Da ist sie wieder…die Krise

Das ging schnell. Habe ich noch vor der Wahl den Deutschen vorgeworfen, es sich in der Kuschelecke gemütlich zu machen, so ist mit der Gemütlichkeit jetzt Schluss. Damit meine ich gar nicht so sehr die zu erwartenden Steuererhöhungen. Jedem, der sich mit dem Ausmaß unserer Krise beschäftigt, ist klar, dass Steuern und Abgaben in den kommenden Jahren nur eine Richtung kennen werden – nach oben. Ich denke vielmehr an die Ruhe, die in der Politik und an den Finanzmärkten geherrscht hat. Fast so, als wollte niemand die Deutschen vor der Wahl aufschrecken, dass sie doch noch über die Krise nachdenken und die Politiker nach ihren Lösungen fragen. Doch jetzt kommt es Schlag auf Schlag: Die Amerikaner liefern sich wieder einen Last-Minute-Show-Down um die Verschuldungsgrenze und unterstreichen damit, wie sehr sie von der Unverwundbarkeit der Bonität des amerikanischen Staates überzeugt sind – was sich angesichts der immensen latenten Verbindlichkeiten auf Dauer als Fehlschluss erweisen wird. Die Franzosen verschieben die Konsolidierung der Staatsfinanzen ein weiteres Mal, Spanien rechnet mit einem Anstieg der Staatsschulden auf 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Irland macht schon mal klar, dass das mit dem Ausstieg aus dem Rettungsprogramm wohl doch nicht so leicht wird, Portugal verfehlt ein Konsolidierungsziel nach dem anderen, und Griechenland braucht man nicht zu kommentieren. Die einstigen Stabilitätsanker Holland und Finnland leiden unter schwacher Konjunktur und hausgemachten Problemen. Immerhin 30 Prozent der Österreicher stimmen für Euro-kritische Parteien, und Berlusconi erinnert Europa wieder mal daran, dass der alte Grundsatz der italienischen Politik noch gilt: Was kümmern mich die Provinzen (gemeint sind die anderen Europäer hier), solange sie für mich bezahlen. Für mich bleibt Italien das Land, welches am meisten davon profitieren würde, aus dem Euro auszutreten: starke industrielle Basis im Norden, die sofort von einer günstigen Lira profitieren würde, geringe Verschuldung des Privatsektors und ein Staat mit zwar hoher Verschuldung, aber einem sogenannten Primärüberschuss – also einem Überschuss vor Zinszahlungen. Mehr Exporte, höhere Inflation und damit tiefere Realzinsen würden Italien dabei helfen, die nunmehr schon seit fünf Jahren andauernde ökonomische Misere zu überwinden. Und darin liegt das politische Erpressungskapital in Rom: Ein Austritt wäre für Italien gut, aber für die „Rettungseuropäer“ schlecht. Plötzlich hätte man ein Beispiel für einen Austritt und noch dazu eines, welches funktioniert. Die Eurozone wäre dann nicht mehr zu erhalten. Der Preis, den wir alle dafür zahlen müssten, dürfte ein hoher sein. Und selbst dann: Es wird nur Zeit gekauft. Auf ewig lassen sich ökonomisch unhaltbare Zustände von der Politik nicht erzwingen. Die Krise schwingt sich zu ihrem nächsten Höhepunkt auf.

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