Abenomics Creates “Potential For Economic Collapse Triggered By Bond Market Crash”, Warns Richard Koo
Heute Morgen habe ich die Wirkung der Geldpolitik Japans auf die Region und die Weltwirtschaft thematisiert. Doch auch in Japan kommen immer mehr Zweifel am Kurs von Notenbank und Regierung auf. Wurde der japanische Premier noch vor kurzem im Superman-Kostüm gezeigt – immerhin vom Economist – so überwiegen jetzt die Zweifel an Abenomics. Nicht verwunderlich! Richard Koo, der mit seinem Konzept der Bilanzrezession sicherlich einer der besten Experten für die Folgen von Finanzkrisen ist, warnt jetzt mit drastischen Worten vor den Folgen der Politik:
- Nach 18 Monaten aggressiver Geldpolitik sollte die Regierung erkennen, dass Geldpolitik nicht wirkt und lieber die (versprochenen) Reformen angehen.
- Geldpolitik wirkt nicht in der Bilanzrezession (bto: wie auch in Europa!!), doch die Bürokratie verdoppelt die Dosis (bto: wie bald auch in Europa!!). Kein Patient würde vom Arzt eine laufende Verdoppelung der Dosis eines wirkungslosen Medikaments akzeptieren.
- Die Inflationserwartungen springen nicht an –, wie sollten sie auch bei schwacher Nachfrage und unterausgelasteten Kapazitäten. Stattdessen führt die Yenabschwächung zu einem größeren Handelsdefizit und entzieht damit Binnennachfrage. (bto: Interessanter Gedanke. In Deutschland ist es umgekehrt. Wir haben zu wenig Binnennachfrage und deshalb Überschüsse im Außenhandel. Ich habe diesen Punkt, wie in Japan argumentiert, noch nicht gesehen.)
- Das neue Geld muss aber irgendwo hin, wenn es schon nicht in die Realwirtschaft gelangt. Folge: Blasen in den Kapitalmärkten. Allerdings hält dies nicht lange und die Asset-Preise fallen wieder auf das fundamental gerechtfertigte Niveau. (bto: Diese Argumentation gilt dann naturgemäß auch für die anderen Gelddruck-Nationen der Welt.)
- Im Ausland gibt es zwei Sichten auf die Geldpolitik von Japan. Die einen sehen es als ein positives Beispiel für eine gelungene Reflationierung (bto: wie gezeigt wohl eher nicht und vor allem nur, um Druck auf die EZB aufzubauen), die anderen als letztes Symbol für Japans wirtschaftlichen Niedergang. Es droht ein Crash am Markt für japanische Staatsanleihen und dann ein Kollaps der japanischen Wirtschaft. Koo scheint dem letzteren Szenario zuzuneigen.
Ich teile die Kritik an Abenomics, weil ich davon überzeugt bleibe, dass Überschuldung nur durch Schuldenrestrukturierung (auf welchem Weg auch immer) gelöst werden kann. Den Crash im Staatsanleihenmarkt sehe ich nicht, denn letztlich wird die BoJ alles kaufen. Dann wird sich die Frage stellen, was das für Inflation und Konjunktur bedeutet. Doch einfach die Staatsschulden aufkaufen und annullieren?
Auch die FT sieht die Politik der japanischen Notenbank und Regierung kritisch. So wird es nicht möglich sein, die Realwirtschaft zu beleben, lautet der Tenor:
- Die japanische Politik scheint nur noch eine Abwertung des Yens im Blick zu haben. Dabei läge es nicht am Wechselkurs, dass die japanische Industrie massiv an globalen Marktanteilen verloren hat. Hintergrund sei vielmehr ein Mangel an Innovation und eine veralterte Kapitalausstattung. (bto: Ich denke, der Wechselkurs hat sehr wohl eine wichtige Rolle gespielt, aber sicherlich ist es richtig, dass Preise nicht alles sind. Gilt auch in Europas Peripherie, die in einem reinen Preis- und Kostenwettbewerb nie eine Chance hat. Leider ist dies aber genau das, was die Politik versucht, statt auf Innovation zu setzen.)
- Die Deflation ist ein Symptom des strukturellen Niedergangs, nicht die Ursache. Demografie spielt dabei eine wichtige Rolle.
- Die private Nachfrage in Japan ist so tief, weil ein zu großer Teil des Volkseinkommens im Unternehmenssektor anfällt und dort nicht investiert, sondern gebunkert wird (hier schon früh thematisiert). Die Gewinnquote liegt deutlich über dem Niveau in den USA.
- Die Yen-Abwertung verstärkt das Problem, weil die Unternehmensgewinne wachsen, während die Realeinkommen schrumpfen. Wenn es überhaupt zu Inflation käme, würde diese kostengetriebene Inflation den Konsum noch mehr belasten.
- Eigentlich könnte dem Rest der Welt die Politik Japans egal sein, würde sie nicht eine Wirtschaft, die unter zuwenig Nachfrage leidet, weiter schwächen. (bto: Hier wird dann auch gleich wieder die säkulare Stagnation angesprochen, die wie ich sage, ja nicht die Folge von zu viel Ersparnis, sondern von zu vielen Schulden ist).
- Die USA sind das einzige Land, welches die Krise überstanden hat und die Schuldenniveaus deutlich gesenkt hat. (bto: Stimmt, allerdings durch Konkurse der Schuldner und tiefe Zinsen. Die Schulden sind immer noch hoch und wachsen zudem wieder schneller. Insofern sind die USA auch noch nicht über den Berg.) Geholfen hat die Fed, aber auch die Lohnzurückhaltung und die tieferen Energiekosten.
- China befindet sich derweil im Umbau zu einer eher vom Binnenkonsum getragenen Wirtschaft. Dazu bedarf es auch angesichts der hohen Schulden einer Abwertung der eigenen Währung, was wiederum Deflation exportiert. (bto: Siehe Beitrag von heute Morgen und vom letzten Dienstag.)
Was auch die FT zur Befürchtung führt, dass uns ein Währungskrieg bevorsteht, der auch den zarten Aufschwung in den USA rasch beenden könnte.
→ FT (Anmeldung erforderlich): Japan actions risk igniting currency war, 13. November 2014