Liquidity evaporates in China as ‘fiscal cliff’ nears
Die Bedeutung von China kann gar nicht groß genug eingeschätzt werden. Ohne die Steigerung der Schulden von 7 auf 28 Billionen US-Dollar seit 2008 wäre die Weltwirtschaft ohne Zweifel in eine Depression gestürzt. So schaffte China Nachfrage nach Rohstoffen (Brasilien, Chile, Australien), Öl (Russland, Venezuela, Naher Osten, …), Maschinen und Anlagen (Deutschland, Japan, Korea), Autos (wiederum vor allem Deutschland) und Luxusgütern (Wein, Uhren, Mode). Doch nun folgt der Katzenjammer und die Regierung scheint ganz anders zu reagieren als ihre “Vorbilder” in Japan, den USA und Europa. Sie schnallt den Gürtel enger. Dabei muss man die demografische Entwicklung im Hinterkopf haben und die Tatsache, dass China vor der Wohlstandsmauer steht. Bisher sind die meisten daran gescheitert (Ausnahme: Japan und Korea). Der Telegraph berichtet von den neuesten Entwicklungen:
- Durch die Deflation sind die Realzinsen deutlich gestiegen, der Yuan hat handelsgewichtet deutlich aufgewertet (weil Yen und Euro deutlich abwerten) und die Regierung hat dennoch den Mut, deutlich zu kürzen ‒ um 5,5 Prozent vom BIP in diesem Jahr. ‒ bto: AEP findet das mutig. Das ist Austeritätspolitik. In Europa gab es das ‒ vielleicht ‒ in Griechenland. Übrigens: China ist ja schlimmer als Griechenland. Hier lesen!
- Damit fährt China die restriktivste Politik aller G20-Länder. Der Schaden für die anderen Länder lässt sich an den Preisen für Eisenerz, Kupfer, Nickel, Blei und Zink ablesen, aber auch an den Preisen für Kohle, Öl, Korn und sogar Zucker.
- 2014 hat China ein Staatsdefizit von 10 Prozent des BIP gehabt (alle staatlichen Stellen zusammen). Ein Hauptgrund sind die kollabierenden Steuereinnahmen aus dem Immobiliensektor (minus 21 Prozent im vierten Quartal 2014).
- Hintergrund war der Immobilienboom, der den von Japan in den 1980er-Jahren übertrifft. Seit 1998 ist der Immobiliensektor von 4 auf 15 Prozent des BIP gewachsen. ‒ bto: In Spanien war das ähnlich mit den bekannten Folgen.
- Hauspreise sind im Januar um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Verkäufe fielen um 7 Prozent in den Tier-1-Lagen, um 22 Prozent in Tier-2-Lagen und 15 Prozent in Tier-3-Lagen.
- Das Verbot für die Regionalregierungen, sich am grauen Markt Kapital zu beschaffen, führt zu einem Rückgang der Staatsausgaben um 5,5 Prozent vom BIP. Folge: eine deutliche Wachstumsverlagerung.
- Die Geldpolitik kann auch in China den Einbruch, der nun droht ‒ und von den Analysten unterschätzt wird ‒, nicht bremsen. Grund: Die “Effektivität” neuer Kredite nimmt ab. Die Wirtschaft ist gesättigt. Das zusätzliche BIP-Wachstum durch einen weiteren Yuan an Kredit ist von 0,8 auf 0,2 seit 2008 gefallen. Die meisten Kredite dienen dazu, umzuschulden. ‒ bto: Ich habe diesen Effekt schon mehrmals beschrieben, unter anderem hier.
- Die Zinssenkung bewirkt angesichts der verstärkten Deflation nichts. Die Produzentenpreise fallen um 4,1 Prozent (Januar) und die Realzinsen sind um 8 Prozentpunkte gestiegen seit 2011. ‒ bto: Das ist für Schuldner ein massiver Schock. Kein Wunder, dass die Unternehmensgewinne fallen. Das ist der negative Leverageeffekt. AEP: China ist nahe an einer Deflationsfalle. Damit exportiert China Deflation in die Welt!
- Dabei steht China vor einem weiteren Problem: Zum ersten Mal seit Jahren ist die Notenbank ein Nettoverkäufer von ausländischen Wertpapieren, um den Kapitalabfluss von 91 Milliarden im letzten Quartal zu kompensieren und die Währung zu stabilisieren. ‒ bto: Letzteres verstehe ich nicht, weil China an einer Abwertung gelegen sein dürfte. Zur Erläuterung: Wenn die Notenbank fremde Währungen verkauft, reduziert sie das inländische Angebot an Geld. Insofern wirkt die Zinssenkung nicht stimulierend, sondern kompensiert nur die Wirkung dieser Verknappung (bestenfalls). China bindet den Yuan an den Dollar und hat deshalb die Aufwertung zum Rest der Welt voll mitgemacht. Ich denke, nicht mehr lange.
Womit wir bei der Gefahr sind: China macht beim Abwertungswettlauf der Welt mit ‒ und stößt die Welt in die Deflation.
→ The Telegraph: Liquidity evaporates in China as ‘fiscal cliff’ nears, 4. März 2015