Die Wasser­stoff­strategie der Bundes­regierung ist nicht zu Ende gedacht

Die Klima- und Energiepolitik Deutschlands krankt seit Jahren an fehlender Transparenz, fehlender Planung und fehlendem ökonomischen Denken. Es werden Ziele postuliert, und ihre Erreichbarkeit wird einfach behauptet – offensichtlich, ohne dies wirklich analysiert zu haben.

Und mit dem Umbau des Systems wird schon mal begonnen. Wie jeder private Bauherr weiß, gibt es keinen größeren und kostspieligeren Fehler, als mit dem Bau zu beginnen, bevor die Planungen abgeschlossen sind und die Finanzierung gesichert ist.

Da hilft es nicht mal vordergründig, wenn die Politik erklärt, eine Übersicht über die Kosten der Energiewende zu erstellen sei weder möglich noch sinnvoll. Die konstruierte Logik dahinter soll wohl sein, dass man angesichts der Bedeutung des Zieles die Frage nach den Kosten nicht stellen dürfe. Mit Blick auf leere Kassen und den erheblichen Investitionsbedarf bei Infrastruktur, Bildung und weiter bis zur Verteidigung können wir uns diese „Logik“ allerdings nicht mehr leisten.

Stehen am Ende Investitionsruinen?

Womit wir bei der „nächsten großen Geschichte“ (Zitat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck) wären: der Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft. Obwohl das Fraunhofer-Institut vorrechnet, dass sich eine Wasserstoffproduktion in Deutschland nicht rechnet und auch der Import von Wasserstoff deutlich teurer ist, als es heutige Energieträger sind, fließen staatliche Fördergelder zum Aufbau eines Wasserstoffnetzes.

Obwohl unklar ist, ob es sich jemals rechnet, werden Unternehmen bei diesem Umbau mit Subventionen unterstützt. Nicht einmal die Tatsache, dass erste Empfänger wie Thyssen-Krupp Zweifel anmelden, sorgt für ein Umdenken. Erneut wird begonnen zu bauen – ohne einen zu Ende gedachten Plan.

Vorhersehbar sind dabei aber nicht nur weitere verschwendete Milliarden an Steuergeldern. Viel schlimmer wiegt die Gefahr, dass am Ende Investitionsruinen stehen. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man eine Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zur Bedeutung der Energiekosten bei der Standortwahl liest.

Die Forscher gehen der naheliegenden Frage nach, ob es kostengünstiger ist, Wasserstoff hierzulande zu erzeugen oder zu importieren, um damit Grundstoffe wie Stahl, Harnstoff und Ethylen zu erzeugen – oder diese Grundstoffe direkt aus Ländern mit günstigen Energiekosten zu importieren.

Der Kostenvorteil der Importe beziehungsweise der Kostennachteil deutscher Produktion ist erheblich. Im optimistischen Szenario liegt der Preisnachteil Deutschlands bei 18 Prozent für Stahl, 32 Prozent für Harnstoff und 38 Prozent für Ethylen, im pessimistischen bei 32 Prozent, 55 Prozent beziehungsweise 60 Prozent.

Wollte die Politik diesen Kostennachteil dauerhaft mit Subventionen kompensieren, fallen – so die Forscher des PIK – bis zu 18 Milliarden Euro pro Jahr an. Wohlgemerkt sind das die Kosten für nur drei ausgewählte Rohstoffe, während die Logik für viele weitere Grundstoffe wie Aluminium, Kupfer, Zement, Glas, Papier oder Silizium ebenfalls gilt.

Da Subventionen in der erforderlichen Größenordnung zur (Teil-)Rettung dieser Industrien weder sinnvoll noch dauerhaft leistbar sind, muss die Schlussfolgerung sein, dass wir uns von diesen Industrien verabschieden müssen. Nüchtern betrachtet ist das der gesamtwirtschaftliche Preis, den wir dafür bezahlen, als relativ wind- und sonnenarmes Land auf den kostengünstigen Strom aus vorhandenen Atomkraftwerken verzichtet zu haben.

Auf keinen Fall dürfen wir die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Die Umsetzung der „Wasserstoffstrategie“ der Bundesregierung, die alles ist, aber keine Strategie, muss gestoppt werden.