Studie: Zukunft des deutschen Strom­marktes

Es gibt viele Studien zur Energiewende, die meisten kommen dabei zu dem Schluss, dass das mit den Erneuerbaren Energien schon funktionieren wird, dass es kein Problem sein wird, Dunkelflauten zu überwinden und es letztlich nur eine Frage des Willens sei.

Schon in früheren Folgen haben wir diskutiert, dass dabei die Dunkelflauten deutlich unterschätzt werden.

Wie ernst man diese Analyse nehmen muss, zeigt eine aktuelle Studie einer Berliner Beratungsgesellschaft, die seit Jahren energiewirtschaftliche Fragestellungen bearbeitet:

  • „In einem von wetterabhängigen Erzeugungskapazitäten geprägten Stromsystem ist zu keiner Stunde eine genaue Deckung des Bedarfes durch die Erneuerbaren gegeben. Entweder fallen Überschüsse an oder es besteht ein Defizit (…) Die durch die volatile Erzeugung geprägte Über- oder Unterdeckung wird noch deutlicher, wenn man die sogenannte Residuallast betrachtet. Die Residuallast stellt die Last dar, die nach Einspeisung von PV und Wind zu jedem Zeitpunkt eines Jahres nicht gedeckt ist.“ – bto: So weit, so bekannt.
  • „Das kumulierte Defizit beträgt im Jahr 2040 mit 233 TWh fast ein Viertel des Bedarfs. Der Überschuss summiert sich auf 219 TWh. In 5.030 Stunden des Jahres besteht ein Defizit, in 3.730 Stunden ein Überschuss aus der Stromerzeugung der Erneuerbaren Quellen.“ – bto: Das ist wie in der Geschichte des Mannes, der mit einem Fuß im Kühlschrank und dem anderen auf der Herdplatte steht und sich im Durchschnitt einer angenehmen Temperatur erfreut…
  • „Es gibt verschiedene Flexibilitätspotenziale, sowohl auf Erzeugungs- wie auch auf Verbrauchsseite. Die Ladung von E-Fahrzeugen und der Einsatz von Wärmepumpen können im Stundenbereich verschoben werden. Nimmt man bei 50% der Ladevorgänge eine mögliche Verschiebung von 5 Stunden und bei 60% der Wärmepumpen eine Verschiebung von bis zu 12 Stunden in Defizitstun- den an, dann kann die Defizitmenge um 15 TWh und die Defizitstunden können um 290 Stunden verringert werden. (…) Wenn es gelingt, alle aufgezeigten Flexibilitätspotenziale zu nutzen, dann lässt sich die Defizitmenge um 90 TWh, d.h. um ca. ein Drittel, und die Defizitstunden von ca. 5.000 auf 3.600 Stunden reduzieren. Demnach müssen nach Nutzung aller Flexibilitäten und Speicher immer noch ca. 140 TWh und eine Spitzenlast von 120 GW abgedeckt werden.“ – bto: Klartext: Was uns hier immer als Lösung versprochen wird, ist keine Lösung.
  • „Somit bleibt nach Nutzung aller beschriebenen Potenziale eine abzudeckende Defizit-Strommenge von 140 TWh. Nach dem heutigen Stand der Technik können nur flexible Gaskraftwerke dieses Defizit abdecken. Deshalb gehen wir davon aus, dass in 2040 75 GW Gaskraftwerke erforderlich sind, die durchschnittlich auf über 1.800 Betriebsstunden pro Jahr kommen.“ – bto: Das Habeck-Ministerium rechnet mit 25 GW… wir sehen das Problem!
  • „Es besteht die berechtigte Frage, ob mit einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Erzeugungskapazitäten der Bedarf an flexiblen Kapazitäten reduziert werden kann. Eine Sensitivitätsanalyse zeigt, dass das nicht der Fall ist – jedenfalls nicht in signifikantem Umfang. Selbst wenn man die Erneuerbare Erzeugungskapazität um 50% erhöht, lässt sich die Spitzendefizitlast nur von 120 auf 117 GW reduzieren. Die Defizitstunden würden sich dann von 5.000 auf 3.300 Stunden und die Defizitstrommenge um 95 TWh reduzieren lassen. Das wäre allerdings mit enormen Überschussmengen und hohen zusätzlichen Ausbaubedarfen des Stromnetzes verbunden. Die Notwendigkeit von flexiblen Kraftwerkskapazitäten würde sich nicht nennenswert reduzieren. Die Betriebsstunden der flexiblen Kraftwerke würden sich jedoch von über 1.800 auf 600 Stunden pro Jahr reduzieren. D.h. bei einer weiteren Erhöhung der Erneuerbaren Erzeugungskapazität über 100% bilanzieller Bedarfsdeckung hinaus, nimmt der Grenznutzen rasch ab und es ist volkswirtschaftlich sinnvoller, in flexible Kapazitäten, Langfrist-Speicher und Flexibilisierung des Verbrauchs zu investieren.“ – bto: Auch das steht im Widerspruch zu dem, was die Regierung uns immer erzählt. Ganz zu schweigen die Grünen.
  • „Um den Strombedarf in Deutschland bilanziell aus Erneuerbaren Stromquellen zu decken, sind Investitionen von über 800 Mrd. EUR erforderlich. Den größten Anteil nehmen dabei mit über 400 Mrd. EUR Wind- und Photovoltaik-Anlagen ein. 135 Mrd. EUR betreffen die Gaskraftwerke und Speicher. In die Netzinfrastruktur sind ca. 250 Mrd. EUR an Investitionen erforderlich.“ – bto: Und das ohne jeglichen Beitrag zur Mehrung unseres Wohlstands. Im Gegenteil.
  • „Die Gaskraftwerkskapazität muss von heute 32 GW auf zukünftig 75 GW steigen (s. Abb. 8). 7 GW der heutigen Kapazität sind jünger als 10 Jahre. Hier gehen wir davon aus, dass diese Kraftwerke auf Wasserstoff umgerüstet werden können. Demnach müssen 68 GW neu dazukommen. Neben den für die Abdeckung des Leistungs- und Erzeugungsdefizits notwendigen Gaskraftwerke können für die Netzstützung zusätzliche Kapazitäten erforderlich sein. Es ist unseres Erachtens nach wahrscheinlich, dass langfristig, trotz des Ausbaus der Netzinfrastruktur, Engpässe im deutschen Höchstspannungsnetz bestehen bleiben. Heute sind rund 8 GW durch die Transportnetzbetreiber kontrahierte Kraftwerkskapazitäten notwendig, um das Netz stabil zu halten. Es ist davon auszugehen, dass dieser Bedarf nicht sinkt, sondern im Gegenteil noch steigt. Wir gehen davon aus, dass 2040 12 bis 15 GW notwendig sind, um die Netzstabilität aufrechtzuerhalten. Diese Kraftwerkskapazitäten werden, so wie heute auch, durch vertragliche Absicherung für die Investoren eine risikominimierte Investition darstellen.“ – bto: Das ist sehr nett formuliert. Es kostet einfach viel.
  • „In den Engpassstunden ist von einem Preis auszugehen, der höher liegt, als das heute der Fall ist. 2022 wurde in den 400 teuersten Stunden des Jahres ein Durchschnittspreis von 606 EUR/MWh erreicht. Die Gaskraftwerke brauchen zur Abdeckung Ihrer Gesamtkosten einen Engpasspreis von mindestens 680 EUR/MWh über 360 Stunden. Wir schätzen die Wahrscheinlichkeit für ein entsprechendes Preisniveau als hoch ein und erwarten Engpasspreise, die noch darüberliegen.“ – bto: Aber die Erneuerbaren sind ja angeblich so billig. Wenn man das alles zusammenrechnet, ist keineswegs ausgemacht, dass wir hier günstiger fahren als mit Kernenergie.
  • „Die Strompreise sind in den nächsten 15 Jahren etwa auf dem zweieinhalbfachen Niveau dessen zu erwarten, was in den vergangenen 15 Jahren vor der Krise beobachtet wurde. Das spiegelt die Kosten der Dekarbonisierung und der Energiewende wider.“ – bto: Ich bezweifle, dass wir uns das leisten können.

e-vc.org: „Zukunft des deutschen Strommarktes: Auswirkungen eines dekarbonisierten Stromsystems auf Versorgungssicherheit, Investitionserfordernisse und Marktdesign“, Dezember 2023