Hauptsache Neidgefühle bedienen: der konstante Ruf nach Vermögensabgaben
“Selbst, wenn wir alle Vermögen in Deutschland umverteilen würden und jeder Bundesbürger gleich viel Vermögen besäße, wären wir immer noch deutlich ärmer als unsere großen Nachbarn. Überschlägig fehlen uns zwischen 1,2- bis 2,0-mal BIP an Vermögen, um zu Frankreich und Italien aufzuschließen, das wären also rund 4000 bis 6900 Milliarden Euro an zusätzlichem Privatvermögen. Pro Kopf beeindruckende 48.000 bis 84.000 Euro. Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit, entsprechend mehr dafür zu tun, um den Wohlstand im Lande zu erhöhen.” So mein Kommentar an dieser Stelle vor einigen Wochen:
→ Das Problem ist nicht der Reichtum der Reichen, sondern das fehlende Vermögen der Mitte
Denn unser Problem ist in der Tat der mangelnde Wohlstand der Mitte, nicht unsere Reichen, die nicht reicher sind als die Reichen anderswo. Trotzdem wird aus “Gerechtigkeitsgründen” eine höhere Besteuerung gefordert, gerne auch Vermögensabgaben. Auch damit hätte ich kein Problem, wenn
– dies dann auch in den anderen Ländern der Eurozone erfolgt, denen wir “solidarisch” helfen sollen;
– dies dann dazu führt, dass die absehbare Monetarisierung nicht passiert.
Da genau diese beiden Punkte nicht zutreffen, handelt es sich um Vorschläge, die nicht nur wenig sinnvoll sind und lediglich populistischen Motiven folgen, sondern dem Wohlstand hierzulande dauerhaft schaden. Denn die wirklich Reichen, treffen diese Maßnahmen sowieso nie.
Womit wir bei einem der bekanntesten linken Ökonomen Deutschlands wären. Nein, diesmal nicht Marcel Fratzscher, sondern Rudolf Hickel. Dieser fordert seit Jahrzehnten höhere Steuern und Vermögensabgaben, insofern nicht verwunderlich, dass er das nun wieder macht:
- “Die gewaltige Dimension der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Neuverschuldung lässt sich an den beiden Nachtragshaushalten des Bundes vom März und Juni 2020 demonstrieren. Durch neue Schulden in Höhe von insgesamt 217,7 Mrd. Euro geht die Bundesregierung mit sage und schreibe 137,8 Mrd. Euro über die zulässige Grenze hinaus. Das ist der Betrag, der nach der Schuldenbremse in Art. 115 Grundgesetz ‘binnen eines angemessenen Zeitraums getilgt’ werden muss. Auch die Bundesländer mussten trotz der seit 2020 grundsätzlich verbotenen Kreditaufnahme Haushaltslöcher im Umfang von über 60 Mrd. Euro stopfen.” – bto: Und dabei sind das Peanuts, verglichen mit den ungedeckten Verbindlichkeiten für Renten und Pensionen.
- “Rechtlich zulässig ist diese eklatante Abweichung von der normalen Schuldenregel durch die seit 2009 geänderte Finanzverfassung: Art. 109 GG zur ‘Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern’ definiert neben der ‘Naturkatastrophe’ seither eine weitere Ausnahme, die exakt auf die Coronakrise passt: die ‘außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates’ entzieht. (…) Demzufolge sieht Art. 115 Absatz 2 Satz 7 GG vor, die durch die Ausnahme gerechtfertigte Zusatzkreditaufnahme ‘binnen eines angemessenen Zeitraums’ über einen Tilgungsplan zurückzuführen.” – bto: was angesichts der hohen Schulden in den anderen Staaten, für die wir dann einstehen sollen, mehr als dumm ist. Es ist selbstzerstörerisch.
- “(…) es ist legitim, ja erforderlich, alternative Finanzierungsinstrumente zu konzipieren. Ohne diese müsste der Kapitaldienst für die gigantischen Summen aus den laufenden Haushalten finanziert werden. Die wahrscheinliche Folge wären massive Ausgabenkürzungen nach dem Muster der bisherigen Austeritätspolitik, sprich: vor allem Sozialabbau und das Zurückfahren öffentlicher Investitionen.” – bto: Kann jemand Herrn Hickel mal zeigen, wie sich die Sozialausgaben in den letzten Jahren entwickelt haben? Sozialabbau sieht anders aus. Richtig ist, dass die öffentlichen Investitionen zurückgefahren wurden, zulasten steigender Sozialausgaben. Siehe die Lüge von der schwarzen Null.
- “(…) angesichts der anhaltenden makroökonomischen Konstellation von Null- oder gar Minuszinsen (besteht) keine Veranlassung, sich über die hohen Staatsschulden größere Sorgen zu machen. Im Gegenteil könne es geradezu sinnvoll sein, die existierenden Schuldenberge auf lange Zeit hinzunehmen. Pioniere dieser ‘progressiven Denkschule’ sind die Ökonomen Olivier Blanchard und Lawrence Summers, die diese Kernthesen schon im Oktober 2017 – also lange vor der Corona-Pandemie – auf der Konferenz ‘Rethinking Macroeconomic Policy’ des ‘Peterson Institute for International Economics’ präsentiert haben. Auch in Deutschland gewinnt die produktive Rolle der Staatsverschuldung in hochreifen Wachstumsgesellschaften mit sich säkular abschwächender Wirtschaftsdynamik gegenüber der fiskalisch-orthodoxen Denkschule an Bedeutung.” – bto: weil nicht nur ich die verdeckten Schulden des Staates sehe und man nach einer eleganten Lösung sucht.
- “(…) mit den Staatskrediten nicht, wie immer wieder behauptet, private Investitionen verdrängt (‘crowding-out’). Im Gegenteil: Staatliche Ausgaben verstärken die unternehmerische Investitionsbereitschaft sogar noch (‘crowding-in’). Auch die immer wieder zu hörende Behauptung, mit Schulden werde künftigen Generationen eine schwere Last vererbt, trifft nicht zu. Schulden haben immer dann eine positive intergenerative Wirkung, wenn mit öffentlichen Krediten in eine zukunftsfähige Infrastruktur investiert und eine intakte Umwelt vererbt wird.” – bto: Das mit der positiven Wirkung von Investitionen sehe ich ähnlich, aber es bedarf auch guter Rahmenbedingungen. Die Vererbung der Schulden stimmt ohnehin nicht, weil auch die Vermögen mit vererbt werden.
- “Das zentrale Problem stellt dagegen das seit vielen Jahren zu beobachtende sogenannte Übersparen dar. (…) Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen konzentriert sich der Reichtum immer stärker bei den Einkommens- und Vermögensstarken, die in den vergangenen Jahrzehnten durch eine aggressive Suche nach rentablen Anlagen bei hoher Risikobereitschaft immer größere Geldvermögen akkumulieren konnten.” – bto: bekanntlich die Folge der Politik immer billigeren Geldes und damit der Verschuldung.
- “Zum anderen schöpfen die produzierenden Unternehmen immer weniger ihre Möglichkeiten zur Kreditfinanzierung für produktive Investitionen aus. Seitdem die Finanzmärkte eine immer größere Rolle bei der Vermögensmaximierung spielen, fällt die gesamte Kreditaufnahme geringer aus als die Sachinvestitionen, werden also auch hier gewaltige Finanzierungsüberschüsse gebildet.” – bto: Auch das ist die direkte Folge der Geldpolitik.
- “Vor allem der Bund entwickelte sich seit 2015 mit der die Schuldenbremse noch überbietenden Zielsetzung der ‘schwarzen Null’ selbst zum Überschusssektor, trug also zum Übersparen bei. Das dadurch noch potenzierte gesamtwirtschaftliche Übersparen – durch die privaten Haushalte, den Staat und die nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften – erklärt die sinkenden Zinssätze, die eher deflationäre als inflationäre Lage und schließlich die zur Stagnation neigende wirtschaftliche Wachstumsschwäche.” – bto: Vor allem erklärt es den Exportüberschuss!
- “Höchst fatal ist dagegen die Ankündigung von Olaf Scholz: ‘Natürlich muss es unsere Perspektive sein, dass wir ab 2022 wieder Haushalte aufstellen, die den grundgesetzlichen Vorgaben für normale Zeiten entsprechen.’ Aufgrund dieses eklatanten Widerspruchs – auf der einen Seite der gesamtwirtschaftlich erfolgreiche Einsatz der Staatsverschuldung gegen die Coronakrise, auf der anderen Seite der wachsende Druck, diese Verschuldung möglichst schnell durch einen Tilgungsplan zu beenden – wuchert die mit Ängsten besetzte Diskussion über die Frage, wer die Rechnung für den Kapitaldienst der Corona-Schulden eigentlich bezahlen soll.” – bto: Und da kommen sie wieder, die Ideen …
- “Wenn jedoch die am Ende erforderliche Tilgung politisch durchgesetzt wird, geht es um eine gerechte Verteilung der Lasten durch einen gesellschaftlich fairen Ausgleich – mit einem besonderen Beitrag der Einkommensstarken und Vermögenden. Voraussetzung dieses Lastenausgleichs wäre die Einrichtung eines Corona-Solidarfonds. Haushaltstechnisch bietet dieser den Vorteil, die Corona-Kreditlasten gegenüber der normalen Haushaltsführung abzuschotten. Alle im öffentlichen Sektor aufgenommenen Kredite für Ausgaben und Einnahmeausfälle durch die Coronakrise würden dafür in einem Sondervermögen beim Bund zusammengefasst, angesiedelt etwa bei der ‘Kreditanstalt für Wiederaufbau’, in das die Länder mit deren Verantwortung für die Kommunen eingebunden wären. Nach einer tilgungsfreien Zeit von drei Jahren könnten über insgesamt 30 Jahre die Zinslasten und die Tilgungsbeträge pro Jahr finanziert werden. Bei der Schätzung des maximalen Gesamtpotentials an Corona-Krediten von bis zu 1900 Mrd. Euro wären pro Jahr allein an Tilgung knapp 63 Mrd. Euro aufzubringen.” – bto: Und das sollten dann doch die Reichen bezahlen, so die Logik. Franzosen und Italiener freuen sich derweil. Wie dumm kann man sein?
- “‘Erwerbstätige mit ohnehin schon niedrigen Einkommen haben deutlich mehr unter den wirtschaftlichen Folgen zu leiden als Menschen mit höheren Einkommen’, hat eine Online-Befragung der Hans-Böckler-Stiftung zwischen Mitte und Ende Juni 2020 bei 6309 Erwerbstätigen ergeben. Übrigens verzeichnen dabei Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen mit gewerkschaftlicher Mitbestimmung geringere Einkommenseinbußen.” – bto: Das lassen wir jetzt mal so stehen. Was ist eigentlich mit den Selbstständigen, die oftmals “reich” sind, weil sie für das Alter selbst vorsorgen??
- “In der Diskussion sind dabei vier verschiedene Ansätze: erstens eine deutliche Erhöhung der Reichensteuer (…) ein Corona-Soli (…) die Wiedereinführung der Vermögensteuer (…) Viel spricht daher für den vierten Ansatz – eine einmalige, auf die Corona-Bekämpfung konzentrierte Vermögensabgabe, wie sie der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte vorgeschlagen hat. Sie würde an das Lastenausgleichsgesetz zur sozial gerechten Bewältigung der Folgen des Zweiten Weltkriegs von 1952 anknüpfen. Die damals auf rund 50 Prozent des berechneten Vermögenswertes festgelegte Höhe der Abgabe wurde auf 30 Jahre (und bis zu 120 vierteljährliche Raten) verteilt und konnte von daher auch verkraftet werden. Wenn auch die Folgen des Zweiten Weltkrieges samt der Integration der aus dem Osten Vertriebenen mit den Schäden infolge der Coronakrise nicht vergleichbar sind, lässt sich das Anfang der 1950er Jahre durchgesetzte Prinzip einer gerechten Lastenverteilung durchaus auf die heutige Lage anwenden. Diese einmalige Abgabe, die sich nicht auf die hohen Einkommen, sondern auf die Spitzenvermögen konzentriert, ist gegenüber einem Corona-Soli zu präferieren.” – bto: um das so gewonnene Geld dazu zu nutzen, den Italienern zu helfen? Denn zweifellos werden auch die Zahlungen in den europäischen Solidaritätsfonds als “Corona-Last” definiert werden.
- “Um bei der Krisenbekämpfung den Reichtum an der Spitze der Pyramide zu treffen und das Basisvermögen der Privatpersonen zu schützen, ist ein Freibetrag von maximal zwei Millionen vorgesehen (zum Schutz des Eigentums an einer Immobilie), bei Betriebsvermögen von 5 Mio. Euro. Die Vermögensteuer wird damit lediglich auf das um die Freistellungen reduzierte Vermögen (nach Abzug des Freibetrags) erhoben. Eine solche Corona-Abgabe würde genau den sozialen Ausgleich für diejenigen leisten, die besonders hart von der Coronakrise betroffen sind. Auf diese Weise nutzt sie den Finanzschwachen gleich doppelt – indem sie sie bei der Finanzierung der Corona-Kredite verschont und ihnen am Ende durch die Rückkehr zur wirtschaftlich-sozialen Stabilität neue Chancen eröffnet werden.” – bto: purer Populismus.
→ Blätter.de: „Die Kosten der Coronakrise: Wer begleicht die Rechnung?“, Oktober 2020