Das BSW hat richtige Diagnosen und falsche Therapien
Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen stehen wir vor neuen politischen Konstellationen. Dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kommt in beiden Ländern die Rolle des Königsmachers der Union zu.
Viel wird über die außenpolitischen Bedingungen des BSW für eine Regierungsbeteiligung geredet – Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine und Aufnahme von Friedensverhandlungen –, aber wenig über die wirtschaftspolitischen Implikationen. Dabei dürften diese für die Entwicklung Deutschlands entscheidend sein.
Meine persönliche Einschätzung als jemand, der die Bücher der Gründerin und Namensgeberin des BSW gelesen und ihre Aussagen verfolgt hat: Sie bietet eine sehr gute, zutreffende Analyse des Status Deutschlands. Allerdings leitet sie daraus Schlussfolgerungen ab, die man nur aus dem festen Blickwinkel einer überzeugten Sozialistin ziehen kann. Der Staat ist für sie die Lösung aller Probleme.
Auch das Programm des BSW benennt klarer als das jeder anderen Partei den Zustand der deutschen Wirtschaft: unzureichende Investitionen, abgewirtschaftetes Bildungssystem, zu hohe Energiekosten und die absehbare Deindustrialisierung. Vom Duktus und Inhalt ist es das, was man auch von der FDP erwarten würde.
Auch viele der Vorschläge der Partei zur Sanierung des Landes klingen vernünftig: radikaler Abbau der Bürokratie durch Wegfall von Anforderungen zur Berichterstattung, mehr Investitionen, Neuausrichtung in der Energiepolitik durch Abkehr vom teuren und unrealistischen Fokus auf erneuerbare Energien, Betonung von Innovationen beim Kampf gegen den Klimawandel.
Man trifft aber auch auf Thesen, wie man sie bei einer linken Partei erwarten darf: höherer Mindestlohn, Verschärfung der Mietpreisbremse, Zerschlagung von Monopolen, Verstaatlichung kritischer Infrastruktur, beispielsweise der Stromnetze, und natürlich mehr Umverteilung durch deutlich höhere Steuern für höhere Einkommen und Vermögen. Zusätzlich sollen in Deutschland die Schuldenbremse und auf EU-Ebene die Verschuldungsgrenzen für die Staaten abgeschafft werden.
Dies passt dann doch nicht zu dem Bild, das das BSW vermitteln möchte, als Verteidigerin der Interessen des deutschen Mittelstands im Kampf gegen übermächtige Konzerne. Denn so richtig es ist, Bürokratie abzubauen und mehr in das Land zu investieren, so falsch ist es, den ohnehin schon stark gewachsenen Staatsanteil noch weiter auszubauen.
Vor allem ist Skepsis angebracht, ob das BSW einen etwaigen Verschuldungsspielraum wirklich für Investitionen nutzen würde anstatt für weitere Sozialausgaben. Die Forderung, die Renten auf das Niveau Österreichs zu erhöhen, setzt entweder eine deutliche Beitragserhöhung von 18,6 auf 22,8 Prozent voraus oder erfordert einen noch größeren Zuschuss aus dem Bundeshaushalt. Beides wäre nicht generationengerecht.
Und ein Fokus auf Umverteilung trüge zu wenig zur Schaffung von Wohlstand bei.