Einlagensicherung: „Deutschland würde profitieren“ – soso …

Leser von bto wissen, dass ich die geplante europäische Einlagensicherung für einen Weg zur Sozialisierung der faulen Privatschulden durch die Hintertür halte. Wie groß die Lücken sind, habe ich heute Morgen bereits dargelegt.

Angesichts der Möglichkeit, vor allem den deutschen Sparern und Steuerzahlern die Kosten aufzubürden, ist das Interesse der anderen Länder naturgemäß groß. Und Deutschland hat bisher dagegengehalten. Im Zuge unserer zwangsläufigen Kompromissbereitschaft als Folge der ungelösten Flüchtlingskrise werden wir aber nachgeben. Eines der vielen Gebiete, wo uns die verfehlte Politik Milliarden kosten wird.

Damit wir es aber nicht merken und noch dazu gut dabei führen, ist es klar, dass die Medien uns die Lobeshymnen vorsetzen. So hier die ZEIT mit einem Beitrag des eigentlich von mir sehr geschätzten Guntram Wolff. Schauen wir uns seine Argumentation an:

  • Worum geht es? „Die Kosten für Bankenrettungen und Einlagensicherung sollen eben nicht mehr ausschließlich bei einzelnen Ländern, sondern bei der Gemeinschaft der Länder liegen.“ – bto: Das ist richtig. Und wie hoch sind denn die zu erwartenden Kosten?
  • Es gibt verschiedene Modelle, wie sich eine solche europäische Einlagensicherung gestalten lässt. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen darin, wie groß die nationale und europäische Komponente jeweils sein soll.“ – bto: richtig. Es ist also ein unterschiedlicher Grad der Umverteilung zwischen Ländern
  • Eine Möglichkeit ist, die Einlagensicherung als rein nationale Angelegenheit zu belassen – so, wie es aktuell der Fall ist. Die Glaubwürdigkeit der Sicherung hängt dann von der Größe des Fonds ab, der Verfasstheit des nationalen Bankensektors und der Situation der Staatsfinanzen, da Einlagensicherungen in der Regel letztlich vom Staat garantiert werden.“ – bto: Das hat den Vorteil, dass diejenigen, die sich übermäßig verschulden und übermäßig Kredite geben, für die Folgen ihres Handelns geradestehen müssen.
  • Wo ist das Problem? „gerade Letzteres problematisch sein kann, wenn Staaten nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen. So entstehen starke Verzerrungen im Bankensystem. Das wiederum belastet die Europäische Zentralbank bis an die Grenzen ihres Mandats“. – bto: soso. Aber doch nur, weil die Banken nicht, wie eigentlich gefordert, abgewickelt werden. Was hat die EZB da eigentlich für eine Rolle zu spielen außer die Finanzstabilität zu sichern? 
  • „Dem gegenüber steht eine Einlagensicherung vollständig auf europäischer Ebene. Dies bedeutet bestmögliche Risikostreuung. Die Qualität der Einlagensicherungen wäre demnach länderunabhängig.“ – bto: klar. Weil alle für alle haften.
  • Eine solche gemeinsame Haftung könnte die Politik verleiten, Kosten anderswo abzuladen. Staaten mit weniger strengen Regeln haben etwa nur geringere Anreize, Rahmenbedingungen im Finanzsystem zu verbessern. Das gilt etwa für die Beleihungsquoten von Hypothekenkrediten oder wie Banken Kredite in Fremdwährungen behandeln müssen. Regierungen beeinflussen hier die Risikobilanzen von Banken. Noch relevanter ist, wie Banken Staatsanleihen in ihren Büchern bewerten müssen – hier besteht klar Handlungsbedarf.“ – bto: Und was ist mit den schon bestehenden Problemen? Sollte man das nicht klären, bevor man eine europäische Einlagensicherung beschließt?
  • Modell, das als europäische Einlagenrückversicherung eine gewisse nationale Komponente beibehält. In diesem Fall würde man nationale Einlagensicherungen beibehalten und einen europäischen Fonds nur dann nutzen, falls der nationale nicht ausreicht.“ – bto: Wenn die nationalen Fonds ausreichen würden, hätten wir die Diskussion nicht. Die faulen Schulden sind doch schon jetzt erheblich.
  • Eines der Hauptprobleme der aktuellen Situation besteht darin, dass einer gemeinsamen und einheitlichen Bankenaufsicht starke nationale Verantwortungen gegenüberstehen. Weil nationale Unterschiede bestehen bleiben, würden Regierungen gerechtfertigter Weise auch bei der Bankenaufsicht mitmischen wollen. Umgekehrt könnten nationale Regierungen aber auch zu Recht zurückweisen, für Probleme, die von der gemeinsamen Aufsicht nicht rechtzeitig entdeckt wurden, zu haften.“ – bto: Also meint auch Wolff, wir sollten es nicht machen. Wieso dann der Titel des Betrages?
  • Eine konsistente Lösung wäre es, eine europäische Einlagensicherungs- und Abwicklungsbehörde zu schaffen.“ Diese wäre komplett für die Einlagensicherung verantwortlich. „Sie könnte auf eine Rückversicherung beim europäischen Steuerzahler zurückgreifen, wenn harte bail-in-Regeln nicht ausreichen, um Verluste auf private Gläubiger abzuwälzen. Allerdings kann ein solches System nur glaubwürdig umgesetzt werden, wenn Banken grundsätzlich ‚europäisch‘ werden und insbesondere weniger nationale Staatsanleihen in ihren Büchern halten.“ – bto: ja, wenn. Das ist aber nicht so. Und noch mal: „europäische Steuerzahler“ sind zu 28 Prozent die Deutschen.
  • „Daher braucht es für Banken europaweit einheitliche Regeln für die Haltung von Staatsanleihen. Diese sollten eine europäische Einlagenrückversicherung komplementieren, um Risikostreuung und Risikoreduktion zu kombinieren.“ – bto: Das wäre nett. Nur ist das nicht der Fall.

Gerade auch Deutschland würde davon profitieren, wenn Europas Bankensystem endlich stabil wäre und die Europäische Zentralbank nicht mehr indirekt haften müsste. Auch würde das deutsche und europäische Bankensystem effizienter: Kredite würden stärker nach ökonomischen statt nach politischen Kriterien vergeben werden.“

O. k., was soll das zum Zeitpunkt der Abstimmung im Bundestag? Denn diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Wieso dann der Titel?

ZEIT ONLINE: Einlagensicherung: „Deutschland würde profitieren“, 24. November 2015

Kommentare (3) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. MFK
    MFK sagte:

    Die Verbindung zwischen Banken und Staaten ist offensichtlich, weil Banken Staatsanleihen halten müssen. Es geht hier also auch um eine Vergeminschaftlichung von Staatsschulden durch die Hintertür.

    Antworten
  2. OK
    OK sagte:

    Man kann nicht aufhören, den Kopf zu schütteln über die Entwicklung, die die EU in den letzten Jahren im Bereich der Finanz- und Geldpolitik genommen hat. Alles ist denkbar, möglich und am Ende auch gewollt, keine ehernen Regeln mehr, keine Positionen, die nicht im nächsten Jahr über Bord geworfen werden…am Ende siegt einfach immer der Druck, der durch die enormen Schuldenlasten (und die Notwendigkeit, dieses System ad infinitum zu erhalten) auf dem ganzen Konstrukt lastet. Draghi-Put ist offenbar noch zu kurz gesprungen, es ist tatsächlich ein Regime-Put. Weil es ein komplexes System ist, sind die Folgen nie kalkulierbar und daher ist jedes Teilstück automatisch “too big to fail”. Man muss der Politik zumindest lassen, dass sie das erkannt hat und konsequent handelt. Handelt im Sinne von kittet/ausbessert/abstützt, nicht im Sinne von saniert…

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  3. Ewald Kroiss, LL.M.
    Ewald Kroiss, LL.M. sagte:

    Es stellt sich die Frage, wie ein Land profitieren kann, wenn es lediglich eine Bank unter den Top 20 in Europa vorweisen kann und 99 von 120 systemrelevanten Banken in Europa sich nicht in Deutschland befinden. Man kann fast sagen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 % bis 95% das Einlagensicherungsereignis ausserhalb Deutschlands eintreten wird. Die Folgen sind vorhersehbar: Distressed-Debt-Investoren kaufen mit guenstigem EZB-Geld die abgewerteten Assets und fuehren die Gewinne steuerfrei aus der EU ab, waehrend die Deutschen die Einlagen der Sparer entschaedigen.
    MfG
    EK

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