Globale Wachstumsverlangsamung ‒ permanent oder temporär?
Säkulare Stagnation ist in aller Munde. Natürlich äußern sich auch die Volkswirte der Banken dazu. Hier als Beispiel die Zusammenfassung aus dem letzten Monatskommentar der Credit Suisse:
- “Sieben Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise hat das Wirtschaftswachstum in Industrie- und Schwellenländern das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht.” ‒ bto: Dies ist richtig. Allerdings war das Wachstum zuvor durch einen Verschuldungsboom künstlich zu hoch.
- “Für einen säkularen Abwärtstrend des Wachstums gibt es hauptsächlich zwei mögliche Erklärungen. Die eine legt nahe, dass die Wirtschaft unter einem quasi-permanenten Mangel der aggregierten Nachfrage – insbesondere unter zu geringen Konsum- oder Investitionsausgaben – leidet, um sie zurück zur vollen Auslastung bringen zu können. Als andere Erklärung wird eine angebotsseitige Verschlechterung angesehen, d. h. eine ungünstige Entwicklung der produktiven Inputfaktoren Arbeit und Kapital sowie Produktivität.” ‒ bto: Ich finde es nach wie vor erstaunlich, dass niemand auch nur am Rande daran denkt, dass es auch am Fehlen der Verschuldungsmöglichkeit, der abnehmenden Produktivität neuer Schulden und dem Druck zu hohe Schulden abbauen zu müssen, liegen könnte.
- “Demografische Faktoren dürften für die Entwicklung des Wirtschaftswachstums ausschlaggebend sein und tragen bereits heute zur Verlangsamung bei.” ‒ bto: absolut richtig.
- “Eine alternde Bevölkerung kann das Wachstum auf verschiedene Arten dämpfen, am direktesten durch ein geringeres Arbeitskräfteangebot. Der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung hat in den Industrieländern seinen Zenit praktisch überschritten und nimmt nun insbesondere in Japan, Deutschland und Südeuropa ab.” ‒ bto: bekannt.
- “Auch die Schwellenmärkte werden schon bald mit demografischen Herausforderungen konfrontiert sein, wenn auch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Während sich das Wachstum der Gesamt- und der Erwerbsbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten in den Schwellenländern Asiens, in Lateinamerika und Osteuropa verlangsamen dürfte, wird für die afrikanischen Länder, mit Ausnahme Südafrikas, ein anhaltend starkes Bevölkerungswachstum erwartet, sodass der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung weiter steigen sollte.” ‒ bto: Woraus man allerdings nicht schließen kann, dass sich unser Problem einfach durch Migration löst. Es geht neben Quantität auch um Qualität.
- “Unseres Erachtens ist die Investitionsschwäche der Industrieländer nach der Krise primär zyklischer und nicht struktureller Natur und steht im Einklang mit der unterdurchschnittlichen Gesamterholung.” ‒ bto: Sehe ich bekanntlich anders. Es gibt viele gute Gründe nicht zu investieren.
- “Eine Abnahme des Bevölkerungswachstums und der Erwerbsbevölkerung könnte die Investitionen allerdings permanent dämpfen, da die Unternehmen, die mit einer schwächeren Güter- und Dienstleistungsnachfrage rechnen, weniger investieren. Gleichzeitig könnte eine alternde Bevölkerung aufgrund der zukünftigen Einkommensunsicherheit zu einem Anstieg der Ersparnisse führen. Beide Faktoren zusammen dürften für anhaltend niedrige Zinsen sorgen.” ‒ bto: stimmt.
- “Angesichts der allgemein begrenzten Möglichkeiten, die Erwerbsbeteiligung auf andere Weise zu erhöhen, wird die Produktivität für die globalen Wachstumsperspektiven zum zentralen Faktor. Zwar sehen wir noch Spielraum für technologische Fortschritte, doch führen wir die beobachtete Abschwächung des Produktivitätswachstums vor allem auf Effizienzprobleme zurück, die die Einführung und Verbreitung neuer Technologien bremsen.” ‒ bto: Das ist natürlich ziemlich schwammig, um nicht zu sagen Blabla. Die “Effizienzprobleme” sind in Wahrheit Probleme der Umstellung auf einen neuen Kondratieff und damit verbunden der Verteidigungsstrategien alter Industrien.
- “Ein erfolgreicher Wandel hin zu höherer Produktivität und Effizienz wird auch für die Wachstumsperspektiven der Schwellenmärkte entscheidend sein. Da die Unterstützung durch den Faktor Arbeitseinsatz nachlässt und die Kapitalakkumulation in den meisten Schwellenmärkten abnehmen dürfte, deren Anteil an der Weltwirtschaft heute zudem wesentlich grösser ist als noch vor einigen Jahrzehnten, wird das Produktivitätswachstum auch für die globalen Wachstumsperspektiven zentral sein.” ‒ bto: Und ist damit ebenso enttäuschend ‒ so lange wir nicht den Wandel fördern, statt ihn zu behindern.