„Gierflation“ – nur in einzelnen Sektoren
Die „Gierflation“ ist in aller Munde und wohl die beste Ausrede der Zuständigen, im Versuch die Unschuld zu beteuern. Doch was ist dran? Ich persönlich denke, wenn überhaupt, ist es meist ein statistischer Effekt, weil es nach dem FIFO-Prinzip funktioniert: First In – First Out. Wenn also Firmen die Preise erhöhen können und noch günstiger beschaffte Vorleistungen haben, müssen die Gewinnmargen temporär steigen. Möglich ist das Ganze ohnehin nur, wenn die Kunden genug Kaufkraft (= Geld) haben. Sonst gibt es keine Inflation, weil die Nachfrage an anderer Stelle sinkt.
Das Ifo-Institut hat das genauer analysiert, wie Business Insider berichtet:
- „Was sind die Gründe der Inflation? Was treibt die Preise – oder wer? Gibt es eine ‚Gierflation‘, weil Firmen ihre Gewinne in die Höhe treiben, wie es EZB-Präsidentin Christine Lagarde kritisierte? Halten Gewerkschaften mit hohen Tarifabschlüssen eine Lohn-Preis-Spirale in Gang? Oder wirken vor allem die Lieferengpässe der Corona-Pandemie und der Energiepreis-Schock durch Russlands Krieg nach. Das Ifo-Institut hat jetzt erstmals analysiert, welche Faktoren die Preise im vergangenen Jahr getrieben haben – und wer bisher zu den Gewinnern der Inflation zählt.“ – bto: Es ist eine Mischung aus vielen Faktoren.
- „Die Forscher untersuchten – etwas vereinfacht – drei Faktoren: Erstens die Ausgaben der Unternehmen für Vorleistungen, zweitens die Löhne und Gehälter und drittens die Gewinne. Ihr Ergebnis: ‚Wichtigster Preistreiber in nahezu allen Wirtschaftsbereichen waren im vergangenen Jahr kräftig gestiegene Stückkosten für Vorleistungsgüter“. Diese höheren Kosten für Rohstoffe, Zulieferteile oder auch Energie erklären „etwa zwei Drittel des Anstiegs der Verbraucherpreise‘.“ – bto: Zwei Drittel des Anstiegs der Verbraucherpreise lassen sich so erklären. Immerhin.
- „Zweitwichtigster Preistreiber waren zusätzliche Gewinnaufschläge der Unternehmen. Dies lasse aber nicht automatisch auf höhere Gewinne schließen, schreiben die Ifo-Forscher. Unternehmen mussten aus den Überschüssen deutlich höhere Abschreibungen finanzieren, weil die Wiederbeschaffungskosten für Maschinen, Anlagen und Gebäude ebenfalls stark stiegen. Höhere Löhne und Gehälter fielen 2022 dagegen für die Inflation kaum ins Gewicht.“ – bto: Natürlich sind die Wiederbeschaffungskosten der Anlagen auch gestiegen.
- „Die Beiträge zur Inflation verdeutlicht die folgende Tabelle. Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland 2022 um 6,9 Prozent. Aber nur etwa drei Viertel der Ausgaben der Verbraucher entfallen auf Güter, die im Inland produziert wurden. Das übrige Viertel sind Importe. Für ihre Analyse betrachteten die Ökonomen gezielt die Verbraucherpreise der Güter aus deutscher Produktion. Sie stiegen mit plus 8,3 Prozent noch etwas stärker.“ – bto: Wobei man davon ausgehen darf, dass es bei importierten Gütern nicht anders ist.
- „Diese Teuerung um 8,3 Prozent setzte sich so zusammen: Auf teurere Vorleistungen entfielen 5,8 Prozentpunkte, auf die Entgelte für Arbeitnehmer 0,8 Prozentpunkte. Höhere Abgaben (Saldo aus Steuern und staatlichen Beihilfen) machten 0,5 Punkte aus. Höhere Bruttobetriebsüberschüsse trugen mit 1,3 Prozentpunkten zur Teuerung bei. Berücksichtigt man aber auch die höheren Abschreibungen war der Einfluss der Betriebsüberschüsse auf die Preise mit minus 0,5 Prozent netto sogar negativ.“ – bto: Das ist aber kein wirklicher Beweis für die Unternehmen als Inflationstreiber.
- „Denn es gibt große Unterschiede. In der Landwirtschaft war der Preisanstieg der Produkte 2022 mit plus 34,7 Prozent am stärksten. Auf höhere Preise für Vorleistungen entfielen davon aber nur 14 Prozent. Höhere Löhne und Gehälter fielen mit plus 1,1 Prozent kaum ins Gewicht. Dagegen trugen höhere Überschüsse der Land- und Forstbetriebe 11,2 Prozentpunkte zur Teuerung bei. Selbst nach den Abschreibungen fallen die Nettoüberschüsse mit acht Prozentpunkten bei den Landwirten so stark ins Gewicht wie in keiner anderen Branche.“ – bto: Jetzt könnte man natürlich sagen, dass man es den Landwirten gönnt…
- „Auch im Baugewerbe geht ein hoher Teil der Preissteigerung von 16 Prozent auf höhere Überschüsse der Unternehmen zurück. Sie trugen netto allein 6,1 Prozentpunkte zu höheren Baupreisen bei. Im Handel, Verkehr und Gastgewerbe gingen immerhin noch zwei Prozentpunkte der höheren Preise auf höhere Nettoüberschüsse der Unternehmen zurück.“ – bto: Im Kern war es aber ein Strohfeuer. Wenn nun die Aufträge einbrechen, kommen auf die Unternehmen harte Zeiten zu.
- „Ein anderes Bild zeigt die Industrie. Auch hier stiegen die Preise mit 13,9 Prozent kräftig. Doch davon entfiel der Löwenanteil von 12,4 Prozentpunkten auf Vorleistungen. Weil auch die Löhne und Gehälter, Abgaben und die Abschreibungen leicht teurer wurden, schmälerten die geringeren Überschüsse der oft energieintensiven Industrieunternehmen die Teuerung in diesem Sektor um 0,4 Prozentpunkte.“ – bto: Die Industrie stand unter mehr Wettbewerbsdruck.
- „Die deutlichsten Einbußen mussten Unternehmen in Branchen hinnehmen, in denen die Preise gar nicht so stark stiegen, etwa im Bereich Information und Kommunikation mit einem Preisanstieg von nur zwei Prozent. Weil hier aber die Löhne und Gehälter bereits 2022 deutlich anzogen, gingen die Überschüsse zurück. Ähnlich sieht es in vielen anderen Dienstleistungsbranchen aus.“ – bto: Spätestens mit der Rezession ist damit ohnehin Schluss.