Fraun­hofer zu Wasser­stoff – alles, aber nicht billig

Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle die FINANCIAL TIMES (FT) zitiert, die sich umfangreich mit den Kosten von Wasserstoff auseinandergesetzt hat:

  • A simple way of calculating the average cost of hydrogen is to divide the capex by how much hydrogen the kit it buys might produce over its 20-year lifespan. By that reckoning, the average cost for the hydrogen would work out at about $62 per MWh. This really is a rough number. Both investments and energy flows stretch into the future and do not allow for the time value of money. The calculation assumes no operating costs and, most importantly, does not include any return for those putting up the capital.“ – bto: … was nur dann bei Null läge, wenn die Staaten alles finanzieren würden.
  • The second leg of this calculation is no easier considering the price of the fossil fuels hydrogen is set to replace will continue to gyrate. (…) Assuming that natural gas will stabilise at a more reasonable $50 per MWh, that would suggest every unit of hydrogen needs a $12 per MWh subsidy on average. Multiplying that for the whole of the hydrogen produced, we are looking at about $4tn in subsidies.“ – bto: 4.000 Milliarden an Subventionen, nicht schlecht.
  • In Europe and the UK, carbon pricing is already in place. The EU emissions trading system means that those companies using natural gas already pay an additional $20 per MWh for the CO₂ they emit — and that number is expected to rise. It follows that, in these regions, hydrogen will be cheaper than natural gas and the cost of carbon emissions combined. Such back-of-the-envelope maths would suggest the industry should be able to get going without subsidies. Yet that is not the case. As a report by the Hydrogen Council makes clear, the new projects being announced are not matched by a commitment of capital. If hydrogen is both necessary and, over the next 30 years, not much more expensive than fossil fuels, why are things not moving faster?“ – bto: Das ist eine wichtige Frage.
  • Hydrogen’s problem, today, is threefold. Renewables are not being built at the rate needed to decarbonise electricity, let alone make hydrogen, and their cost has ticked up. Moreover, the few hydrogen projects that do exist are small-scale and piecemeal, representing less than 1 per cent of total hydrogen production over the past three years. That makes the cost of infrastructure, which becomes tolerable when there is a bigger demand, high on a per-unit basis.“ – bto: Das wiederum macht das ganze System teuer.
  • „(…) the cost of hydrogen produced in different regions, suggests that, while some projects manage to come in at $50-$100 per MWh, the cheapest hydrogen in Europe today costs more than $150 per MWh without transport and storage. European natural gas meanwhile is below $32 per MWh.“ – bto: Jetzt kann man sagen, dass man einfach nur Gas verteuern muss. Doch das ändert nichts am massiven Wohlstandsverlust.
  • This means that a serious subsidy push is needed if hydrogen is going to reach the scale required to break even with existing energy sources.

Kernaussage also: Wasserstoff kostet in Europa ohne Transport und Lagerung 150 US-Dollar pro MWh.

Jetzt werden einige daran zweifeln, weil es ja nur die FT ist.

Umso interessanter ist dann doch, was die Experten vom Fraunhofer-Institut in einer aktuellen Studie berechnen. Ingenieur.de war so nett, die Erkenntnisse zusammenzufassen:

  • „Damit sich grüner Wasserstoff als Energieträger der Zukunft etablieren kann, muss der Preis konkurrenzfähig sein. Und er muss in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen, um die fossilen Brennstoffe Gas und Öl zu ersetzen. Beides kann Deutschland allein nicht leisten: Studien zufolge kann das Land nicht einmal die Hälfte des künftigen Bedarfs selbst produzieren.“ – bto: Dabei geht es nicht nur um die Menge, die Kosten sind bei uns besonders hoch! Das liegt neben der geringeren Verfügbarkeit von Sonne und Wind an den idiotischen Auflagen, siehe oben.
  • „‘Die lokalen Produktionskosten für gasförmigen grünen Wasserstoff sind laut unseren Berechnungen für die 12 von H2Global vorausgewählten Länder nirgendwo so niedrig wie in Brasilien, Australien und dem Norden Kolumbiens. Zwischen 96 und 108 Euro kostet dort die Produktion einer Megawattstunde, das sind rund 3,20 bis 3,60 Euro pro Kilogramm grünen Wasserstoffs‘, sagt Dr. Christoph Hank, Hauptautor der Studie.“ – bto: Also rund 110 US-Dollar. Das ist mehr als die FT angesetzt hat, mit 62 Dollar, was allerdings noch keine Betriebs-, Transport- und Kapitalkosten enthielt. Wie die Bundesregierung angesichts dieser Zahlen von „wettbewerbsfähiger Energie“ reden kann, ist mir ein Rätsel.
  • „‘Wird der Ferntransport per Schiff entweder in Form von Flüssigwasserstoff oder Ammoniak berücksichtigt, ergeben sich unter bestmöglichen Bedingungen Bereitstellungskosten für Deutschland von 171 Euro pro Megawattstunde in Bezug auf den Energiegehalt von sowohl Flüssigwasserstoff als auch Ammoniak‘, so Hank weiter.“ – bto: Es wird also noch teurer. Wie gesagt, es vergleicht sich mit rund 32 Dollar für Gas heute.
  • Und jetzt eine nur für ökonomische Laien überraschende Erkenntnis: „Länder mit hohen kombinierten Volllaststunden für Solar- und Windenergie bieten laut der Studie einen entscheidenden Vorteil: Sie ermöglichen eine hohe Auslastung der derzeit noch kapitalintensiven Power-to-X-Prozesse. Für Energieträger wie Ammoniak, Methanol oder Kerosin stellt die große räumliche Distanz zwischen Ort der Energieerzeugung und Ort der Energienutzung kein Hindernis dar. Dies liegt an ihrer hohen Energiedichte und der bereits gut ausgebauten Infrastruktur für den Transport per Schiff.“ – bto: Auslastung, Auslastung, Auslastung, … weshalb es so eine gute Idee ist, die AKW zur Erzeugung von Wasserstoff zu nutzen.
  • „Als Alternative schlägt die Studie den Import von gasförmigem Wasserstoff über Pipelines nach Deutschland vor, mit der Option der Weiterverarbeitung zu verschiedenen Endprodukten vor Ort. (…) Die Studie zeigt, dass Regionen in Algerien, Tunesien und Spanien die geringsten Kosten für die Bereitstellung von gasförmigem Wasserstoff haben. Bei einem Preis von 137 Euro pro Megawattstunde in einer für Wasserstoff modifizierten Erdgaspipeline entspricht dies 4,56 Euro pro Kilogramm für grünen Wasserstoff, inklusive Transportkosten.“ – bto: Das entspricht immer noch dem mehr als Vierfachen der Kosten von Gas.
  • Doch wozu das alles? Sollten die Staaten nicht die Energie vor Ort nutzen, also die Produktion dorthin migrieren? Das zumindest suggeriert auch diese Aussage (zurecht): „Die Autoren der Studie betonen auch die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung. Sie weisen darauf hin, dass beim Aufbau einer globalen Wasserstoffindustrie der heimische Bedarf an erneuerbaren Energien und nachhaltigen Energieträgern in den potenziellen Exportländern nicht vernachlässigt werden darf. Zudem sollte der Aufbau einer Produktions- und Exportinfrastruktur immer in Abstimmung und im Einklang mit den lokalen Stakeholdern erfolgen.“ – bto: Die Industrie wandert dorthin, wo die billige Energie zur Verfügung steht.

Mir kann keiner erzählen, dass diese Kosten unter jenen von Atomkraftwerken liegen. Sorry.

ingenieur.de: „Woher bekommt Deutschland günstigen grünen Wasserstoff?“, 5. September 2023

ise.fraunhofer.de: „Fraunhofer ISE Studie: Woher Deutschlands Importe für Wasserstoff und Power-to-X-Produkte kommen könnten“, 4. September 2023