Das System kriegt die Kurve – noch einmal
Gestern habe ich gefragt: „Wird Geld knapp?“ In der Tat sind die Optimisten nur deshalb optimistisch, weil sie mit einer Fortsetzung der bisherigen Politik rechnen: nämlich noch billigeres Geld und noch mehr Schulden. Zu diesen Optimisten gehört auch Ambrose Evans-Pritchard. Er erinnert an die früheren Krisen, vom Crash 1987, die Asienkrise, die Russlandkrise bis zur Pleite des Hedgefonds LTCM und verweist auf die immer wiederkehrende Rettung.
Die Zentralbanken hätten ihre Lektion aus der großen Depression gelernt, weil, es hätte nur an der schrumpfenden Geldmenge gelegen, dass es so schlimm gekommen sei:
Übersetzung: die Geld- = Schuldenmenge ist geschrumpft, deshalb die Krise. Verhindert man das Schrumpfen, gibt es also keine Krise. Das stimmt. Allerdings genügt es bekanntlich nicht, dass Deleveraging zu verhindern, sondern man muss mindestens in Höhe der Zinsen auf den bestehenden Schulden eine weitere Verschuldung erzielen. Nur dann können alle Schuldner ihre Verpflichtungen auch erfüllen.
Ambrose Evans-Pritchard weiß dies genau. Er schließt seinen Beitrag mit dem Optimismus, dass China noch mal die Kredite steigern und so die Welt retten kann – bis zur nächsten Krise, die dann noch größer wird. Aber lieber ein Jahr dazu gewinnen, so seine Sicht. Problematisch aus meiner. Denn damit wächst das Problem nur noch größer an und der Schaden der Bereinigung wird noch sichtbarer.
Die USA und Europa sieht er dank wachsender Kreditmengen auf gutem Kurs. Das Risiko liegt nur in Politikfehlern in China. Davon sind schon einige gemacht worden:
- Die Realzinsen sind stark gestiegen (wegen der Deflation) – auf ein Niveau von fünf Prozent p. a.
- Die Staatsausgaben sanken in den Wintermonaten erheblich (19,9 Prozent Rückgang alleine im Januar) aufgrund der Reform der Finanzierung der Regionalregierungen.
- Die Aktienblase als Versuch, die Finanzierung der Unternehmen zu verbessern, ist grandios gescheitert.
- Die Freigabe des Wechselkurses weckte Abwertungsängste in der Welt.
Jetzt scheint die Regierung „das Richtige“ zu tun. Die Staatsausgaben steigen, die Zinsen sinken. Eine Runde weiter.
→ The Telegraph: China is in a serious bind but this is not yet a ‘Lehman’ moment, 26. August 2015