Eine Nobelpreisträgerin zeigt, was Frauen wirklich zu höheren Gehältern verhilft
Trägerin des diesjährigen Wirtschaftsnobelpreises ist die amerikanische Ökonomin Claudia Goldin. Ausgezeichnet wurde sie für ihre Arbeit über die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt und über die Ursachen geschlechtsspezifischer Einkommensunterschiede.
Nicht immer kann man bei den Forschungen, die mit dem von der Schwedischen Reichsbank ins Leben gerufenen „Wirtschaftspreises im Gedenken an Alfred Nobel“ ausgezeichnet werden, den praktischen Nutzen für wirtschaftspolitische Maßnahmen erkennen. Weshalb sich regelmäßige Leser meiner Kommentare vermutlich wundern, weshalb ich das Thema aufnehme.
Bei den Arbeiten Goldins ist es aber anders. Zwar ist ein großer Teil ihrer Analysen eher historisch interessant – so zum Beispiel die Erkenntnis, dass auch schon im 20. Jahrhundert die Erwerbsbeteiligung von Frauen deutlich höher war, sie wurde nur nicht statistisch erfasst wie beispielsweise die Mitarbeit auf dem Bauernhof.
Entscheidender sind ihre Analysen zu den Gehaltsunterschieden zwischen Mann und Frau, selbst bei gleichwertiger Arbeit. Das ist ein Thema, welches auch hierzulande anlässlich der alljährlichen Veröffentlichung der entsprechenden Statistik regelmäßig für Aufregung sorgt.
Marcel Fratzscher vom DIW sprach aus diesem Anlass im Frühjahr von einem „Armutszeugnis für Deutschland“. Seine Forderung: Abschaffung von Ehegattensplitting und Minijobs, eine leistungsfähige Betreuungsinfrastruktur für Kinder und höhere Löhne in Berufen wie in der Krankenversorgung.
Frauen können nicht den gleichen zeitlichen Arbeitseinsatz erbringen wie Männer
Den Studien von Goldin zufolge ist jedoch der entscheidende Hebel die Verbesserung der Betreuungsinfrastruktur für Kinder. Ihre Untersuchungen zeigen nämlich eindeutig, dass es vor allem bei gut bezahlten Positionen im Dienstleistungsbereich zu Gehaltsnachteilen für Frauen kommt.
Dies liegt daran, dass es hier – denken wir an Partner bei Anwaltskanzleien oder Beratungen, aber auch an das Topmanagement – nicht nur auf die Qualifikation, sondern auch auf den zeitlichen Arbeitseinsatz über Jahre hinweg ankommt, wenn es um Beförderung und Gehälter geht.
Gerade diesen Zeiteinsatz können und wollen viele Frauen nicht bringen, vor allem jene, die Mütter sind oder sich zumindest mit dem Gedanken tragen, Mutter zu werden.
Unter diesem Aspekt sind Fratzschers Forderungen nur bedingt sinnvoll. So ist zu bezweifeln, dass die Abschaffung von Minijobs oder staatlich verordnete Lohnerhöhungen in von Frauen dominierten Berufen das Problem geringerer Entlohnung bei gleicher Arbeit lösen.
Denn das ändert nichts an der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen, sondern führt lediglich zu einem statistischen Effekt. Außerdem ist zu erwarten, dass solche Maßnahmen zu weniger und nicht zu mehr Arbeitsplätzen führen.
Abschaffung des Ehegattensplittings ist keine Lösung
Auch die immer wieder vorgetragene Forderung nach Abschaffung des Ehegattensplittings, die kontrovers diskutiert wird, ändert nichts an dem Lohnunterschied. Ohnehin ist schwer nachvollziehbar, wie der Übergang von der Haushalts- zur Individualbesteuerung, der eine Verminderung des Haushaltseinkommens zur Folge hat, Anreize zur Erwerbstätigkeit bieten soll.
Da die Gesellschaft ein hohes Interesse daran haben sollte, gerade hochqualifizierten Frauen zu ermöglichen, Kinder zu haben, gilt es, hier anzusetzen. Neben der Kinderbetreuung geht es um finanzielle Anreize und um gezielte Programme der Unternehmen, Mutterschaft mit Karriere besser zu verbinden. Die umstrittene Frauenquote hilft dabei übrigens nicht. Eine Mütterquote wäre allerdings überlegenswert.