Die Illiquidität von Fonds als Problem

Können Märkte wirklich um 80 Prozent einbrechen, wie heute Morgen diskutiert? Sie können es, wenn es zu dem gefürchteten Margin Call kommt und die Liquidität weg ist. Wie ernst die Gefahr ist, zeigen Kommentare der Bank of England über die der Telegraph berichtet:

  • “Blocking investors from withdrawing money from investment funds can stop a fire-sale of assets, but also encourage investors to dash for the exit in an effort to get out before the door is shut, a top Bank of England official has warned. If enough funds run into trouble in an ‘economic earthquake’ it raises the risk of funding for businesses drying up (…).” – bto: Und nicht nur das, es strahlt auf alle Vermögenswerte aus.
  • “(…) such measures are a double-edged sword, (…) They can allow time for an orderly re-structuring of a fund, avoiding unnecessary fire sale pressure, but the expectation that such measures could be imposed tomorrow can create an incentive to be at the front of the redemption queue today.” – bto: Und vor allem kann es zwingen, andere Vermögenswerte zu verkaufen, wenn man an diese nicht herankommt.
  • “Key to the problem is that funds offer investors the right to take their money out daily, even though the underlying investments may be hard to sell quickly. If too many investors make a withdrawal the fund is forced to sell assets quickly, potentially at a big discount – encouraging more investors to make redemptions before the fund loses more money.” – bto: Das ist kein neues Problem, wird aber vergrößert durch den wachsenden Marktanteil dieser Produkte und der wegfallenden Rolle der Banken als Market Maker.
  • “This can be a problem beyond the individual fund, its investors and the businesses reliant on its finance. It could spread through the real economy, harming businesses, savers and growth in a systemic way that did not exist at the time of the financial crisis.” – bto: eben, weil die Risiken heute nicht mehr bei den Banken, sondern bei den Investoren liegen!
  • “(…) the risk has moved as banks cut back lending, particularly high-risk lending to indebted businesses that now rely on market financing from mutual funds, hedge funds and insurers. (…) If fund investors pull money from bond funds, businesses could find themselves without access to debt, hitting the real economy as investment dries up.” – bto: vor allem, weil diese Unternehmen selbst hoch verschuldet sind!
  • “Borrowing by indebted companies, known as ‘leveraged lending’, has surged in recent years, rising to a peak annual growth rate of more than £50bn. The Bank warned it was a crucial ‘pocket of risk’ in the economy, as the borrowers risked becoming vulnerable to an economic slowdown. (…) such borrowing by companies with a net debt of more than four-times their adjusted profits still amounts to more than a third of all big business debts.” – bto: Und es ist ein weltweites Phänomen! Denke nur an die USA.

→ telegraph.co.uk: “‘Economic earthquake’ could trigger run on investment funds, Bank warns”, 14. Juni 2019

Kommentare (9) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Gabor Steingart im Interview mit Isabel Schnabel. Wie schrieb Steingart so passend im heutigen Morning-Briefing:

    „Wenn Sie heute nur ein Interview hören können, dann unbedingt dieses. Isabel Schnabel ist nicht nur klug, sondern wirtschaftsweise.“

    Dieser Einschätzung schließe ich mich gerne an, auch wenn manch einer der Foristen nach dem Interview ein paar Betablocker einwerfen muss.

    Hier geht es zum Interview: https://gaborsteingart.com/?podcast=223

    LG Michael Stöcker

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Michael Stöcker

      Zu Steingart/Schnabel:

      Kosten bei Bankabwicklung oder -insolvenz sollen nicht beim Steuerzahler landen, sondern bei den Bankkunden.

      Gemeinsame Einlagensicherung ist eine Haftungsgemeinschaft länderübergreifend aller Bankkunden und damit eben keines einzigen Steuerzahlers.

      Klingt doch gut?

      Klingt nur dann gut, wenn die Banken überall in etwa gleichem Zustand wären.

      Das sind sie nicht, die Risikovorsorge der Banken ist deutlich unterschiedlich.

      Nicht dass die deutsche Bankenlandschaft in grandioser Verfassung wäre, siehe DB, die deutschen Bankkunden würden aber für die Einlagen bei hoch risikoreichen Banken in der Peripherie Haftung ÜBERNEHMEN – für Einlagen von Kunden, die im Durchschnitt vermögender sind als sie.

      Warum trotzdem eine gemeinsame Einlagensicherung?

      Die Einlagensicherung ist glaubwürdig, weil der Staat implizit die Sicherung übernimmt, siehe Versprechen Merkel/Steinbrück. Und ein Versprechen aller Eurostaaten ist eben sicherer als das nur des italienischen oder griechischen Staats.

      Zum Versprechen Merkel/Steinbrück hat Steinbrück übrigens gesagt, dass es NICHT einzulösen gewesen wäre. So viel zur staatlichen Sicherung.

      Der Staat sollte sich aus dem Bankensystem zurückzuziehen. Schnabel hätte sich gewünscht, dass die NordLB abwickelt worden wäre.

      Sie hat „vergessen“ hinzuzufügen, dass er das speziell bei den Landesbanken nicht tut, weil die Regierung dann dem Steuerzahler hohe Abschreibungen im Haushalt präsentieren müsste.

      Steingart hat die richtigen Fragen gestellt und Schnabel hat kompetent geantwortet – und damit zugleich dargelegt, dass das Problem in hohem Maß bei den Staaten bzw. bei der Politik liegt.

      Kurzum:

      Die gemeinsame Einlagensicherung wird erst dann kommen, wenn es weniger, aber dafür gut abgesicherte Banken gibt, die u. a. wenigere NP-Kredite in den Bücher hätten und mit mehr EK ausgestattet wären, weil sie höhere GEWINNE bei weniger Wettbewerb erwirtschaften könnten.

      Die wird es nicht geben, weil niemand die dafür erforderliche Abwicklung oder Insolvenz der maroden Banken will.

      Es wäre politisch nicht zu verkraften.

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  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Das Thema ist ein alter Hut.

    Schon 2010 dachten die Profis hinter den Kulissen über ein FRÜHWARNSYSTEM bei Mittelabflüssen nach.

    Hier:

    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/anlagefonds-bei-panik-drinbleiben-1.3897634

    Heute ist das Problem allerdings viel GEWICHTIGER, weil das Anlagevolumen extrem gestiegen ist.

    Wenn es richtig zur Sache geht, wird auch ein „Drin bleiben, die Kurse werden wieder steigen“ die Leute nicht der Panik entwöhnen.

    Ich frage einmal völlig ahnungslos:

    Kann es überhaupt ein Frühwarnsystem für PANIK geben?

    Ich glaube eher, dass es ein Maßnahmenpaket im Fall von Panik geben wird.

    Sollte es eingesetzt werden (müssen), dann werden viele, viele Anleger eine weitere Panikattacke erleiden.

    Was dann los ist, ist nicht wirklich vorherzusagen.

    Sollten sich dann auch noch Probleme an den Eingängen der Bankfilialen zeigen, werden sie vermutlich nicht mit ein paar verbalen Beruhigungspillen zu lösen sein, wie es ehedem Merkel und Steinbrück gelang.

    Antworten
    • Alexander
      Alexander sagte:

      @ Dietmar Tischer
      https://www.geolitico.de/2019/06/15/132-milliarden-dollar-aus-aktienfonds-abgezogen/

      Wenn man Neuland betreten hat, gibt es viele Annahmen und keine Ahnung.

      Ich finde die Erklärungsmuster von Frau Susanne Finke-Röpke drücken genau jenes Vertrauen aus, das man systemstabilisierend bei den Anleger sehen will.

      Weil eben nicht alle zu 100% an der Fortsetzung dieses Ponzi-Systemes arbeiten, sondern Priviligierte zugleich versuchen ihre rentablen privaten Raubzüge zu unternehmen – als Insider mit der schnellsten Bedienung am Alkoholausschank der Zentralbank….dürften Mittelabflüsse schon ein Warnsignal sein.

      Martin Armstrong spezialisierte sich auf die Beobachtung von Kapitalströmen und saß sieben Jahre in Beugehaft. Man zog den Mann ziemlich illegal aus dem Verkehr, zur Zeit der dot.com Krise und der Terroranschläge von 9/11. Beide Ereignisse waren Um-fair-teilung von Gläubigen zu besseren Anlegern.
      https: // www. youtube.com/watch?v=S09_1N-jeHk

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “Sollten sich dann auch noch Probleme an den Eingängen der Bankfilialen zeigen, werden sie vermutlich nicht mit ein paar verbalen Beruhigungspillen zu lösen sein, wie es ehedem Merkel und Steinbrück gelang.”

        Daran sind die Politiker selber schuld. Merkel und die Union haben ihr Vertrauen mit “Wir schaffen das” verspielt und der SPD glaubt sowieso niemand mehr irgendetwas.

        @Alexander
        Oh, Martin Armstrong saß jahrelang in Beugehaft? Das wusste ich ja noch gar nicht, hochinteressant. Kommt vielleicht auch bald in Deutschland für unbequeme Stimmen, Peter Tauber (“Wer hier nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch”) macht schon entsprechende Lockerungsübungen und will zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Artikel 18 GG gegen “Feinde der Demokratie” (oder was Tauber dafür hält) anwenden und ihnen die Grundrechte entziehen.
        https://www.welt.de/debatte/kommentare/article195520597/Peter-Tauber-Muessen-endlich-Artikel-18-des-Grundgesetzes-anwenden.html

      • Lenz
        Lenz sagte:

        Was mich bei Armstrong / Gefängnis wirklich erschrocken hat:
        Der Mann ist nicht arm, hat Kontakte, Vater “Rechtsverdreher”, …

        Das die US-Justiz so jemanden derart lange im Gefängnis vor sich hin rotten lassen kann hat mich massiv erschrocken.

  3. Susanne Finke-Röpke
    Susanne Finke-Röpke sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,

    vielen Dank für diesen zweiten heutigen Beitrag, der meine Verständnisprobleme bzgl. des ersten Beitrags zum großen Teil beseitigt.

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