Crash von 80 Prozent denkbar?

Albert Edwards passt sicherlich besonders gut zur Positionierung von bto: ähnlich skeptisch, ähnlich besorgt über die Fehlentwicklungen im Finanzsystem, kritisch, was den Ausblick für das immer höher geleveragte System betrifft. Die Eiszeit ist seine These, der ich nur folgen kann.

Gelegentlich gibt er Interviews, so nun erneut in der FINANZ und WIRTSCHAFT. Die Highlights:

  • Die Aktienmärkte können weiterhin gut laufen, trotz rückläufigem Gewinnwachstum. Auch bei den Bondmärkten schliesse ich eine erneute Rally nicht aus. Aber es gibt Anzeichen, dass die Weltwirtschaft ein Wachstumsproblem hat.” – bto: Deutschland wächst nicht. China ist wohl auf dem Weg in eine Wirtschaft, die sich wie eine Rezession anfühlt. Die USA sind am Ende der Entwicklung. Man kann sehr wohl zu dieser Schlussfolgerung kommen.
  • Die Märkte sind zwar nahe ihren Hochs, aber sie können ihren Höchststand nicht bestätigen. Das erinnert mich an 2001 und 2008. Zudem bieten technische Faktoren keine wirkliche Unterstützung. Ausserdem endeten zehn der dreizehn vergangenen Zinserhöhungszyklen des Fed in einer Rezession.” – bto: Es ist eine Entwicklung, die vom billigen Geld getrieben ist.
  • Die Zinskurve mag eine gewisse Aussagekraft haben, aber erst mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf, allenfalls sogar achtzehn Monaten. (…) Die Akademikerinnen Wu und Xia haben einen Schattenleitzins für die USA berechnet, der die Effekte der Anleihenkaufprogramme – des Quantitative Easing – einbezieht. Gemäss diesen Berechnungen ist der Schattenleitzins von –3 auf nun 2,5 % gestiegen und nicht wie ausgewiesen von 0,25 auf 2,5%. Das ist mehr, als wir je in den vergangenen Zyklen gesehen haben, und eine massive Straffung angesichts der überschuldeten Wirtschaft.” – bto: was zu den Überlegungen von Edwards in einem seiner letzten Paper passt, wo er dieses Chart zeigte:

Quelle: SocGen

  • Womit wir beim Ausblick wären: “Die nächste grosse Marktbewegung geht von den US-Treasuries aus. Erinnern Sie sich an 2016? Damals waren die Renditen deutscher Bundesanleihen ähnlich wie die der Treasuries. Heute notieren die Bunds auf dem Niveau japanischer Staatsanleihen. Dieses Schicksal droht den Treasuries ebenfalls. (…) Wenn am Ende des längsten Wirtschaftsaufschwungs der Geschichte die Inflation so niedrig ist, liegt es auf der Hand, dass in der nächsten Rezession das Risiko einer deflationären Phase sehr gross ist.” – bto: Und aufgrund der hohen Schulden ist der deflationäre Druck so viel höher.
  • Weshalb er auch an die Japanisierung Europas glaubt: “Der nächste Schritt ist, dass wir in eine Deflation fallen. Japan war damals in der glücklichen Situation, dass der Rest der Welt stark wuchs und keinen Populismus kannte. Das Muster sieht vor, dass jede Rezession zu neuen Tiefstkursen an den Aktienmärkten führt. Aber das ist ein langer Weg. Wir haben erst zwei Rezessionen gesehen, 2000 und 2008.” – bto: Und wir haben die Fallhöhe mehrfach erhöht.
  • “Gelingt es der Europäischen Zentralbank nicht, die Inflationserwartung auf ihrem Ziel von 2 % zu halten, muss sie die Geldpolitik weiter lockern. Dies wiederum kann zu Preisblasen in Vermögenswerten führen. Wenn sie platzen, gibt es einen grossen ökonomischen und finanziellen Knall. (…) Der Einbruch der Aktienmärkte wird deutlich heftiger ausfallen als in der Finanzkrise, ein Crash von 70 bis 80% würde mich nicht überraschen.” – bto: ein Szenario, das auch andere wie Druckenberger für immer wahrscheinlicher halten.
  • “Sie werden mit Helikoptergeld reagieren müssen, weil ihnen keine anderen Mittel mehr zur Verfügung stehen. Wir werden hohe Budgetdefizite in der Grössenordnung von 15 bis 20 % sehen. Das kreiert letztlich Inflation. Regierungen können immer eine Teuerung herbeiführen. (…) Jedes Mal, wenn dies in der Realität ausprobiert wurde, endete es im Desaster.” – bto: Aber das Desaster haben wir doch schon! Und zwar, weil wir voll auf Schulden gesetzt haben.
  • Das Problem liegt darin, dass extreme Massnahmen nur über eine gewisse Zeit greifen können, aber nicht unendlich lange.”bto: So ist es!

→ fuw.ch: “Albert Edwards: ‘Crash von 80% würde nicht überraschen’”, 11. Juni 2019