Kreditlenkung ist kein gutes Rezept für Klimaschutz
Robert Habeck ist als Superminister für Klima und Wirtschaft angetreten, um die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren grundlegend umzubauen. Sven Giegold, Staatssekretär in Habecks Team, hat in einem Gastbeitrag für die FINANCIAL TIMES dargelegt, um was es geht: „Mittelfristig wird Deutschland vollständig auf erneuerbare Energien umstellen und damit weltweiter Klimaführer werden. Die Grünen verantworten das ‘Superministerium’ für Wirtschaft und Klima, das die Endphase der deutschen Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare beaufsichtigen wird.“
Angesichts der Tatsache, dass der Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung im Jahr 2020 bei rund 45 Prozent und am gesamten Endenergieverbrauch bei 19 Prozent lag, muss man das so verstehen, dass die Grünen davon ausgehen, mindestens bis zum Ende des Jahrzehnts zu regieren.
Realistischerweise dürfte die Umstellung allerdings deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, wächst doch der Stromverbrauch in den kommenden Jahren wegen des Umbaus der Wirtschaft signifikant.
Anlass zur Sorge gibt die Art und Weise, wie Giegold diese Ziele erreichen will: „Die Rolle des Staates sollte über die Schaffung eines Ordnungsrahmens hinausgehen. Der Staat muss private Unternehmen bei der Innovation unterstützen, indem er (…) Innovationen im Rahmen einer aktiven Industriepolitik unterstützt.“
Was zunächst gut klingt, ist in Wahrheit ein Bekenntnis zur staatlichen Lenkung der Wirtschaft. Giegold betont, dass man im Ministerium nicht auf die Wirkung von Preissignalen wie den CO2-Preis setzt, sondern auf klare staatliche Vorgaben, verbunden mit einer Regulierung der Finanzmärkte, um ein „stabiles Investitionsklima“ zu schaffen.
Meint Giegold eine staatliche Kreditlenkung?
Die Vermutung liegt nahe, dass damit eine staatliche Kreditlenkung gemeint ist, wie sie sich bereits heute mit der Einführung der Taxonomie abzeichnet. Investitionen werden danach in „gut“ und „nicht gut“ einteilt.
Über diesen Weg ist es ein Leichtes für die Politik, den wichtigsten Mechanismus der Marktwirtschaft, die Allokation von Kapital, außer Kraft zu setzen. Schon heute führt dieses Vorgehen zu merkwürdigen Ergebnissen: Beispielsweise tun sich Unternehmen, die mit Verteidigung zu tun haben, aufgrund der Vorgaben zu Umweltschutz, Sozialstandards und guter Unternehmensführung (ESG) schwer bei der Kapitalbeschaffung, während gleichzeitig die EU ihre militärischen Fähigkeiten stärken will.
Der Charme der Taxonomie liegt aus Sicht der Politik darin, dass sie nicht sichtbar eingreift. Indirekt und mit dem Deckmantel des guten Zwecks wird so gefördert, was politisch opportun ist, gern auch mit dem Begriff der „demokratischen Legitimität“. Nicht die Steigerung des Produktionspotenzials der Volkswirtschaft steht im Fokus, sondern die Realisierung politischer Ziele. Die traurige Folge: geringeres Wachstum, höhere Inflation und weniger Wohlstand.
→ handelsblatt.com: “Kreditlenkung ist kein gutes Rezept für Klimaschutz”, 14. Januar 2022