„Gierflation“ – nur in einzelnen Sektoren
Die „Gierflation“ ist in aller Munde und wohl die beste Ausrede der Zuständigen, im Versuch die Unschuld zu beteuern. Doch was ist dran? Ich persönlich denke, wenn überhaupt, ist es meist ein statistischer Effekt, weil es nach dem FIFO-Prinzip funktioniert: First In – First Out. Wenn also Firmen die Preise erhöhen können und noch günstiger beschaffte Vorleistungen haben, müssen die Gewinnmargen temporär steigen. Möglich ist das Ganze ohnehin nur, wenn die Kunden genug Kaufkraft (= Geld) haben. Sonst gibt es keine Inflation, weil die Nachfrage an anderer Stelle sinkt.
Das Ifo-Institut hat das genauer analysiert, wie Business Insider berichtet:
- „Was sind die Gründe der Inflation? Was treibt die Preise – oder wer? Gibt es eine ‚Gierflation‘, weil Firmen ihre Gewinne in die Höhe treiben, wie es EZB-Präsidentin Christine Lagarde kritisierte? Halten Gewerkschaften mit hohen Tarifabschlüssen eine Lohn-Preis-Spirale in Gang? Oder wirken vor allem die Lieferengpässe der Corona-Pandemie und der Energiepreis-Schock durch Russlands Krieg nach. Das Ifo-Institut hat jetzt erstmals analysiert, welche Faktoren die Preise im vergangenen Jahr getrieben haben – und wer bisher zu den Gewinnern der Inflation zählt.“ – bto: Es ist eine Mischung aus vielen Faktoren.
- „Die Forscher untersuchten – etwas vereinfacht – drei Faktoren: Erstens die Ausgaben der Unternehmen für Vorleistungen, zweitens die Löhne und Gehälter und drittens die Gewinne. Ihr Ergebnis: ‚Wichtigster Preistreiber in nahezu allen Wirtschaftsbereichen waren im vergangenen Jahr kräftig gestiegene Stückkosten für Vorleistungsgüter“. Diese höheren Kosten für Rohstoffe, Zulieferteile oder auch Energie erklären „etwa zwei Drittel des Anstiegs der Verbraucherpreise‘.“ – bto: Zwei Drittel des Anstiegs der Verbraucherpreise lassen sich so erklären. Immerhin.
- „Zweitwichtigster Preistreiber waren zusätzliche Gewinnaufschläge der Unternehmen. Dies lasse aber nicht automatisch auf höhere Gewinne schließen, schreiben die Ifo-Forscher. Unternehmen mussten aus den Überschüssen deutlich höhere Abschreibungen finanzieren, weil die Wiederbeschaffungskosten für Maschinen, Anlagen und Gebäude ebenfalls stark stiegen. Höhere Löhne und Gehälter fielen 2022 dagegen für die Inflation kaum ins Gewicht.“ – bto: Natürlich sind die Wiederbeschaffungskosten der Anlagen auch gestiegen.
- „Die Beiträge zur Inflation verdeutlicht die folgende Tabelle. Insgesamt stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland 2022 um 6,9 Prozent. Aber nur etwa drei Viertel der Ausgaben der Verbraucher entfallen auf Güter, die im Inland produziert wurden. Das übrige Viertel sind Importe. Für ihre Analyse betrachteten die Ökonomen gezielt die Verbraucherpreise der Güter aus deutscher Produktion. Sie stiegen mit plus 8,3 Prozent noch etwas stärker.“ – bto: Wobei man davon ausgehen darf, dass es bei importierten Gütern nicht anders ist.
- „Diese Teuerung um 8,3 Prozent setzte sich so zusammen: Auf teurere Vorleistungen entfielen 5,8 Prozentpunkte, auf die Entgelte für Arbeitnehmer 0,8 Prozentpunkte. Höhere Abgaben (Saldo aus Steuern und staatlichen Beihilfen) machten 0,5 Punkte aus. Höhere Bruttobetriebsüberschüsse trugen mit 1,3 Prozentpunkten zur Teuerung bei. Berücksichtigt man aber auch die höheren Abschreibungen war der Einfluss der Betriebsüberschüsse auf die Preise mit minus 0,5 Prozent netto sogar negativ.“ – bto: Das ist aber kein wirklicher Beweis für die Unternehmen als Inflationstreiber.
- „Denn es gibt große Unterschiede. In der Landwirtschaft war der Preisanstieg der Produkte 2022 mit plus 34,7 Prozent am stärksten. Auf höhere Preise für Vorleistungen entfielen davon aber nur 14 Prozent. Höhere Löhne und Gehälter fielen mit plus 1,1 Prozent kaum ins Gewicht. Dagegen trugen höhere Überschüsse der Land- und Forstbetriebe 11,2 Prozentpunkte zur Teuerung bei. Selbst nach den Abschreibungen fallen die Nettoüberschüsse mit acht Prozentpunkten bei den Landwirten so stark ins Gewicht wie in keiner anderen Branche.“ – bto: Jetzt könnte man natürlich sagen, dass man es den Landwirten gönnt…
- „Auch im Baugewerbe geht ein hoher Teil der Preissteigerung von 16 Prozent auf höhere Überschüsse der Unternehmen zurück. Sie trugen netto allein 6,1 Prozentpunkte zu höheren Baupreisen bei. Im Handel, Verkehr und Gastgewerbe gingen immerhin noch zwei Prozentpunkte der höheren Preise auf höhere Nettoüberschüsse der Unternehmen zurück.“ – bto: Im Kern war es aber ein Strohfeuer. Wenn nun die Aufträge einbrechen, kommen auf die Unternehmen harte Zeiten zu.
- „Ein anderes Bild zeigt die Industrie. Auch hier stiegen die Preise mit 13,9 Prozent kräftig. Doch davon entfiel der Löwenanteil von 12,4 Prozentpunkten auf Vorleistungen. Weil auch die Löhne und Gehälter, Abgaben und die Abschreibungen leicht teurer wurden, schmälerten die geringeren Überschüsse der oft energieintensiven Industrieunternehmen die Teuerung in diesem Sektor um 0,4 Prozentpunkte.“ – bto: Die Industrie stand unter mehr Wettbewerbsdruck.
- „Die deutlichsten Einbußen mussten Unternehmen in Branchen hinnehmen, in denen die Preise gar nicht so stark stiegen, etwa im Bereich Information und Kommunikation mit einem Preisanstieg von nur zwei Prozent. Weil hier aber die Löhne und Gehälter bereits 2022 deutlich anzogen, gingen die Überschüsse zurück. Ähnlich sieht es in vielen anderen Dienstleistungsbranchen aus.“ – bto: Spätestens mit der Rezession ist damit ohnehin Schluss.
“Gierflation“:
Gier ist eine personenbezogene motivische Befindlichkeit, KEINE ökonomische Kategorie.
Daher ist es abwegig, mit diesem Begriff etwas ökonomisch zu thematisieren.
Darüber hinaus bestärkt es das gesellschaftliche Unverständnis, das reflexartig nach SCHULDIGEN verlangt, wenn es Probleme speziell mit der GERECHTIGKEIT gibt.
Soweit die Preisbildung nach marktwirtschaftlich erlaubten Regeln erfolgt, also Monopole etc. ausgeschlossen sind, beruht sie auf dem Wettbewerb von Anbietern und Nachfragern.
Bei diesem Verfahren hat JEDER Anbieter das RECHT seinen Gewinn zu MAXIMIEREN.
Beim Renditewettbewerb mit dem GEWÜNSCHTEN Effekt, dass die Allokation der Ressourcen sich so bildet, dass gesamtwirtschaftlich ein Optimum von Bedarfsbefriedigung erreicht wird.
Klar: Dem System nach idealtypisch, nicht in jedem Fall der Realität entsprechend.
Zur Erinnerung aber dennoch wichtig.
Denn der Beitrag dreht sich wieder einmal um Verteilungsgerechtigkeit – das Thema, das so vorherrschend ist, dass nahezu alles, was für den zukünftigen Wohlstand entscheidend ist, peripher behandelt oder ausgeblendet wird.
>> bto. “Natürlich sind die Wiederbeschaffungskosten der Anlagen auch gestiegen.”
Nicht nur das, sondern auch die für den Warenumschlag. Als ob das so schwer zu begreifen wäre. Ein Unternehmer muss seine Verkaufspreise auf Basis seiner aktuellen Einkaufskosten kalkulieren, da er sonst konkursreif ist, sobald sein Lager zu historischen Preisen abverkauft ist. Wer es nicht wahrhaben will, redet dann von Übergewinnen und lässt seinem Neid freien Lauf. Die deutsche Seele ist da besonders anfällig, bzw. unbelehrbar. Aus anderen Ländern kenne ich diese Art Debatte nicht.
@Bauer
Leider greift diese Art der Argumentation auch im angelsächsischen Sprachraum immer mehr. Heute im Guardian:
https://www.theguardian.com/business/2023/jul/06/worlds-722-biggest-companies-making-1tn-in-windfall-profits?CMP=Share_iOSApp_Other
(@H2(O) Confuser Ott: es geht hier nicht um die Linkslastigkeit des Mediums sondern um die Diskussion im Sprachraum🤞)
@Stoertebekker
Tja, gestern noch “Stranded Assets” und “nur Doofe haben noch klassische Energieaktien”. Heute dringender Extra-Doppel-Besteuerungsbedarf. So stranded scheinen die dann doch nicht zu sein ;)
Im Abschwung ruft der “kleine Mann” nach dem starken Staat, der den am wenigsten wohl gelittenen Gruppen was wegnimmt. Demokratisch moderierter Verteilungskampf.
@Thomas M.
“nur Doofe haben noch klassische Energieaktien”
Da sehen Sie mal wieder, wie doof ich bin – ich hab nicht nur Exxon und Chevron im Depot, sondern auch tschechische Atomkraftwerke und chinesische Kohleminen. ;)
@ Stoertebekker und die Eierköpfe hier am blog, bzw, den zitierten Literaturstellen:
Ich habe diese Situation bereits einmal vor über 40 Jahren durchgespielt als financial officer einer Flugplatz-Betriebsgesellschaft und damals gegen alle Anfeindungen die Benzinpreise blitzschnell nach oben angepasst. Mir wurde vorgehalten, dass in den Vorratstanks noch viele zehntausend Liter Vorrat schwappten, durch deren Verkauf jetzt ungerechtfertigte Übergewinne entstünden. Diese sind natürlich nie entstanden, da ich synchron die steuerlich zulässigen Rückstellungen erhöhte. In der nächsten Gesellschafterversammlung erläuterte ich meine Position und drohte, mein Amt fristlos zu Verfügung zu stellen, wenn die Anfeindungen und persönlichen Verunglimpfungen nicht sofort eingestellt würden. Dann war Ruhe und zwei Jahre später wurde ich sogar belobigt (hihi).
@Hr. Ott
Na, zumindest ist der ESG-Score Ihres Energieportfolios nicht ganz = null – ist ja auch was CO2-sparsames dabei ;)
@Thomas M.
Ja, das hat mir längere Zeit schlaflose Nächte bereitet, aber irgendwann habe ich akzeptiert, dass ich seit der grünen Neueinstufung der Kernkraft einfach keinen ESG-Score von null mehr erreichen kann.
@Hr. Ott
Ich hör schon wieder Cartman – wenn auch nach Ihrem Hinweis nun mit Kenny-Figur ;-)
“Zweitwichtigster Preistreiber waren zusätzliche Gewinnaufschläge der Unternehmen.
… Höhere Löhne und Gehälter fielen 2022 dagegen für die Inflation kaum ins Gewicht … ”
Und jetzt das, was zu einfach ist, um von Wissenschaftlern und Ideologen begriffen zu werden:
Die Gewinne sind die Löhne und Gehälter der Unternehmer.
” … geht ein hoher Teil der Preissteigerung von 16 Prozent auf höhere Überschüsse der Unternehmen zurück”
Die Unternehmen gehören wiederum nicht sich selbst oder finsteren Mächten, sondern konkreten Menschen.
Die höheren Überschüsse der Unternehmen verschwinden nicht im Reich des Bösen, sondern fliessen letztendlich konkreten Menschen zu, am Ende sogar dem Harry Hirsch, der gar nicht weiss, dass er über seine Lebensversicherung an einem Unternehmen beteiligt ist. Oder der NGO-Aktivistin Friederike, deren NGO aus Steuergeldern finanziert wird, die aus den Überschüssen von Unternehmern stammen.
Die wahren Verlierer der Inflation sind diejenigen, die auf ihr erspartes Geld angewiesen sind, aber nicht mehr in der Lage sind, am Arbeitsleben teilzunehmen.
@Vater Thiel
Hinzu kommt, dass Kunden – B2C wie B2B – in regulären Zeiten so gierig sind, dass sie die Preise in den Keller shoppen / verhandeln und dadurch die Überschüsse senken und der ganzen Gesellschaft egoistisch Steuern, Dividenden und Lohnerhöhungen vorenthalten ;)
Wenn die Preise branchenweit steigen durch höhere Einkaufspreise etc. pp. und dann anschließend die Einkaufspreise etc. pp. branchenweit sinken, müsste man schon mit dem Hammer geschlagen sein, das direkt an die Kunden weiterzureichen.
Neben dem statistischen Effekt gibt es weitere Effekte: Dazu Marc Lavoie: https://medium.com/@monetarypolicyinstitute/some-controversies-in-the-causes-of-the-post-pandemic-inflation-1480a7a08eb7
Oder auch Michalis Nikiforos und Simon Grothe: https://www.ineteconomics.org/perspectives/blog/markups-profit-shares-and-cost-push-profit-led-inflation
Und ergänzend Isabella Weber im Interview mit Robert Misik: https://podcasts.apple.com/de/podcast/kreisky-forum-talks/id1502153078?i=1000613060128
LG Michael Stöcker
@Genosse Stöcker
Wenigstens beim Linkspamming keine Inflation sondern weiterhin die gewohnte Intensität bei Ihnen. Vorbildlich. ;)
Na wunderbar. Das sollte doch alles passen, auch wenn ich live weiß, dass Unternehmen sehr wohl Preiswellen reiten, solange es geht. (Und das gehört aus unternehmerischer Sicht auch so.)
Bleibt nun die Frage an die ZB-Wirkungs-Fraktion: wie genau wirken Zinserhöhungen den oben beschriebenen Angebot-/Nachfrage-Preisbildungen entgegen? 🤷♂️
Wenn die Produkte zu teuer sind, kaufen die Kunden nicht mehr. Dann fallen die Preise. Läuft vorn in der Wertschöpfungskette schon…
https://www.process.vogel.de/geschaeftserwartungen-in-der-chemiebranche-weiterhin-negativ-a-d9f920d7f5e130f21e0b3b29251d00f3/?xing_share=news
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/zulassungszahlen-duestere-aussichten-in-der-autobranche-19012727.html?xing_share=news
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/rezession-baubranche-stark-von-kurzarbeit-betroffen/29200160.html
“Bleibt nun die Frage an die ZB-Wirkungs-Fraktion: wie genau wirken Zinserhöhungen den oben beschriebenen Angebot-/Nachfrage-Preisbildungen entgegen?”
Erhöht die EZB die Zinsen sprunghaft auf 20%, verfällt die Bevölkerung in eine Schockstarre, und das wirtschaftliche Leben kommt weitgehend zum Erliegen. Wenn die Nachfrage stärker einbricht als das Angebot, sinken die Preise. Weil dann keiner mehr investiert und Kapital nachfragt, sinken dann wieder die Zinsen.
Wenn die Zinsen weit genug unten sind, wird wieder investiert und das Spiel beginnt von vorn.
Soweit die Theorie.
Aber Scherz beiseite.
Düstere Geschäftsaussichten und Rezession hängen m.E. nicht mit den Zinsen oder der Geldmenge zusammen, sondern v.a. mit dem Zeitgeist und den Aktionen des politischen Personals, zumindest in D.
Unternehmer oder auch junge Arbeitnehmer brauchen Sinn und Motivation, Begeisterung.
Wenn der Staat sich jedoch übergriffig in immer mehr Bereiche des Lebens einmischt …
Wieso war die Geldpolitik in DDR, Rumänien, UdSSR, … so wirkungslos ?
@Vaddern
Na, in ner stark exportlastigen Wirtschaft hängt schon auch ne Menge von den globalen Verhältnissen (und den größten Handelspartnern) ab. Ich rede mir hier ja den Mund fusselig, dass wir mit Insel-Analogien nicht mehr weiterkommen.
Ob im Osten die Geldpolitik überhaupt dieselben Ziele verfolgt hat wie im Westen, weiß ich nicht. (Und China? Da ist doch ne Menge Dynamik in der Volkswirtschaft.)
Was jetzt trotzdem alles nicht für Übergriffigkeit des Staates spricht.
Erstaunlich, wie wenig Planwirtschaft verstanden wird, obwohl so viele Wohlstandsverwahrloste in diesem Land sie sich gleichzeitig neu (oder wieder) herbeiwünschen.
“Wieso war die Geldpolitik in DDR, Rumänien, UdSSR, … so wirkungslos ?”
Das hat einen ganz einfachen praktischen Grund:
In einer sozialistischen Planwirtschaft ist Geldpolitik nahezu irrelevant, weil sowieso in der Plankommission im Ministerium für wirtschaftliche Planung entschieden wird, welche Waren und Dienstleistungen in welcher Menge wann und zu welchem Preis hergestellt und angeboten werden. Und der limitierende Faktor dabei war fast immer die Knappheit von Rohmaterialien oder Energie oder gut ausgebildeten Arbeitskräften.
Oder glauben Sie etwa, die Nachfrage nach Wohnraum oder nach Trabant-Autos hätte sich bei Zinsschwankungen wesentlich geändert? Geld war reichlich da, nur auf die Trabants musste man jahrelang warten.
Das wird in einer MMT-Klimaplanwirtschaft mit Rationierung übrigens wieder genauso werden, aber die grünen Trottel unterhalb der oberen Führungskaste der Partei und ihre Zuträger im Staatsfunk und den grünen Vorfeldorganisationen wie der Staatskirche kapieren das noch nicht.
Das einzige im weitesten Sinn “geldpolitische Instrument”, das in der DDR in der Praxis halbwegs funktionierte und relevant war, war die Bereitstellung von – heute würden wir sagen: “Förderkrediten” – mit denen zum Beispiel Hausbau *in Eigenleistung* oder das Kinderkriegen (“Ehekredit” mit “Abkindern”) gefördert wurde.
https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/kredite-fur-junge-familien-in-der-ddr-646066
@ Stoertebekker
Da Sie gerade verfügbar sind, hätte ich zwei Fragen an Sie:
Zuerst die leichtere Frage:
Ich höre hier immer wieder über Herrn Snider und hab selber öfter mal reingehört, habe aber gewisse Schwierigkeiten mit seinem Slang und der Länge seiner Beiträge.
Wenn man Sniders Thesen mit einem Satz zusammenfassen würde, wäre das:
“Es gibt zuwenig Dollars, um die mit den Hufen scharrenden Unternehmer mit den nötigen Krediten zu versorgen und deshalb lahmt die Weltwirschaft ?”.
Ist das korrekt, eingermassen korrekt oder voll daneben ?
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Mit Frage 2 frage ich den Coach in Ihnen:
Vater Thiel braucht noch einige sehr viele Zehntausend Euros an Rücklagen für einen komfortablen Lebensabend.
Er hat jedoch die Sorge, dass die Zehntausend Euros in den zehn Jahren, wenn er sie dann braucht, real nur noch eintausend Euro wert sind. Was soll er tun ? Aktuell setzt er auf die Pflege seiner körperlichen, psychischen und geistigen Gesundheit als wertvollstes Asset und vertraut darauf, dass er auch in zehn Jahren noch mit Gelegenheitsaufträgen sich den Komfort erarbeiten kann, der über die Grundbedüfnisse hinausgeht.
Ausserdem steckt in ihm ein rebellischer Teenager, der nicht einsieht, warum er soviel arbeiten soll, dass er mit den dann immer weiter steigenden Ertragssteuern auch noch die Experimente von Habeck & Co finanziert ?
Haben Sie ein paar Tips für ihn ?
@ Vaddern
😉👍
Frage 2 ist leichter:
Prio 0: Erwartungsmanagement betreiben. „You can have your cake and eat it.“ funktioniert nur bei B Johnson im Populistenmodus.
Denke aber, dass Sie mit Priorität 1 schon ganz gut unterwegs sind. (Gesundheit, Fähigkeiten)
Ansonsten bin ich aus (nahezu) allen Aktien raus und hab mir wieder dt. Staatsanleihen zugelegt. Hatte schon vergessen, dass es die gibt. Für 1,2 bis 1,7 Jahre Rendite über 3%. Das entspricht Tagesgeld, nur ohne Risiko, und im Falle einer Rezession (=fallende Zinsen) komme ich bei Bedarf trotzdem ohne Kursverlust raus. Beim sbroker läuft ne Aktion Orders 3-4€ – da sind dann auch die Gebühren vernachlässigbar.
Tja und dann hab ich mittlerweile meine Zukunftsvorhersage voll auf J Snider umgestellt. Das hat schon was Religiöses (und ist deshalb gefährlich). Dh im Augenblick auch größere USD Position (Wette: steigt, weil wieder zunehmend FED-Collateral gekauft wird). Und Pulver trocken halten für Einstieg bei desaströsen Kursen. Kann schief gehen, kost‘ aber nix außer entgangenen Spekulationsgewinnen.
Damit sind wir beim Übergang zu Frage 1. Für mich ist die Logik nen Zungenschlag anders.
a) Banken haben ihr Ohr direkt am Markt. Wenn Banken vorsichtig werden, sehen die irgendwas in ihren Büchern/bei ihren Kunden, was gefährlich werden könnte.
b) Vorsicht äußert sich zuerst in den Geschäften mit anderen Banken und Kunden. Kreditvergabe erfolgt vorsichtiger (geringere Geldschöpfung), besseres Kollateral wird bei Übernacht-Transaktionen (u.ä.) verlangt.
c) Geld wird knapper und die Nachfrage nach USD (liquidester Kollateralmarkt) wächst sukzessive, weil immer mehr Marktteilnehmer vorsichtig werden.
d) Wenn Geld knapper wird, kann international weniger gehandelt werden. Steigende Nachfrage USD treibt dessen Kurs.
e) Wenn international weniger gehandelt wird, schlägt das nach und nach auf die nationalen Volkswirtschaften durch. USD Kurs steigt weiter, sobald die Unruhe/Vorsicht im Bankensektor wächst.
f) Am Ende steht eine fully-fledged-global recession, die sich über die Stufen Liquiditätskrise-Handelskrise-nationale Rezessionen entwickelt.
Das kann unterwegs wieder abgebrochen werden, wenn die Banken wieder mehr Zutrauen bekommen. Das kann aber auch verstärkt werden, wenn die ZBs oder/und Politiker die falschen Dinge tun.
Snider sucht nun entlang der gesamten Wirkkette mach messbaren Indikatoren (zB PPI, CPI, Arbeitslosenstatistik(en!), Import/Ex-Zahlen, Währungskurse, Ölpreis, alle relevanten Geldmarktdaten, ZB-Zinssätze, Staatsanleihenkurse, und, und, und – global und über die wichtigsten/größten Volkswirtschaften; aber auch Ausreißerereignisse wie ungewöhnliche USD-Käufe in d Schweiz) und entwickelt daraus quasi real time seine Prognosen für den Stand der Entwicklung in diesem Szenario.
Er benennt die USD Knappheitsereignisse dann mit Eurodollar 1-7 (glaube ich), die Zeitrechnung beginnt mit der nicht gelösten Finanzkrise. Und im Moment verweist er auf den stetigen Verfall des CNY zum USD, obwohl eigentlich ein Post-Covid-Rebound mit steigendem CNY erwartet worden ist.
Daumenregel: steigt der USD – ACHTUNG! Reicht aber allein nicht aus und muss auch nicht im Desaster enden, weil auch Banken gelegentlich falsch oder umgekehrt das Gras wachsen hören.
So, viel Spaß damit. Niemand hat gesagt, dass das Leben einfach ist.🙃😉👍
Moin @Vaddern
Was hatte Ihnen an den Vorschlaegen:
https://think-beyondtheobvious.com/stelter-in-den-medien/das-160-000-milliarden-problem/#comment-312010
nicht gepasst?
a) zu schwer, komplex, muehsam?
b) zu unsicher in der Situation als “Nicht-Mathematiker einen lausigen von einem exzellenten Mathematiker unterscheiden zu koennen (aka Glauben zu muessen)”?
c) wieder vergessen sich darum zu kuemmern?
d) viel langweiliger und weniger unterhaltsam als Stoertis heissen Tipps? 😂
LG Joerg
@Väterchen Thiel 13:52
Mit Ihrer Beobachtungsgabe & Lebenserfahrung sollten Sie witzig-tiefgründige Komödien- Dreh- Bücher für´s ÖR-Fernsehen- verfassen: ÖR senden langweiligste Krimis täglich, wer kann diese Mischung aus Mordlust & Todschlag mit leeren Schauspielern noch schmerzlos ertragen?
Oder Crash-Propheten-Bücher für Anfänger ( ” Dummies”) , die werden Hochkonjunktur haben, wenn´s für die meisten ( leider ) zu spät ist.
Oder:
Marie Kondo wurde Multi- Millionärin mit einem simpel geschriebenen BEST-Seller zum Thema: Wie räume ich meinen Konsumterror-Kram auf? “Magic-Cleaning”, die Idee war einfach gut:
https://www.buecher.de/shop/ratgeber–lebenshilfe/wie-richtiges-aufraeumen-ihr-leben-veraendert-magic-cleaning-bd-1/kondo-marie/products_products/detail/prod_id/35686772/
u.s.w. , viel Glück und Erfolg!
@ Joerg
Ihre Vorschläge waren sehr wertvoll, insbesondere
“Arbeiten Sie doch jetzt schon ein bisschen (was Spass macht oder nicht so schlimm ist), Aufstocken koennten Sie aus den 120k?”
Das ist, was ich aktuell betreibe, ein wenig arbeiten und ansonsten schon mal einen Hauch Rentnerdasein geniessen.
Welt-AG-ETF ist im Hinterkopf abgespeichert, muss ich mich noch ein wenig einarbeiten. Ich der Typ “Ich muss es erst verstehen”
Danke für Ihre Antwort, wenn auch jetzt erst im Nachhinein …
@ Stoertebekker
Danke, insbesondere für den Tip in Bezug auf das absolut Naheliegende, nämlich kurzfristige Bundesanleihen.
Das war zu einfach, als dass ich selber drauf gekommen bin.
Und ja, ich bin auch ein USA und US-Dollar-Fan, werde mir wieder ein paar kurzlaufende US Treasuries zulegen …
Und Snider, wie schon erwähnt ich bewundere seine Hartnäckigkeit und Zähigkeit …
@ Dr.Lucie Fischer
Danke für die Blumen.
Die ÖR-Krimis haben ihre besten Zeiten lange hinter sich.
Was ich noch gerne sehe ist “Wolfsland” (“Cathy” und Butsch), der Hauptdarsteller sieht mir optisch verteufelt ähnlich, meint meine Frau. Aber ich bin “Cathy”-Fan, und träume öfter mal von einem Lebensabend nahe Görlitz …
@Vater Thiel
“Danke, insbesondere für den Tip in Bezug auf das absolut Naheliegende, nämlich kurzfristige Bundesanleihen. Das war zu einfach, als dass ich selber drauf gekommen bin.”
Kurzfristig laufende Staatsanleihen sind zwar eine gute Methode, um in Rezessionszeiten mit hohen Zinsen wenigstens ein paar Prozent nominale Rendite zu erzielen, aber eine Absicherung gegen Inflation sind sie ganz bestimmt nicht. (Der Stoertebekker kauft sie ja auch nur deswegen, weil er bald einen großen Marktcrash erwartet.)
Um sich mit Anleihen gegen Inflation abzusichern bräuchten Sie schon ein besonderes Produkt, nämlich “inflationsindexierte Anleihen”, und müssten zusätzlich noch darauf vertrauen, dass Sie der Staat bei steigender Inflation nicht mit Manipulationen bei den Inflationsstatistiken bescheißt, was erfahrungsgemäß genau dann passiert, wenn die Inflation hoch ist und sich der Staat durch sie bequem entschulden will.
Wenn Sie Angst vor heftigem Kaufkraftverlust haben, kommen Sie um das Investment in Sachwerte nicht herum. Da sind wir dann wieder beim Welt-ETF oder ähnlichen Produkten, oder vielleicht einer schärferen Auswahl bestimmter Aktien, was Ihnen ja auch schon empfohlen wurde.
Eine brauchbare Inflationsabsicherung ist physisches Gold, bei Stückelung in Unzen müssen Sie allerdings mit ungefähr 4% Kosten (also die Händlermarge) sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf (jeweils bezogen auf den aktuellen Marktpreis) rechnen. Sollte man nicht unterschätzen, wenn man einen Anlagehorizont von nur ein paar Jahren hat. Großer Vorteil, wenn die Inflation tatsächlich heftig kommt: Die nominalen Gewinne sind nach 1 Jahr Haltezeit steuerfrei, anders als bei Staatsanleihen. ;)
@Stoertebekker
“wenn die Banken wieder mehr Zutrauen bekommen. Das kann aber auch verstärkt werden, wenn die ZBs oder/und Politiker die falschen Dinge tun.”
Bitte nicht vergessen: Die Zentralbanken können in Ausübung ihrer Funktion als Bankenaufsicht auch ganz direkt das “Zutrauen” der Banken beeinflussen, indem sie die Regulierung für die Kreditvergabe der Banken ändern oder auch nur existierende Regeln lockerer oder strenger auslegen. Richard Werner hat dazu ganze Bücher geschrieben.
@die öffentlich-rechtlichen Krimi-Connaisseure
Sendungen mit Yvonne Catterfeld ertrage ich nicht, meinem Naturell entspricht eher die schwedisch-dänische Koproduktion “Die Brücke” (nicht das amerikanische Remake, und auch nicht das französisch-britische Remake). Schon in der ersten Folge wird eine in der Mitte auseinandergeschnittene Leiche genau auf der Staatsgrenze zwischen Dänemark und Schweden auf der Öresund-Brücke abgelegt, was nicht nur die Jagd auf den offensichtlich psychopathischen Täter mit anfangs sehr mysteriöser Motivation beginnen lässt, sondern auch unterhaltsame bürokratische Verwicklungen zwischen der dänischen und der schwedischen Polizei und den beiden sehr unterschiedlichen Ermittlern in Gang setzt. Sehr empfehlenswert, besonders wenn Ihnen Frau Catterfeld zu soft oder zu nervig ist.
@Vater Thiel
Ich erlaube mir noch zwei sehr wichtige Sachen zu ergänzen. Wenn Sie das ordentlich und langfristig machen wollen, wäre es (zumindest historisch nachweislich) ratsam, die bereits drei genannten Assetklassen zu kombinieren. Also nicht “oder”, sondern “und” bei Anleihen, Aktien und ggf. Edelmetallen.
Wenn Sie damit dann die Rente dauerhaft aufbessern möchten, gibt es eine sogenannte Safe Withdrawl Rate, womit man den Kapitalstock nicht aufbraucht. Die liegt so bei 3-5% je nach Optimismus der Analyse.
Das nur kurz als Hinweis… lohnt sich, sich da einzuarbeiten.
@ Herr Thiel, der 70er Dancefloor Man in Munich Schwabing
Macht über Herrschaft endet im Kompromiss – ob bei Mann und Frau oder bei Verträgen!
Und so wird die Freiheit zur Hilflosigkeit
“Gypsy Man” by WAR 1973
https://youtu.be/3p0cofSgEHE
bestes Mundharmoikasolo …
„Gierflation“
Ich glaube eher, wir haben in Deutschland eine “Doof-Flation”, aber wenn ich das an konkreten Beispielen farbenfroh illustriere, werde ich womöglich noch vom Heizungsminister oder der feministischen Toiletten-Expertin für Afrika wegen “Beleidigung” verklagt, die sind da ja gerade ziemlich nervöse Mimos*innen…
@ott
“Doof-Flation”? Ja das stimmt. Schuld sind aber v.a. das Internet und die Smartphones. Letztere führen schon seit über zehn Jahren zu einer massiven “Detlefisierung” in der Gesellschaft (der Urgrund allen Übels, v.a. jenen Übel, das uns noch bevorsteht) – zunehmend!
@komol
Bei der “Doof-Flation” denke ich allerdings nicht an irgendwelche “Detlefs” im Internet (die nerven zwar aber können nicht viel Schaden anrichten), sondern an die Kevins in der Regierung.
@ott
Dachte ich mir :-) Seriöser und fortschrittsbringender wäre es aber wenn Sie einmal an alle denken würden!
@komol
Hätten Sie eigentlich ohne iPhone den Weg ins Internet gefunden? ;)