Der Staat ist das Problem – nicht nur bei uns

Am kommenden Sonntag (24. April 2022) geht es in meinem Podcast natürlich um die Präsidentenwahl in Frankreich. Zur Einstimmung ein paar Beiträge. So beschreibt in der NZZ ein französischer Ökonom die Lage:

  • „Die ohnehin hohen Staatsausgaben sind in der Pandemiezeit stark angestiegen. Würde man die gegenwärtige Staatsschuld auf alle Franzosen herunterrechnen, hätte jeder Einzelne 41 000 Euro zu tragen – das entspricht einem durchschnittlichen Jahreseinkommen. (…) Es ist gut möglich, dass Frankreich in den 2020er Jahren eine große Finanzkrise erleben wird, ähnlich wie Italien im Jahr 2011.“ – bto: Da mache ich mir keine Sorgen, Deutschland wird zur Kasse gebeten.
  • „Seit den Ölpreisschocks der 1970er Jahre ist es mit Frankreich wirtschaftlich gesehen kontinuierlich abwärtsgegangen; das Wachstum hat sich verlangsamt, eine im europäischen Vergleich hohe Arbeitslosigkeit hat sich festgekrallt. In der Euro-Zone belegt die französische Wirtschaft einen Rang im hinteren Feld. Geht es weiter wie bis anhin, dürfte Frankreich 2030 irgendwo zwischen dem 16. und dem 20. Platz rangieren.“ – bto: Leider wird das in dem Artikel nicht genauer definiert. Außerdem muss man aufpassen mit der Fortschreibung von Trends. Deutschland dürfte in den kommenden Jahren nach hinten durchgereicht werden.
  • „(Jede) positive Entwicklung im privaten Sektor wird von einem aufgeblähten Staat zunichtegemacht. Schon die Zahlen sind erdrückend: In den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind insgesamt über 5,5 Millionen Funktionäre beschäftigt – eine ganze Million mehr als noch 1997. Jeder fünfte Erwerbstätige ist ein Beamter. Auch in Macrons Präsidentschaft hat sich dieses Heer vergrößert, zudem sind die Gehälter im öffentlichen Dienst merklich gestiegen.“ – bto: Das sind rund 25 Prozent mehr als bei uns (wobei die Daten nicht so leicht zu vergleichen sind).
  • Die erbrachten Leistungen dagegen werden immer schlechter. Das Gesundheitswesen ist permanent in der Krise, das Bildungssystem wird zusehends schwächer – man kann das zum Beispiel auf der Pisa-Rangliste ablesen, wo Frankreich in den Fächern Lesen und Mathematik auf den Plätzen 23 beziehungsweise 25 liegt. Die Mittel der Polizei sind in den letzten Jahren markant aufgestockt worden, und trotzdem nehmen Gewalt und insbesondere Übergriffe auf Personen stark zu.“ – bto: Wir werden dasselbe erleben.
  • Der Staat ist der Kern von Frankreichs Problemen. Einerseits fördert er eine schier unbegrenzte Nachfrage nach staatlichen Leistungen. Andererseits ist er immer weniger in der Lage, seine Versprechen zu erfüllen; er stürzt sich in die Verschuldung und scheut sich vor Entscheidungen. (…) Unsere Zeit verlangt nach einem strategischen Staat, der über eine starke Antizipationsfähigkeit verfügt, reaktionsschnell ist, die neuen Technologien beherrscht, mit den lokalen Behörden und Unternehmen zusammenarbeitet und die Energie und Kreativität der Zivilgesellschaft zu mobilisieren versteht.“ – bto: Dies könnte man genauso über Deutschland schreiben und man muss Frankreich lassen, dass es wenigstens in die Infrastruktur investiert (hat).
  • Ein Staat, der im Dienst der Franzosen stünde, müsste sich fünf Prioritäten setzen. Im Zentrum müssen die Widerstandsfähigkeit der Nation und die hoheitlichen Aufgaben stehen. (…) Bei den Leistungen, die den Bürgern geboten werden, muss Qualität an erster Stelle stehen. Strukturen und Verfahren sollten radikal vereinfacht werden; Mittel, die durch den Abbau der Bürokratie frei werden, sind auf den operativen Bereich umzulagern. Und schließlich müssen die Ausgaben und Schulden wieder unter Kontrolle gebracht werden.“ – bto: ganz ähnlich zu meiner Agenda für Deutschland. Vor allem die Überlegung, mehr Menschen in produktiven Sektoren außerhalb des Staatssektors einzusetzen.
  • „Der Schlüssel wird darin liegen, mit ebenden Missständen zu brechen, die Alexis de Tocqueville schon 1850 in seinen «Souvenirs» beschrieben hat: ‘Es ist die Wahrheit, eine betrübliche Wahrheit, dass der Drang nach amtlichen Stellungen und der Wunsch, von den Mitteln des Staates zu leben, bei uns nicht die Krankheit einer Partei, sondern das grosse und dauernde Gebrechen der Nation selbst darstellen; sie sind das gemeinsame Werk der demokratischen Verfassung unserer bürgerlichen Gesellschaft und der übertriebenen Zentralisierung unserer Staatsverwaltung. Das ist das geheime Übel, das jede vergangene Staatsgewalt zerstört hat und jede künftige in gleicher Weise zerstören wird.’“ – bto: Wenigstens hier gibt es eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich feststellen. Man blicke auf die Lebensläufe unserer Volksvertreter und Minister. Kaum jemand hat noch echte Berufserfahrung.

nzz.ch: „Das nächste Jahrzehnt wird entscheidend sein für Frankreichs Schicksal“, 7. April 2022