwar wurden die Wörter hinter dem Akronym nach der Unabhängigkeit geändert, sodass CFA heute in Westafrika für „Communauté Financière d’Afrique“ und in Zentralafrika für „Cooperation Financière en Afrique Central“ steht. Aber bis heute wird keine Währung der Welt so stark fremdbestimmt wie der Franc CFA. Noch immer liegen 50 Prozent der Währungsreserven der insgesamt 14 CFA-Staaten in Frankreich. Das Geld wird in Frankreich hergestellt, und Frankreich hat das alleinige Recht, die Währung auf- oder abzuwerten. In den Zentralbanken West- und Zentralafrikas sitzt jeweils ein französischer Vertreter mit Vetorecht. Ohne Frankreich geht nichts. Devisen, Wechselkurse und Währungsreserven – was auf den ersten Blick dröge klingen mag, erzählt bei genauerem Hinsehen viel über die Ursprünge von Armut, Konflikten und Migration in den ehemaligen französischen Kolonien.” – bto: Das muss man sich wirklich mal verdeutlichen. Es gibt keine autonome Geldpolitik und damit keinen Anpassungsmechanismus bei Ungleichgewichten.
  • “(Es gibt) vor allem drei Probleme mit dem Franc CFA: Erstens seine koloniale Vergangenheit, zweitens seine Unflexibilität durch die feste Bindung an den Euro, und drittens eine massive Überwertung.” – bto: Die Geschichte ist egal, aber die Bindung und vor allem die Überbewertung sind ein tatsächliches Problem.
  • “Abdourahmane Sarr hat zehn Jahre für den Internationalen Währungsfond gearbeitet und war von 2007 bis 2009 Berater des IWF bei der Westafrikanischen Zentralbank. Aus ökonomischer Perspektive gebe es nicht einen einzigen Grund, am Franc CFA in seiner jetzigen Form festzuhalten, so der Wirtschaftswissenschaftler: ‘Alle Ökonomen sind sich einig, dass der CFA reformiert werden muss. Erstens hat kein Land der Welt seine Reserven in einem anderen Land, und zweitens ist der CFA zu stark, weil er fix an den Euro gebunden und damit nicht an die westafrikanische Wirtschaftsleistung angepasst ist.’” – bto: Und damit verfestigen wir die Armut direkt vor unserer Haustüre.
  • “Was eine zu starke Währung für die Bevölkerung bedeutet, das sieht man auf dem Markt in Dakar, wo man europäische Secondhand-Kleidung statt afrikanischer Kleidung findet. Der Wechselkurs wirkt sich wie eine Subvention auf Importe und eine gleichzeitige Steuer auf Exporte aus. Ökonom Ndongo Semba Sylla: ‘Wenn wir uns entwickeln und Arbeitsplätze schaffen wollen, dürfen wir nicht nur Rohmaterial produzieren, sondern müssen in die Verarbeitung investieren. Aber mit dem Franc CFA ist das unmöglich.’” – bto: Genau das ist der Punkt!
  • “Die feste Bindung an den Euro erzeugt nicht nur eine Dynamik, gegen die es fast unmöglich ist, eine florierende Industrie aufzubauen, sie bedeutet auch, dass die CFA-Staaten immer mehr importieren als sie exportieren, sagt der Ökonom: ‘Seit den sechziger Jahren hatten wir nie eine ausgeglichene Auslandshandelsbilanz. Wir sind immer in einem Außenhandelsdefizit. Dadurch sind wir immer in einer Situation, in der wir Schulden machen.’ Und diese Schulden müssen bedient werden. Jedes Jahr müssen die CFA-Staaten so Milliarden nach Europa überweisen. Allein für die Zinsen auf das geliehene Geld.” – bto: und wozu? Damit ein EU-Land, Frankreich, wirtschaftliche Vorteile erzielt. Folge ist unter anderem ein intensiverer Migrationsdruck.
  • “Seit der Einführung des Euro ist der Franc CFA schließlich nicht mehr an den Französischen Franc, sondern an den Euro gekoppelt. Tatsächlich bedeutete diese Umstellung, dass seither jede Euro-Entscheidung, die bei der EZB in Frankfurt gefällt wird, unmittelbar 150 Millionen Afrikaner betrifft, die bei dieser Entscheidung weder berücksichtigt noch beteiligt wurden.” – bto: und die noch weniger mit der deutschen Wirtschaft konkurrieren konnten.
  • “Bei aller berechtigten Kritik hat der Franc CFA also doch auch eine gewisse Attraktivität: Der gemeinsame Wirtschaftsraum, der einfachere Handel mit der Eurozone und die Stabilität der Währung sind schlagkräftige Argumente. Doch es gibt noch einen anderen Grund, warum sich der Franc CFA auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien noch hält. (…) Die Elite profitiert von dem überbewerteten CFA.” – bto: weil sie ein stabiles Geld hat, mit dem sie in Europa einkaufen kann.

Fazit: ein Armutsprogramm zugunsten Frankreichs. Eine Politik, die wir beenden sollten.

deutschlandfunk.de: „Frankreich und der unsichtbare Kolonialismus“, 20. Dezember 2018

Kommentare (31) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. JürgenP
    JürgenP sagte:

    >Im Normalfall ist es billiger, gebrauchte Kleidung aus Europa zu importieren, als sie in Westafrika zu produzieren. Wie ist das möglich in einem Teil der Welt, in dem Arbeitskraft kaum etwas kostet?” – bto: Das ist eine sehr gute Frage.>

    Möglich ist das, wenn nach Hähnchenresteprinzip der europäischen Subventionsunion gehandelt wird. Erst werden in Europa die „guten Stücke“ des geschlachteten Hähnchens verwertet – beispielsweise für die allseits beliebten „SchiggnMecknaggits“. Die für europäische Gaumen „unverwertbaren“ Hähnchenteilte werden per Kühlschiff nach Westafrika zu EU-subventionierten praktisch Null-Kosten transportiert.

    Dort trafen sie vor Jahren auf eine gut funktionierende Landwirtschaft mit regionaler Hähnchenproduktion. Gegen Null-Kosten war diese nicht wirtschaftliche, geschenkt ist besser. Also produziert der gemeine afrikanische Landwirt keine Hähnchen mehr, die regionale Wirtschaft wird zerstört.

    Ähnliche Mechanismen der gut oder schlecht gemeinten „Entwicklungshilfe“ haben häufig solche Schicksale erfahren müssen. Vermutlich auch die kleingewerblich strukturierte Textilproduktion in entlegenen Dörfern, in denen die kunstvollen Gewänder entstanden. Nicht zuletzt deshalb, weil sich einige afrikanische und europäische Stammfürsten die Taschen mit dem Verkauf von geschenkten Hähnchen, Butter, Altkleidern oder ähnlichem europäischen Restmüll vollstopfen konnten.

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    • weico
      weico sagte:

      @JürgenP

      “Nicht zuletzt deshalb, weil sich einige afrikanische und europäische Stammfürsten die Taschen mit dem Verkauf von geschenkten Hähnchen, Butter, Altkleidern oder ähnlichem europäischen Restmüll vollstopfen konnten.”

      …und wenn sich die Länder dagegen wehren die Müllhalde des Westens zu sein, dann kommt schnell die Sanktionskeule der USA oder von den EU-Wertepartnern.

      https://www.welt-sichten.org/artikel/35073/textilwirtschaft-die-ruander-sollen-selber-naehen

      Nebenbei:
      Natürlich helfen die Chinesen sehr gerne, beim Aufbau einer Textilwirtschaft.

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  2. Alexander
    Alexander sagte:

    @ CFA – Kritik gemäß wiki, Zitat:

    Das CFA-System der Währungsreserven wird in Afrika massiv kritisiert. So forderte der Präsident von Senegal, Abdoulaye Wade, eine Rückgabe der bei der Banque de France liegenden Währungsreserven an die CFA-Staaten.

    Kritiker werfen dem CFA-System vor, es habe 50 Jahre lang Generationen französischer Unternehmer und Politiker, den Messieurs Afrique und deren afrikanischen Juniorpartnern, zum eigenen Nutzen gedient, auf Kosten des französischen Steuerzahlers sowie der Armen in den afrikanischen Ländern. Es sei ein Selbstbedienungsladen der Elite. Französische Unternehmer hätten in Afrika doppelt so hohe Gewinnmargen wie in ihrem Mutterland. Die Preise für französische Importe im subsaharischen Afrika – durchgesetzt mittels Lieferbindungen und politischer Patronage – hätten lange Zeit 30 % über den Weltmarktpreisen für vergleichbare Güter und Dienstleistungen gelegen..

    Seit Beginn gab es nur eine Abwertung des Franc CFA zum Franc, allerdings gleich um 50 Prozent: am 1. Januar 1994 wurde der Wechselkurs Franc zu Franc CFA von 1:50 auf 1:100 geändert. Mit Einführung des Euro musste dieses monetäre Netzwerk lediglich auf den Euro umgestellt werden. Seitdem gilt: der Wechselkurs Euro zu Franc CFA ist 1:655,957.

    Zitat Ende.

    Sich aus dem Pariser Korsett zu befreien setzt einen demokratischen Machtwechsel voraus, der von der Fremdenlegion im Auftrag afrikanischer Machthaber kaum erlaubt werden würde. Kriege ohne Unterstützung von außen (USA, GB, BRD, Russia etc.) von vornherein zum Scheitern bestimmt….

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Im Normalfall ist es billiger, gebrauchte Kleidung aus Europa zu importieren, als sie in Westafrika zu produzieren. Wie ist das möglich in einem Teil der Welt, in dem Arbeitskraft kaum etwas kostet?” – bto: Das ist eine sehr gute Frage.>

    Das ist sie.

    Aber auch eine mit einer einfachen Antwort:

    Der Wert eines Produktionsstandorts bemisst sich NICHT anhand SEINER natürlichen Ressourcen, seien es Arbeitskräfte, Bodenschätze oder Naturprodukte, sondern aus einem FAKTOR-MIX, zu dem u. a. auch gehören:

    Investitionssicherheit, Größe (wegen Skaleneffekten), Nachhaltigkeit (bei Bodenschätzen der Rendite wegen u. a.).

    Und das Ergebnis muss der Bewertung nach im INTERNATIONALEN Wettbewerb bestehen können.

    Ich habe keine Ahnung von der Textilindustrie, glaube aber, dass diejenigen, die Ahnung von ihr haben, auf GUTE Gründe verweisen können, warum sie bei den gegebenen Umständen in Westafrika KEINE Textilproduktion errichten wollen.

    Insoweit relevant, ist richtig:

    >bto: Die Geschichte ist egal>

    Die Gründe im „Erbe des Kolonialismus“ zu suchen, kann man tun und es ist auch richtig, es zu tun.

    Denn die POLITISCHEN Zustände mit korrupten Machtcliquen an der Spitze, SIND u. a. ein Erbe des Kolonialismus.

    Das hier beschriebene Währungssystem CFA – danke, war mir nicht bekannt – gehört wie dargestellt auch dazu.

    >Der Wechselkurs wirkt sich wie eine Subvention auf Importe und eine gleichzeitige Steuer auf Exporte aus. Ökonom Ndongo Semba Sylla: ‘Wenn wir uns entwickeln und Arbeitsplätze schaffen wollen, dürfen wir nicht nur Rohmaterial produzieren, sondern müssen in die Verarbeitung investieren.>

    Das ist zwar richtig.

    >Aber mit dem Franc CFA ist das unmöglich.’”
    bto: Genau das ist der Punkt!>

    DIESE Begründung verstehe ich nicht.

    Ich verstehen zudem nicht, warum „WIR“, also die Afrikaner investieren müssen, um zu Wohlstand zu gelangen. In China z. B. investieren bis heute nicht nur die Chinesen.

    Abgesehen davon ist meine Gegenrede zu „Genau das ist der Punkt“:

    Wenn die Importe durch die Währung SUBVENTIONIERT werden, dann werden auch importierte INVESTITIONSGÜTER subventioniert.

    Denn eine WÄHRUNG diskriminiert NICHT nach ART der Importe, so wie es z. B. Zölle tun.

    Wenn das Vorgetragene GENAU der Punkt ist, dann bitte ich um Erläuterung, warum meine Entgegnung dazu genau NICHT der Punkt ist, obwohl bereits QUALIFIZIEREND nachgeschoben wird:

    >“Die feste Bindung an den Euro erzeugt nicht nur eine Dynamik, gegen die es fast unmöglich ist, eine florierende Industrie aufzubauen,…>

    Fast unmöglich, aber auch nicht ganz unmöglich:

    Es muss daher m. A. n. AUCH andere Gründe geben, warum keine Industrien aufgebaut werden.

    Möglicherweise:

    Ein „postkolonialistisches Trauma“, demzufolge man sich quasi wie Münchhausen selbst aus dem Sumpf ziehen müsse.

    >Fazit: ein Armutsprogramm zugunsten Frankreichs. Eine Politik, die wir beenden sollten.>

    Mein Fazit:

    Ja, AUCH ein Armutsprogramm zugunsten Frankreichs, wenn auch verständlich ist, warum es eines ist.

    Aber:

    Eine Politik, die nicht wir, sondern die AFRIKANER beenden sollten durch die Reorganisation ihrer politischen Systeme UND gegebenenfalls durch Wahl vorrangig anderer Handelspartner, etwa der Chinesen.

    Es ist für Afrikaner ERREICHBAR.

    Ich denke an Ruanda.

    Dieses Land hat sich nicht nur den Kolonialstatus hinter sich lassen können (sicher auch aufgrund günstiger Umstände), sondern den furchtbaren Völkermord mit 800.000 getöteten Tutsis überwinden und danach zu einem heute ca. 8% betragenen Wirtschaftswachstum finden können.
    Es ist eine autoritär geführte Entwicklungs- und Erziehungsdiktatur mit einer hohen Teilhabe von Frauen. Die öffentlichen Bildungsausgaben betrugen 4,1% des BIP (2008). Die Fertilitätsrate ist von 8,5 Kindern pro Frau (in den 80er Jahren) auf 4 Kinder zurückgegangen. Die Lebenserwartung liegt bei über 70 Jahren.

    Ich habe nichts zu empfehlen, sondern sage lediglich:

    WIR müssen nicht immer alles tun.

    Allerdings müssen wir LOSLASSEN – und dies auch dann, wenn es uns etwas kostet.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      “Wenn die Importe durch die Währung SUBVENTIONIERT werden, dann werden auch importierte INVESTITIONSGÜTER subventioniert.”

      Ja, sicher. Aber welche wirtschaftliche Entwicklungsstrategie wollen Sie daraus ableiten?

      Einen hochproduktiven Industriesektor dort aufbauen, wo es noch nicht einmal nennenswert global wettbewerbsfähige Landwirtschaft oder simple industrielle Rohstoff-Weiterverarbeitung gibt?? Das ist nahezu aussichtslos.

      “Eine Politik, die nicht wir, sondern die AFRIKANER beenden sollten durch die Reorganisation ihrer politischen Systeme UND gegebenenfalls durch Wahl vorrangig anderer Handelspartner, etwa der Chinesen.”

      Dazu scheint mir eher die Wahl anderer *SICHERHEITSPARTNER* eine notwendige Vorbedingung zu sein. Wie kommen Sie auf die Idee, dass Frankreich die Abwendung seiner Währungs-Klientenstaaten widerstandslos hinnehmen würde?

      Nur als Beispiel für die Instabilität in der Region: In Mali, einem der CFA-Franc-Staaten, gab es alleine in den letzten 10 Jahren schon 3 Militärputsche. Mit ein paar Waffenlieferungen und ein wenig Schmiergeld kann man als reicher europäischer Staat in so einem unruhigen Land immer sicherstellen, dass die eigenen wirtschaftlichen Interessen angemessen berücksichtigt werden -und zwar auch gegen die Interessen der Mehrheit der lokalen Bevölkerung- und das oft sogar ohne offene Militärintervention wie sie damals in Libyen nötig war.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        >Aber welche wirtschaftliche Entwicklungsstrategie wollen Sie daraus ableiten?>

        Keine.

        Ich bin nicht befähigt, eine wirtschaftliche Entwicklungsstrategie für ein Land abzuleiten, das ich NICHT kenne.

        Mich interessiert die Argumentation, die hier vorgetragen wird.

        >Wie kommen Sie auf die Idee, dass Frankreich die Abwendung seiner Währungs-Klientenstaaten widerstandslos hinnehmen würde?>

        Ich komme nicht auf diese Idee, wenn Sie mal bitte GENAU lesen wollen.

        Ich habe LEDIGLICH gesagt, dass die Afrikaner sich SELBST abwenden müssten UND wir – in dem Fall die Franzosen – loslassen müssen.

        Das wäre aus meiner Sicht ein BEIDERSEITIG konstruktives Vorgehen.

        Ob einer oder beide dazu bereit sind oder nicht, kann ich nicht beurteilen.

    • Renée Menéndez
      Renée Menéndez sagte:

      Hallo Herr Tischer,

      das mit dem “loslassen” ist so eine Sache, die in Frankreich nicht goutiert werden wird. Das beschränkt auch die Möglichkeiten der Afrikaner sich von diesen Bindungen zu lösen. Es sei denn, man hat andere Sicherheitspartner – sehr zum Ärger der (noch) Kolonialmächte. Denn die Auswirkungen dieser Ära reichen bis in die Gegenwart und sind genau betrachtet ziemlich häßlich.

      Auch wenn in diesem Artikel offenbar Strom- und Bestandsgrößen durcheinandergehen (kommt ja auch bei “führenden” Ökonomen vor) sind die Verhältnisse in den CFA-Kolonien nicht gerade das, was man unter Partnerschaft versteht:

      http://www.vineyardsaker.de/2016/10/30/steuern-fuer-die-wohltaten-der-sklaverei/

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Renée Menéndez

        Ich will nichts beschönigen, glaube aber auch nicht, dass JEDER Satz in dem verlinkten Text glaubhaft ist, wenn die hypothetische Bedingung wie in diesem erfüllt wäre:

        >Afrikanische Staatsmänner würden im Interesse ihrer Völker arbeiten, wenn sie nicht ständig von den kolonialen Ländern bedroht und eingeschüchtert würden.>

        Ich schließe dies nicht grundsätzlich aus, glaube aber, dass dies nur nach einem – bestenfalls – längeren politischen Adaptionsprozess möglich ist.

        So viel noch dazu:

        Was in früheren Jahrzehnten, 1950er, 1960er Jahren, möglich war für die Kolonialmacht Frankreich, ist heute sicher nicht mehr so realisierbar.

        Damit will ich nicht sagen, dass es problemlos ist, sich von Frankreich zu lösen, aber möglicherweise etwas leichter.

        Gut möglich aber auch, dass Frankreich aggressiv „ausschlägt“, wenn die Bevölkerung merkt, dass sie endgültig „keine Geschichte“ mehr hat und Deutschland die Transfers bzw. EU-Verschuldung nicht hinreichend steigen lässt.

        Ich hatte China als „Retter“ ins Spiel gebracht.

        Das ist fürs Loskommen von Frankreich auf Sicht eine Option, glaube ich schon.

        Aber es ist auch eine mit deren Wahrnehmung, diese Länder auch vorm Regen in die Traufe gelangen könnten.

        Vielleicht hat Dr. Stelter daher doch recht, wenn er vorschlägt:

        >Eine Politik, die wir beenden sollten.>

        Denn der von Ihnen verlinkte Text liefert ihm die Begründung dafür:

        >„Die monetäre Politik, die eine so verschiedenartige Ansammlung von Ländern steuert, ist unkompliziert, weil sie tatsächlich durch das französische Finanzministerium geleitet wird, ohne Bezug auf die zentralen Fiskalbehörden irgendeines Landes der westafrikanischen Wirtschaftsunion (WAEMU) oder der zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEMAC).>

        Wenn dies RICHTIG sein sollte, dann ist es doch geradezu ZWINGEND:

        WIR arbeiten mit Frankreich und anderen Ländern auf die „VERTIEFUNG“ der EU zu einer FISKALUNION hin.

        Ist diese erreicht, dann sollte es unkompliziert sein, die betroffenen afrikanischen Länder durch das Brüsseler Finanzministerium aus der Finanzknechtschaft hinauszugeleiten.

        Ich weiß nicht, wie Dr. Stelter darüber denkt.

        Ich habe aber so eine Ahnung, dass ihm diese Logik nicht sonderlich gefällt. 😊

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “WIR arbeiten mit Frankreich und anderen Ländern auf die „VERTIEFUNG“ der EU zu einer FISKALUNION hin. Ist diese erreicht, dann sollte es unkompliziert sein, die betroffenen afrikanischen Länder durch das Brüsseler Finanzministerium aus der Finanzknechtschaft hinauszugeleiten.”

        Ein typisch deutscher Denkfehler, basierend auf der typisch deutschen Sehnsucht nach der Aufgabe eigener nationaler Souveränität, die andere EU-Staaten nicht teilen.

        Einer Fiskalunion würde Frankreich selbstverständlich nur dann zustimmen, wenn die Prokura über die afrikanischen Klientenstaaten auch dann weiterhin ausschließlich beim französischen Finanzministerium liegt.

        Hat sich UK etwa bei seinen Commonwealth-Angelegenheiten hineinreden lassen als es noch EU-Mitglied war? Nein? Na da sehen Sie es.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Es ist einfach nur NERVIG, was Sie entgegnen.

        Der Wunsch von Dr. Stelter ist:

        >Eine Politik, die wir beenden sollten.>

        Das „Wir sollten beenden“ heißt im Rahmen denkbarer Optionen für ein „Wir“, das nicht Deutschland sein kann, INSTITUTIONALISIERT:

        Es GIBT die EU als Fiskalunion und irgendwann einen Finanzminister, der eingesetzt wurde, weil MEHRHEITLICH von den EU-Staaten gewollt wird, dass die französische Politik gegenüber den afrikanischen Staaten zu BEENDEN ist – also das bewirkt, was „wir sollten“.

        Das IST die LOGISCHE Konsequenz der Realisierung des Politik-Wunsches von Dr. Stelter.

        Können Sie das kapieren?

        KAPIEREN?

        Wenn Sie das wirklich schaffen, dann merken Sie vielleicht auch, was für ein KÄSE ihre Entgegnung ist:

        >Einer Fiskalunion würde Frankreich selbstverständlich nur dann zustimmen, wenn die Prokura über die afrikanischen Klientenstaaten auch dann weiterhin ausschließlich beim französischen Finanzministerium liegt.>

        Denn wenn dies FAKTISCH richtig sein sollte – was ja durchaus sein kann -, dann gibt es KEINE Fiskalunion und kann es demzufolge auch KEINEN Finanzminister geben, der das mehrheitliche „Wir sollten“ realisiert.

        Punkt.

        Sie denken NICHT über das nach, was Sie hier sagen.

        DENN es gibt der ARGUMENTATION nach NUR eine Fiskalunion, die das „Wir sollten beenden“ ermöglicht

        ODER

        es gibt sie NICHT.

        Wenn es sie gibt, ist es die LÖSUNG für das “wir sollten”.

        Wenn es sie nicht gibt, gibt es auch KEIN “wir sollten”.

        ENDE.

        Fürs KAPIEREN füge ich speziell für Sie hinzu:

        Ein „nur dann zustimmen, wenn …“ Frankreichs hat argumentativ den Wert eines Sacks Reis, der irgendwo in China umfällt und dort bewirkt, was ein Sack Reis in China bewirken kann, und NICHTS, aber auch GARNICHTS mit der Realisierungsoption von „Wir sollten beenden“ zu tun hat.

        Ihre Entgegnung ist einfach nur UNSINNIG für die Diskussion.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        Ich verstehe Ihren Frust darüber, dass die Welt nicht so ist, wie Sie sich wünschen, aber lassen Sie das nicht an demjenigen aus, der Ihnen das zu erklären versucht. Sie schreiben:

        “Das „Wir sollten beenden“ heißt im Rahmen denkbarer Optionen für ein „Wir“, das nicht Deutschland sein kann, INSTITUTIONALISIERT: Es GIBT die EU als Fiskalunion und irgendwann einen Finanzminister, der eingesetzt wurde, weil MEHRHEITLICH von den EU-Staaten gewollt wird, dass die französische Politik gegenüber den afrikanischen Staaten zu BEENDEN ist – also das bewirkt, was ‘wir sollten’.”

        Und ich habe Ihnen erklärt, dass es eben keine “denkbare Option” ist, dass sich Frankreich auf diese Art seinen Einfluss auf Afrika wegnehmen lässt, so wie auch die andere große ehemalige Kolonialmacht UK nie die EU in die Angelegenheiten seiner Ex-Kolonien, auf die es mit dem Commonwealth durchaus noch einen gewissen Einfluss hat, hineinreden ließ.

        Können Sie das kapieren?

  4. PhilSt
    PhilSt sagte:

    Die Information aus dem Artikel der letzten Tage, das fast jeder fünfter in Frankreich Beamter ist und man auch sich noch eine menschenwürdige Rente in Frankreich leistet, führt zur Frage wer das alles bezahlt.
    Und genau da kommt Frankreichs Geopolitische Rolle in Afrika zum Tragen.
    Ja auch die deutsche Bevölkerung zahlt das mit, aber halt auch eben jene Bevölkerungen in Afrika.

    Antworten
  5. Carsten Pabst
    Carsten Pabst sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,
    sie schreiben:
    “In Westafrika liegen einige der wichtigsten Baumwollanbaugebiete der Welt – eine eigenständige Textilindustrie gibt es allerdings kaum. Nicht einmal zehn Prozent der Baumwolle werden vor Ort verarbeitet. Im Normalfall ist es billiger, gebrauchte Kleidung aus Europa zu importieren, als sie in Westafrika zu produzieren. Wie ist das möglich in einem Teil der Welt, in dem Arbeitskraft kaum etwas kostet?” – bto: Das ist eine sehr gute Frage.

    Na die Antwort ist oftmals auch recht banal. Weil die Maschinen nicht funktionieren. Was nutzt mir die billige Arbeitskraft, wenn die Maschinen nicht laufen?
    Ein Beispiel: Bei meinem ersten Einsatz in Lusaka leitete ich einen Workshop im Betonbau. Im dortigen Ausbildungszentrum gibt es verschiedene Maschinen, bereitgestellt durch die United Nations im Zuge des ILO Development Programms. Maschinen aus der Zeit von 1963, damals Zambia noch Nord Rhodesien.
    Tischkreissägen, Bandsägen, Abrichthobelmaschinen, Ständerbohrmaschinen….
    Fast keine benutzbar. Aber generell sehr gute Maschinen. Bäuerle, Wadkin Bursgreen…
    Strom war vorhanden (sporadisch, gute Übung für die Heimat😉), nur leider fehlten oftmals die Schalter an den Maschinen, Schalterabdeckungen, Sicherheitseinrichtungen.
    An meiner Tischkreissäge fehlten der Winkelanschlag/Gehrungsanschlag (sogar noch einen passenden bei Amazon gefunden!! und mitgenommen nach Sambia!), der Spaltkeil war nicht vorhanden, Schutzhaube gab es keine.
    Gut, der Europäer hat die Uhren, der Afrikaner die Zeit. Aber wir haben dann doch relativ flott die Maschine wieder geflickt (Schutzhaube hatte ich auch mitgebracht) und konnten unseren Schalungskurs abhalten. Hat unheimlich viel Freude gemacht, mit den jungen Menschen damals zu arbeiten, Potential vorhanden.
    Wir haben einen Betongrill geschalt und betoniert. Einfach klasse Jungs und Mädels dort! Hat sehr viel Freude gemacht.
    Kaum zuhause, Bilder von meinem Freund Vorort bekommen: Die Maschine hatte wieder ihren ursprünglichen Stand erhalten. Spaltkeil abmontiert, Schutzhaube fehlte, Winkelanschlag fand man wohl auf einem lusakischen Markt.
    Somit war die Maschine nur noch bedingt einsatzfähig. Gelaufen ist sie ja noch, nur genaues und sicheres Arbeiten kann man dann vergessen. Und schell und effektiv ist man auch nicht.
    Das zeigt evtl. auf, welch oftmals kleine Zahnräder auch einen Kontinent nach hinten werfen. Afrika ist natürlich ein sehr vielschichtiger Kontinent. In allen Bereichen. Ich kann nur Eindrücke weitergeben.
    Aber am Ende noch eine kleine Anekdote, die aufzeigt, wo der Schuh in meinen Augen am meisten drückt.
    Ich war damals im September 2017 das erstemal in Lusaka. Am 24. September 2017 waren die Bundestagswahlen, wir waren eingeladen in der Deutschen Botschaft dem Wahlausgang zu lauschen.
    Ich kam ins Gespräch mit dem damaligen Minister of Foreign Affairs. Bei dem kurzen Geplauder kamen wir auch auf den Grund meines Besuches zu sprechen. Ich zeigte ein paar Bilder vom Betongrill und dem Workshop.
    Antwort des Ministers: Ich solle ihm auch so einen bauen. Bierernst.
    Noch Fragen?
    Das ist in meinen Augen das Hauptübel in Afrika. Seine Eliten, die in fast allen Ländern dieses Kontinents ihre eigene Bevölkerung auspressen und dermaßen korrupt sind, nur ihr Eigenwohl kennen und nur dann ausbluten, wenn Entwicklungshilfe nur als Hilfe zur Selbsthilfe praktiziert wird.

    Zum Schluß noch ein paar Bilder, um sich einen kleinen Eindruck von der Werkstatt und den Maschinen zu machen (Man beachte die selbst gewickelten Schweißgeräte). Dort habe ich ein paar Bilder hinterlegt:

    https://www.facebook.com/profile.php?id=100008433366340

    Freundliche Grüße

    Carsten Pabst

    Antworten
    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      Ihre Erzählungen sind immer eine erfrischende Abwechslung :)

      >[…] nur leider fehlten oftmals die Schalter an den Maschinen, Schalterabdeckungen, Sicherheitseinrichtungen.

      Vielleicht so zusammengefasst…

      Wenn man das Know-How zur Reparatur und Nutzung nicht hat, hat man ein Problem.

      Wenn man die Ersatzteile für Maschinen nicht selber produziert und keine Kaufkraft hat, um diese zu erwerben, hat man ein noch größeres Problem.

      Und wenn das Wertesystem derart ist, dass man eine Maschine lieber auseinander montiert, um kurz Gewinn mit Teilen zu machen statt langfristig damit Werte zu schaffen, sind die zwei vorherigen Punkte nur akademisch.

      Nicht, dass Sie die Teile, die Sie noch auftreiben konnten und mitgenommen hatten zur Reparatur, auch jetzt wieder auftreiben könnten, weil sie wieder nach Europa verkauft werden? Das wäre eine interessante Art um zusätzliche Jobs zu schaffen ;)

      Machen Sie das denn schon lange und können eine Änderung in der Mentalität feststellen? Ich bild mir zum Beispiel ein, dass ich in den letzten sagen wir 20 Jahren eine Veränderung der jungen Leute hier feststelle. Ich würde nicht mal sagen, dass sie im Mittel weniger fleißig sind, aber mehr Arbeit nach Schablone und genauer Anweisung von oben vielleicht? Prio ist eher: Keine Fehler machen. Ist halt mein diffuser Eindruck, der allerdings von anderen durchaus zurückgespiegelt wird. Vielleicht nehmen Sie ja auch (schon) Änderungen in den bereisten Ländern wahr?

      Antworten
      • PhilSt
        PhilSt sagte:

        Was meinen Sie wieviel in Deutschland in den Betrieben geklaut und beschissen wird. Der Unterschied ist halt hier: man hat das Geld und die Märkte um das nach zukaufen.
        Aktuell werden gerne Steuerungen geklaut, sind mangelware und die Preise steigen gerade. Da hat man mit ein paar klebrigen Fingern ganz schnell sein Monatsgehalt verdoppelt oder verdreifacht.
        Ähnlich wenn man dort einfach ein paar Anschläge & Co. mitgehen lässt.

      • Carsten Pabst
        Carsten Pabst sagte:

        Hallo Thomas M,
        um Veränderungen wahr nehmen zu können, muss man wohl Vorort arbeiten und wohnen. Das kann ich generell schlecht beurteilen. Was ich aber immer wieder bei meinen Besuchen feststelle ist Wissbegierigkeit. Mag zwar altbacken klingen, aber die jungen Menschen dort saugen alles förmlich auf und sind unheimlich dankbar dafür. Wenn sie in einem System nach dem Motto „Haben wir immer schon so gemacht“ aufwachsen, sind sie für neue Impulse dankbar. Und das sind die Mädels und Jungs Vorort. Teilweise sehr gut im Kopfrechnen lernen sie auch unheimlich schnell mit den Augen. Mit den Augen klauen sagen wir salopp auf dem Bau.
        Wenn Ihnen aber niemand die richtigen Ausführungen, Kniffe und Tricks auf der Baustelle zeigt, wird es halt schwierig. Da nutzt auch die Manpower nicht viel. Ein Beispiel: Betonage einer Bodenplatte ca. 10 auf 15 m für ein Haus. Der Pumpenfahrer ein Kinese, ansonsten ca. 25 Personen Vorort. Normalerweise reichen 2-3 Leute um den Beton einzubauen, verdichten und abzuziehen. Das A und O ist das Einbringen auf Höhe und anschließende Abziehen mit Betondatsche von einer Person.
        Problem Nummer 1: Einbringen auf Höhe ohne Laser oder Nivelliergerät. Aber machbar
        Problem Nummer 2: Sie glauben gar nicht, welche lange Latten die dort zusammenzimmern und dann mit Unmengen an Personen kreuz und quer abziehen.
        Man kann dann den Leuten relativ schnell mit einer selbst zusammengenagelten Abziehdatsche zeigen, dass man allein schneller und unangestrengter den Beton abziehen kann und er nachher liegt wie eine Eins. Nur muss man es zeigen und vormachen. Dann klappt das evtl. auch in Zukunft, die Jungs sind schon clever und sehr gut im Improvisieren.
        Natürlich gibt es auch viele, die in den alten Trott zurückfallen. Das merke ich oft im Mauerwerksbau.
        Da verfallen viele gerne ins Althergebrachte und verweigern sich neuen Techniken.
        Aber es gibt diese cleveren Typen, die nachher das Erlernte an den Baustellen anwenden und sich somit einen Marktvorteil auf lusakischen Baustellen erarbeiten. Sehe ich immer wieder auf Facebook, da dort die Jungs ihre Baustellenbilder posten und die erlernte Technik in Effizienz umwandeln. Ich höre es schon (nicht von Ihnen😉):
        Oh Gott, jetzt muss der arme Afrikaner auch noch effizient sein.
        Nein, muss er nicht. Kann auch gerne im Schatten unter dem Baum sitzen. In dieser Disziplin ist er Perfektionist.
        Es liegt mir generell fern, dem Afrikaner zu sagen, was er zu tun und zu lassen hat.
        Ich für meinen Teil gebe mein Wissen gerne weiter, es macht mir Freude dort zu arbeiten. Es sind tolle Menschen dort.

        Eine andere Veränderung ist sehr wohl warnehmbar:
        Die Infrastruktur ist mittlerweile bedeutend besser, aber wahrscheinlich gehört das Cooperbelt inzwischen den Asiaten?! Denn die erwarten Gegenleistung. Wie böse!
        Und wenn sie ihr Auto aus der Zeit der Abwrackprämie vermissen sollten: Dort wird Ihnen geholfen😎!

        Und eins wird mir immer besonders klar in Sambia. Mit Gutmenschentum kommen wir in Afrika nicht weit. Das ist knallhartes Geschäft um Rohstoffe dort. Der Inder und die Kinesen, clever wie sie sind, haben das schon lange begriffen. Und die Eliten in Sambia auch, die machen gerne gute Geschäfte. Vielleicht wird es unter dem neuen Präsidenten anders. Es wäre zu hoffen.
        Darauf wetten würde ich aufgrund der Erfahrungen in vielen Staaten Afrikas aber auch nicht. Aber auch kein Geld als Privatperson planlos zu irgendwelchen Organisationen überweisen. Besonders wenn auf dem Projekt NACHHALTIG steht. Denn dann bringen dort viele nachhaltig ihre Schäfchen ins Trockene.

        Ein schönes und nachhaltiges Projekt finden Sie hier. Können Sie auch nichts spenden. Immer gut:
        https://www.fgcats.com/

        Freundliche Grüße
        Carsten Pabst

      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Hallo Hr. Pabst,

        Danke für die ausführliche Antwort. Ich speichere sie zusammen mit den anderen gerade mal zwei Erster-Hand-Berichten zum afrikanischen Kontinent ab!

        Wer hätte gedacht, dass ein zusammengezimmertes Hand-Werkzeug mit Anwendungsvorführung 90% arbeitslos macht – oder positiv gesehen: den 90% Zeit für anderes gibt. Ja, die böse Effizienz – den Luxus, sie nicht zu suchen, muss man sich erstmal leisten können!

        Aber im Prinzip auch nicht anders als hier. Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig Drive bei vielen vorhanden ist, die eigene Arbeit zu optimieren. Ein Kumpel hat mir das aber mal erklärt: Guck mal, ich krieg doch ein festes Gehalt. Wenn ich jetzt effizienter arbeite, geb ich mehr Arbeitsleistung für’s gleiche Geld, bekomme also weniger Geld für meine geleistete Arbeit.

        Wäre ich nie drauf gekommen 😅

        Man kann den Abguckern nur wünschen, dass sie prosperieren!

        >Und wenn sie ihr Auto aus der Zeit der Abwrackprämie vermissen sollten: Dort wird Ihnen geholfen😎!

        Ich war immer zu kniepig und/oder nicht finanzkräftig genug für Neuwagen, aber jetzt könnte es tatsächlich mal soweit sein – zumal der TÜV-Bericht beim letzten Mal schon in Richtung Karosserie und Motordichtung ging… Muss mal gucken, wie der Abstand finanzierter Neuwagenpreis mit der tollen Öko-Förderung zum Gebrauchtwagenpreis ist. Letztere sind anscheinend noch eher rar und relativ teuer bei Plug-In-Hybrid (plötzliches Interesse meinerseits seit Anfang März…) Muss ja mal mein Wissen zu Inflation und Steuer-Umverteilung auch praktisch umsetzen – und für Afrika gibt’s nen zuverlässigen Toyota 😉

  6. Alexander
    Alexander sagte:

    Bisher geschah die Ausbeutung über die https://de.wikipedia.org/wiki/CFA-Franc-Zone#CFA-Franc durch alleinig willkürliche Festsetzung des Wechselkurses von der banc de france.
    Besichert mit Friedens- und Sicherheitsmissionen der Fremdenlegion in Zentralafrika.

    Mali lud nicht nur die Franzosen aus sondern auch gleich die Bundeswehr mit – Ersatz durch die Gruppe Wagner aus Putinland zur Bekämpfung revolutionärer (Freiheitskämpfer) Islamisten…

    Welche Wirkung das Nachfolgeproudkt des CFA Franc haben wird, muss sich erst zeigen
    swp-berlin.org/publikation/der-franc-cfa-in-westafrika-ist-abgeschafft-was-bedeutet-die-waehrungsumstellung-fuer-die-region

    Dass Afrika nicht gut auf Europa zu sprechen ist wundert nur volldemokratisierte Wirklichkeitsleugner….

    Antworten
    • weico
      weico sagte:

      @Alexander

      “Dass Afrika nicht gut auf Europa zu sprechen ist wundert nur volldemokratisierte Wirklichkeitsleugner….”

      ..noch schlechter sprechen die Afrikaner nur von den USA.

      Ausser Afrika mit Waffen zu beliefern, Dauerkonflikte anzuzetteln und dann anschliessend, bei “genehmer” Regierung, wieder zu “befrieden”…kommt von den Amis praktisch NICHTS.

      Das normale Bild von “US-Hilfe” sieht etwa so aus… :
      https://twitter.com/longshortgamma/status/1517146589004910596/photo/1

      Antworten
  7. weico
    weico sagte:

    @bto Aus dem deutschlandfunk-Link treffen von Hr. Koulibaly erwähnt:

    “Ex-Finanzminister Koulibaly ist überzeugt: „Solange Europa die Politik Frankreichs in der CFA-Zone mitträgt, wird Europa auch die Folgen dieser Politik mittragen müssen. Solange werden Sie mit Massenmigration aus den frankophonen Teilen Afrikas leben müssen.”

    Da Europa ja an Demografie “kränkelt”, wird Europa die Migranten sicherlich begeistert empfangen. Oder..?

    Bei der jetzigen Ukrainekrise sind ja Milliardenbeträge ,als Hilfsgelder, in aller EU-Munde. Ob da für etwas stärker pigmentierte Menschen ebenfalls noch ein paar Euros abfallen werden….?

    https://www.merkur.de/wirtschaft/ukraine-krieg-news-russland-folgen-hungersnot-weizen-fao-experte-schlimmer-als-sudan-somalia-zr-91490399.html

    Antworten
  8. Gnomae
    Gnomae sagte:

    Der Artikel blendet aus, dass sich die Bevölkerung Afrikas seit 1950 fast verfünffacht hat und die afrikanischen Staaten offensichtlich nicht fähig oder willens sind, ihre riesige Landmasse zu nutzen.

    Konsequent kann Afrika nur geholfen werden, wenn sämtliche Hilfen eingestellt werden.

    Es kann nicht sein, dass sich eine Oberschicht an europäischem Geld bereichert.

    Antworten
    • PhilSt
      PhilSt sagte:

      Sie schreiben das so, als ob es ungewollt wäre das die Europäer afrikanische Autokraten finanzieren.
      Das ist der Ziel von “Entwicklungshilfe”. Jeder € der reingestckt wird kommt auch wieder raus.
      Das Bevölkerungswachstum ist immens. Gründe dafür gibt es viele, das Problem sollte man aber nicht zu seinem eignen machen. Gesellschaften müssen selbst erlernen welche Lösungen es dazu gibt.
      Ob da der autroitäre Ansatz Chinas die beste Lösung war, ist für mich fraglich.
      Weil es auch dort zu gesellschaftlichen Kollateralschäden führt. Wo man auch noch nicht weiß ob das Problem sich nochmal verschärft.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @PhilSt

        “Ob da der autroitäre Ansatz Chinas die beste Lösung war, ist für mich fraglich.”

        Naja, der autoritäre Ansatz hat auch Vorteile, so ehrlich muss man schon sein. Leute, die wie weiter oben beschrieben Maschinenteile aus der Lehrwerkstatt klauen, können in einem autoritären System deutlich effektiver verfolgt und bestraft werden, das allein schreckt vermutlich die sonst allgegenwärtigen Kleinkriminellen schon ab und erlaubt “effektive” Korruption nur noch mit dem Segen der zentralen Führung.

  9. Joerg
    Joerg sagte:

    @Herr Stelter
    Vielen Dank, wusst ich noch nicht!

    aber zu “Eine Politik, die wir beenden sollten.”

    Wer ist “wir” und wie kann man eine “frz. Politik” beenden?

    LG Joerg

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Joerg

      “Wer ist ‘wir’ und wie kann man eine ‘frz. Politik’ beenden?”

      “Wir in Deutschland” könnten zum Beispiel dadurch Druck auf Frankreich aufbauen, indem wir kein Geld mehr an den französischen Staat schicken, wenn der mal wieder um welches bettelt oder neue vergemeinschaftete Schuldeninstrumente schaffen will …

      Wenn “wir” richtig knallhart in den Konflikt einsteigen wöllten, könnten wir auch den ganz großen Werkzeugkasten der Cancel Culture rausholen und französische Konzerne, Produkte und Künstler in Deutschland boykottieren, französische Sportler nicht mehr bei Sportveranstaltungen in Deutschland antreten lassen, flankiert von einer internationalen Kampagne mit der Forderung, dass uns möglichst viele Länder in diesem Kurs gleich tun, und so weiter. Eine Blaupause, wie das geht und was alles geht, sehen Sie ja gerade im Konflikt mit Russland. ;)

      Antworten
      • weico
        weico sagte:

        @Richard Ott

        “Wir in Deutschland” könnten zum Beispiel dadurch Druck auf Frankreich aufbauen, indem wir kein Geld mehr an den französischen Staat schicken, wenn der mal wieder um welches bettelt oder neue vergemeinschaftete Schuldeninstrumente schaffen will …”

        …oder wie der Kanzler OLAF SCHOLZ , auf “twitter” , einen der Präsidenten-Kandidaten verunglimpfen….und dabei das Wertesprüchlein von “Freiheit und Demokratie” runterbeten.
        Am besten nicht in der eigenen Sprache …sondern die des führenden NATO-Partners…!

        Viel peinlicher kann man (s)eine US-Unterwürfigkeit wohl kaum zum Ausdruck bringen..

        https://twitter.com/OlafScholz/status/1517172518712446977

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @weico

        Ja, vermutlich sitzt das Zielpublikum für diese Äußerungen in Washington oder New York. Franzosen hingegen könnten sich durch auf Englisch vorgetragene Einmischungen deutscher Politiker in die eigene Innenpolitik nochmal extra provoziert fühlen. Aber geschenkt.

        Was mich viel mehr verstört, besonders von Scholz, der nun wirklich kein Neuling in der Politik ist: Es ist für einfach nur dumm, sich vor der Wahl so zu positionieren, wenn man hinterher auch mit einer französischen Präsidentin Le Pen irgendwie zusammenarbeiten müsste. Das haben die deutschen Haltungspolitiker aber auch schon vor den Wahlerfolgen für Brexit und Trump so gemacht, vermutlich sind sie wirklich einfach zu blöd, ihre Klappe zu halten anstatt sich vor Wahlen mit absehbar knappem Ausgang derartig um Kopf und Kragen zu reden.

      • weico
        weico sagte:

        @Richard Ott

        “Das haben die deutschen Haltungspolitiker aber auch schon vor den Wahlerfolgen für Brexit und Trump so gemacht, vermutlich sind sie wirklich einfach zu blöd, ihre Klappe zu halten anstatt sich vor Wahlen mit absehbar knappem Ausgang derartig um Kopf und Kragen zu reden.”

        Ob es Blödheit ist oder schlichte Arroganz, sei dahingestellt.

        Vermutlich wohl ..BEIDES !

  10. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    “ein Armutsprogramm zugunsten Frankreichs. Eine Politik, die wir beenden sollten”

    Das hatte ein gewisser libyscher Oberst Gaddafi auch schon mal probiert, der wurde kurze Zeit später von den Franzosen mit freundlicher Unterstützung ihrer Demokratie- und Menschenrechtspartner in den USA und UK weggebombt, aber einen Zusammenhang zwischen beidem herzustellen ist natürlich bloß eine unbestätigte “Verschwörungstheorie”, obwohl wir dank Wikileaks wissen, dass selbst die damalige US-Außenministerin über solche möglichen Zusammenhänge informiert wurde…

    “Two weeks after France began bombing Libya, in March, 2011, Hillary Clinton’s old friend and advisor Sidney Blumenthal passed her an intelligence memo that supposedly revealed France’s true — and quite unflattering— motivations for toppling Libyan dictator Muammar Qaddafi. While France’s then-President Nicolas Sarkozy publicly said he wished to free the Libyan people from tyranny, Blumenthal’s memo argues that he was driven by a cocktail of less lofty incentives, including a desire for Libyan oil, and a fear that Qaddafi secretly planned to use his vast supply of gold to displace France’s primacy in the region.
    (…)
    The most recent batch of Clinton emails reveals perhaps the most bizarre morsel of Blumenthal-baked intelligence to date. An April 2, 2011 memo titled ‘France’s client/Q’s gold’ quotes ‘knowledgeable individuals’ with insider information about French President Nicolas Sarkozy’s motivation for bombing Libya. The military campaign, the anonymous sources say, was designed to quash plans by Gaddafi to use $7 billion in secret gold and silver to prop up a new African currency. The French worried the move would undercut the currency guaranteed by the French treasury, known as CFA franc, that’s widely used in West Africa and acts as a strong link between France and many of its former African colonies. After French intelligence officials got wind of this secret plan, the Blumenthal memo reports, Sarkozy freaked out: ‘This was one of the factors that influenced [his] decision to commit France to the attack on Libya.'”
    https://www.vice.com/en/article/gy9d49/libyan-oil-gold-and-qaddafi-the-strange-email-sidney-blumenthal-sent-hillary-clinton-in-2011

    Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      Ein wichtiges Thema und ein guter Beitrag. Deutschland könnte schon mal ein Zeichen setzen und seine Truppen aus Mali abziehen, die dort nur französische Interessen vertreten. Auch wenn die Selbstverwaltung Malis mangelhaft ist; es ist nicht unser Revier.

      Antworten

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