Best of 2021 – Bundesrechnungshof warnt eindrücklich vor Wiederaufbaufonds
Dieser Beitrag erschien im Mai 2021 bei bto:
Morgen geht es im Podcast um den Wiederaufbaufonds sowie die Implikationen für Deutschland und die EU. Da lohnt es sich, die Analyse des Bundesrechnungshofes zu dem Thema genauer anzusehen:
In “Ein Traum von einem Land” schreibe ich über den Bundesrechnungshof, dem ich eine aktivere Rolle geben würde: “Ursprünglich 1714 von König Wilhelm I als ‘Preußische Oberrechnungskammer’ gegründet, firmiert sie seit 1950 als Bundesrechnungshof. Der Bundesrechnungshof ist eine oberste Bundesbehörde und steht auf der gleichen Stufe wie das Bundespräsidialamt, das Bundeskanzleramt und die Bundesministerien. Als unabhängiges Organ der staatlichen Finanzkontrolle ist der Bundesrechnungshof nur dem Gesetz unterworfen.
Heute ist der Aufgabenbereich des Bundesrechnungshofes eng umschrieben: ‘Der Bundesrechnungshof prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes: das beinhaltet jährliche Einnahmen und Ausgaben des Bundes in Höhe von über 700 Milliarden Euro, die Sozialversicherungsträger sowie das Handeln des Bundes bei privatrechtlichen Unternehmen, an denen er beteiligt ist.’ Und: „Er beurteilt keine politischen Entscheidungen.“
In der Tat beschränkt sich der Bundesrechnungshof auf die nachträgliche Beurteilung politischer Entscheidungen. So findet man im jährlichen Bericht zum Bundeshaushalt durchaus kritische Anmerkungen zu Schulden, Mittelverwendung und Prioritäten. Immer so, dass es letztlich keine großen Auswirkungen auf das Handeln der Politiker hat. Die Mahnungen werden zur Kenntnis genommen und zur Tagesordnung übergegangen. Nach dem Motto: „Gelesen – gelacht – gelocht“.
Beispiele:
- Im Sommer 2019 kritisierte der Bundesrechnungshof den schleppenden Ausbau der Stromnetze und warnte vor den Folgen für die Versorgungssicherheit in Deutschland.
- Im Herbst 2019 drängte er auf eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages, da dieser vermutlich nicht verfassungskonform ist.
- Im Herbst 2018 warnte der Bundesrechnungshof vor einem europäischen Währungsfonds, weil dieser „erhebliche Risiken“ für den Bundeshaushalt mit sich bringt.
- Ebenfalls im Herbst 2018 warnte er Finanzminister Scholz vor einer Aufweichung der Abgrenzung zwischen den Haushalten der Länder und des Bundes.
- Mit Blick auf das Klimapaket der Bundesregierung warnte der Rechnungshof vor einer Schieflage zugunsten besserverdienender Haushalte.
- Ebenfalls im Sommer 2019 kritisierte der Rechnungshof die neue gegründete „Cyberagentur“ als redundant mit anderen staatlichen Aktivitäten in dem Bereich und spricht von „staatlicher Mehrfachförderung“.
Alles Beispiele, wo die Politik sich über die Mahnungen der Bundesrechner hinweggesetzt hat. Alles Beispiele, wo wir einen Wandel brauchen. Denn bis jetzt ist das Preisschild immer versteckt und wird von der Öffentlichkeit praktisch nicht wahrgenommen. Was wir brauchen ist einen systematischen Check politischer Projekte, sobald sie in die Diskussion kommen und ein verpflichtendes Label für Gesetze. Damit macht der Bundesrechnungshof keine Politik und er greift nicht in die politischen Entscheidungen ein, er vertritt aber die Interessen der Bürger mit Blick auf Transparenz über die Folgen dessen, was beschlossen wird.”
Neuestes Beispiel für die Leistung des Bundesrechnungshofes – und die erneut konsequente Ignorierung durch die Politik! – bietet der Bericht zu den “möglichen Auswirkungen der gemeinschaftlichen Kreditaufnahme der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf den Bundeshaushalt”. Jeder Abgeordnete, der da zugestimmt hat, nimmt es mit seinem Eid, “Schaden vom deutschen Volk abzuwenden” nicht ganz so ernst. Das hätte intensive und kontroverse Diskussionen im Bundestag verdient.
Zur Essenz:
- „Die nachfolgende Tabelle 1 zeigt in der ersten Spalte die erwartete Verteilung von Zuschüssen auf die EU-Mitgliedstaaten. In der zweiten Spalte sind die erwarteten Rückzahlungsverpflichtungen aus den für die Zuschüsse aufgenommenen EU-Anleihen aufgeführt. Die dritte Spalte zeigt die daraus resultierende Nettoposition der Mitgliedstaaten: Liegt der Anteil der Zuschüsse über dem Rückzahlungsbetrag, ist der Mitgliedstaat Nettoempfänger, umgekehrt Nettozahler. Deutschland ist mit 65,9 Mrd. Euro aus heutiger Sicht der größte Nettozahler.“ – bto: was politisch auch bei uns so gewünscht ist. Ich bleibe dabei, dass dies vor allem mit Blick auf die sehr ungleiche Vermögensverteilung und auf die beispielsweise in Italien geringere Privatverschuldung als in Deutschland zu problematisieren ist.
- „Die Tabelle zeigt damit auf, in welchem Umfang der Wiederaufbaufonds einen schuldenfinanzierten Transfer von den Nettozahlern zu den Nettoempfängern organisiert. Da vorgesehen ist, dass alle Mitgliedstaaten Zuschüsse erhalten und sich abhängig von ihrem Anteil am EU-Haushalt an deren Rückzahlung beteiligen sollen, beträgt der Nettoeffekt insgesamt lediglich 144,9 Mrd. Euro. D. h., dass mit dem Wiederaufbaufonds zwar 390 Mrd. Euro an Zuschüssen „bewegt“ werden, der tatsächliche Vorteil für alle Nettoempfänger (Nettovorteil) hieraus beläuft sich jedoch auf weniger als 145 Mrd. Euro.“ – bto: unter der nicht zu vernachlässigenden Voraussetzung, dass auch alle, die sich verpflichtet haben zu tilgen, das auch tun!
- Das Finanzministerium hat versucht, mit semantischen Tricks die Aussage zu entkräften (was die Frage aufwirft, wessen Interessen hier vertreten werden). Dazu der BRH: „Die Einlassungen des BMF zur Frage der Transfers überzeugen nicht. Denn mit dem Wiederaufbaufonds werden Zuschüsse und Rückzahlungsverpflichtungen in unterschiedlicher Höhe auf die Mitgliedstaaten verteilt und auf diesem Wege Transfers zwischen den Mitgliedstaaten organisiert. Der ‘Umweg’ über die EU-Programme ändert nichts daran, dass es sich hier um Transfers handelt. Der Fachterminus ‘Transfer’ ist zudem bei bereits bestehenden EU- Programmen als Einkommensübertragung ohne äquivalente wirtschaftliche Gegenleistung gebräuchlich und wird so in der Literatur und auch von der EU-Kommission verwendet.“ – bto: Wenn man das liest, fragt man sich schon, auf welcher abstrusen Ebene hier versucht wird, von politischer Seite selbst die simplen Fakten zu verdrehen.
- „Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Euro-Währungsgebiets haben bereits im Anschluss an die Finanzkrise wiederholt Anleihen begeben, für die sie gemeinsam haften. Jedoch wurden die aufgenommenen Mittel bisher stets als Kredite an die Mitgliedstaaten weitergereicht. Die Rückzahlung musste durch die Darlehensnehmer erfolgen. Beim Wiederaufbaufonds sollen die am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel jedoch überwiegend als Zuschüsse vergeben werden. Dies wird mit einer bereits hohen Verschuldung einiger Mitgliedstaaten begründet. Eine weitere Kreditaufnahme könnte – so die Erklärung – die Refinanzierungskosten dieser Staaten stark ansteigen lassen und deren Zugang zum Kapitalmarkt gefährden.“ – bto: Wir wissen, dass dies nicht der Fall ist. Wir wissen auch, dass es richtig wäre, wenn dies passieren würde, gäbe es doch dann einen Anreiz, in Zukunft vernünftiger zu wirtschaften.
- Nun wird zwar von der EU betont (und von unserem Finanzminister bestritten!!!), dass es sich um ein einmaliges Instrument handelt. Der Rechnungshof befürchtet hier eher, was Herr Scholz erhofft: „Entscheidend ist vielmehr die Erkenntnis, dass in Krisenzeiten geschaffene temporäre Instrumente und Mechanismen zu einem dauerhaften Bestandteil der Europäischen Finanzarchitektur werden können, und dass genau dies in der Vergangenheit wiederholt zu beobachten war. Bei einer solchen späteren Verstetigung ursprünglicher Kriseninstrumente wird häufig vernachlässigt, dass mit dem jeweiligen Instrument mitunter Kosten und Risiken verbunden sind, deren Übernahme zwar in der jeweiligen Krise, nicht aber auf Dauer zu rechtfertigen ist, also z. B. Transfers, Haftungsrisiken oder Fehlanreize.“ – bto: Nett formuliert bedeutet dies: dauerhafte Zahlungen ohne Begrenzung und ohne Einfluss des Zahlenden.
- „Die Schaffung einer Verschuldungsmöglichkeit für die Europäische Union zur Finanzierung des Wiederaufbaufonds führt zu einer substanziellen Änderung der europäischen Haushalts- und Finanzarchitektur. Denn bislang wurde – auch von Seiten der EU-Kommission – das Primärrecht so interpretiert, dass die Europäische Union den nach Artikel 310 Absatz 1 AEUV geforderten Haushaltsausgleich nicht durch die Aufnahme von gemeinschaftlichen Schulden herbeiführen oder aber ihren Haushalt auf diese Weise „verstärken“ darf. In dieser Neuausrichtung sieht der Bundesrechnungshof eine Überdehnung des geltenden Primärrechts.“ – bto: Das darf aber nicht wundern, werden doch Regeln der EU regelmäßig in Nachtsitzungen unter Druck über Bord geworfen.
- „Denn der Wiederaufbaufonds organisiert nicht nur indirekte Transfers zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Er etabliert auch ein Haftungsregime, bei dem Mitgliedstaaten gegenseitig für ausstehende Verbindlichkeiten eintreten müssen, ohne dass es im haftungsauslösenden Moment einer erneuten Einwilligung ihrerseits bedarf. Sie haften dabei für die Schulden des Fonds über ihre künftigen Beiträge zum EU-Haushalt, und zwar nicht nur für die als Zuschüsse, sondern auch für die als Darlehen ausgereichten Mittel. Hinzu kommt, dass dieses Haftungsregime bis zur vollständigen Rückzahlung aller EU-Anleihen des Fonds, also bis zum Jahr 2058, in Kraft bleibt.“ – bto: Und kommt es zu Austritten aus der EU ist offen, ob die ehemals begünstigen Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen (können).
- „Sollte ein Mitgliedstaat seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können oder wollen, müssen die übrigen Mitgliedstaaten für dessen Anteil an den Schulden einstehen. Theoretisch können sie dabei in voller Höhe für die Schulden aus dem Wiederaufbaufonds gegenüber der Europäischen Union haftbar gemacht werden. Faktisch handelt es sich daher um eine Vergemeinschaftung von Schulden.“ – bto: weshalb der Jubel so groß war in Frankreich, Italien und Spanien und es fassungslos macht, wie genau jene Politiker, die hierzulande Vermögensabgaben fordern, deutsches Vermögen in das Ausland überweisen.
- „Ein solches Haftungsregime – also die Verpflichtung, für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten eintreten zu müssen – soll nach Artikel 125 AEUV aber grundsätzlich vermieden werden. Denn es könnte die Mitgliedstaaten dazu verleiten, weniger solide zu haushalten und damit falsche Impulse setzen. Das Ergebnis wäre dann womöglich eine weniger robuste und in Krisenzeiten weniger resiliente Wirtschafts- und Währungsunion.“ – bto: in der Praxis bereits zu beobachten.
- „Sobald ein Mitgliedstaat beispielsweise aus der Europäischen Union austritt und seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt, leistet er auch keine Beiträge mehr zum EU-Haushalt. Die Suche nach Liquidität im EU-Haushalt endet für die EU-Kommission damit immer bei Mitteln, die nur die übrigen Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen.“ – bto: Und damit wächst auch das Erpressungspotenzial!
- „Daher hält der Bundesrechnungshof seine Empfehlung, die Rückzahlung der EU-Anleihen schon jetzt in einem verbindlichen Tilgungsplan zu regeln, aufrecht. Es muss klar sein, wie sich die Lasten aus den EU-Anleihen anteilig auf die Mitgliedstaaten und die einzelnen Jahre verteilen sollen, und zwar bevor die Zuschüsse ausgezahlt werden. Andernfalls könnten diese Fragen die Verhandlungen über künftige EU-Haushalte überschatten, mit der Gefahr, dass die Lasten immer weiter in die Zukunft verschoben oder im Gegenzug andere wichtige Vorhaben der Europäischen Union blockiert werden.“ – bto: Wir wissen, dass es auf eine Übernahme durch „reiche Länder“ – ich würde eher sagen durch die politischen Vertreter, die nicht das Wohl der eigenen Bürger im Fokus haben – hinausläuft oder auf die konstante Umschuldung. Spanien hatte bereits ewige Anleihen gefordert, also ökonomisch das, was jetzt kommen wird.
- „Um die Schulden des Wiederaufbaufonds abzusichern, soll die Eigenmittelobergrenze um 0,6 % des EU-BNE erhöht werden. Bereits in einem konservativen Szenario erhielte die Europäische Union dadurch bis zum Jahr 2058 ein Garantievolumen von 4 000 Mrd. Euro. Gemessen am Gesamtvolumen des Wiederaufbaufonds entspräche dies bereits einer Überdeckung von 430 %. Da nur die als Zuschüsse ausgereichten 390 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt getilgt werden sollen, liegt die Überdeckung tatsächlich bei 930 %. Das bedeutet: Um in den Jahren 2028 bis 2058 einen Betrag von 390 Mrd. Euro tilgen zu können, wird der Europäischen Union – konservativ gerechnet – ein Tilgungsspielraum des zehnfachen Volumens eröffnet.“ – bto: Das stimmt natürlich nicht. Es wird ein Spielraum für weitere Ausgaben in Höhe von 4000 Milliarden Euro eröffnet, die dann weiterhin in die „bedürftigen“ Staaten, allen voran Frankreich fließen.
- Das wird auch durch diese ergänzende Berechnung klar: „Die EU-Kommission möchte über einen Zeitraum von 30 Jahren zusätzlich auf 82,5 Mrd. Euro pro Jahr aus Eigenmitteln zurückgreifen dürfen, um die EU-Anleihen des Wiederaufbaufonds zu tilgen. Dieser jährliche Betrag würde aber ausreichen, um die EU-Anleihen für alle Zuschüsse innerhalb von weniger als 5 Jahren zurückzuzahlen. Selbst wenn zusätzlich auch alle Darlehen – anders als vereinbart – aus dem EU-Haushalt getilgt würden, wäre dies in weniger als 10 Jahren erledigt. Daher bleibt offen, warum die EU-Kommission ein so hohes Garantievolumen anstrebt und auch erhalten soll.“ – bto: weil sie so zu einem eigenen Finanzministerium wird, welches massiv umverteilen kann und angesichts der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse ist auch klar, wohin. Wie der Bundestag hier zustimmen konnte, verschließt sich mir völlig.
- „Ein gewichtiges Argument für die beabsichtigte Einrichtung des Wiederaufbaufonds ist, dass einige Mitgliedstaaten aufgrund ihrer hohen Staatsschulden und angesichts der beispiellosen Krise finanzielle Unterstützung benötigten. Dementsprechend zählen insbesondere hoch verschuldete Staaten zu den betragsmäßig größten Nettoempfängern. Bei diesen Staaten liegen die Schuldenstandsquoten deutlich über dem nach den Fiskalregeln zulässigen Wert von 60 % des BIP. Sie haben die Fiskalregeln oftmals über viele Jahre hinweg nicht eingehalten. (…) Gleichwohl hat der Rat in keinem Fall Sanktionen ausgesprochen.“ – bto: natürlich nicht. Und es wird je bereits unter Hochdruck daran gearbeitet, die Regeln endgültig abzuschaffen. Dies bedeutet, es werden durch neue Staatsschulden sehr viele neue Euro geschaffen, die überall gelten, auch bei uns. In Deutschland haben wir es dagegen mit einer Großen Koalition der Befürworter hoher Steuern und Abgaben zu tun, die verkennen, dass es dem Ziel der Wohlstandsschaffung widerspricht.
- „Die Staatsschuldenquote allein lässt jedoch keine Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft oder gar die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger in dem jeweiligen Staat zu. Hierfür spielen verschiedene andere Faktoren, wie die Wirtschaftsleistung oder die Vermögenssituation der Unternehmen und der privaten Haushalte eine wichtige Rolle. (…) So lag das Median-Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland im Jahr 2017 bei 70 800 Euro und war damit im Euro-Währungsgebiet vergleichsweise niedrig.“ – bto: und zwar weil die Masse der Bürger wenig oder kein Vermögen hat. Nur die oberen zehn Prozent halten mit den anderen Europäern mit.
- „Die Vorgaben zur Verwendung der Mittel richten sich nach den Vorschriften für die jeweiligen EU-Programme. Um die Einhaltung dieser Vorgaben sicherzustellen, sollen die Mitgliedstaaten im Rahmen des sogenannten Europäischen Semesters vierteljährlich über die Fortschritte bei der Umsetzung ihres jeweiligen Reformplans berichten.”
- „Der Europäische Rechnungshof hat zuletzt in einem Sonderbericht festgestellt, dass die Mitgliedstaaten in den Jahren 2011 bis 2018 nur jede vierte (26 %) länderspezifische Empfehlung aus dem Europäischen Semester vollständig oder substanziell umgesetzt haben. In weniger als der Hälfte der Fälle (44 %) waren zumindest einige Fortschritte zu verzeichnen. Bei fast einem Drittel (30 %) gab es lediglich begrenzte oder gar keine Fortschritte. (…) Dies deckt sich mit verschiedenen Analysen, die hinsichtlich der Wirksamkeit der Kohäsionspolitik und des Erfolgs der mit dem Europäischen Semester überwachten EU-Förderpolitik ein bestenfalls gemischtes Ergebnis attestieren.“ – bto: Und wir sehen es schon jetzt. So nutzt Frankreich das Geld, um die Schulden der Staatsbahn zu reduzieren.
- „Hinzu kommt, dass der Wiederaufbaufonds – anders als der ESM – die finanziellen Hilfen weder mit strengen Reformauflagen verknüpft noch eine anteilige Finanzierung der geförderten Projekte durch eigene Mittel verlangt. Im Ergebnis können die Mitgliedstaaten daher vergleichsweise einfach auf die Mittel des Fonds zugreifen. (…) die Mitgliedstaaten dürften diesen Weg künftig vorziehen und eher darauf verzichten, Stabilitätshilfen des ESM in Anspruch zu nehmen, bei denen sie im Gegenzug womöglich strenge Reformauflagen akzeptieren müssten.“ – bto: Darum ging es die ganze Zeit. Ab jetzt gilt das Motto: Money for nothing!
Was zum (traurigen) Fazit des Bundesrechnungshofes führt:
- „Ob und inwieweit der Wiederaufbaufonds die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen (…) kann, erscheint indes fraglich. Die negativen Erfahrungen aus den bisherigen EU-Programmen wecken jedenfalls Zweifel an der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Mitteleinsatzes und damit auch daran, dass die angestrebten langfristigen Ziele erreicht werden.“ – bto. Davon ist auszugehen.
- „Wenn zudem die Mitgliedstaaten in einigen Jahren feststellen, dass Hunderte Milliarden Euro zwar ausgegeben, die strukturellen Defizite aber nicht beseitigt wurden, dürfte die Bereitschaft sinken, die offenen Rechnungen zu übernehmen. Dies gilt umso mehr, als dass sich die im Moment finanziell stärkeren Staaten dann sicherlich auch mit den Folgekosten ihrer nationalen Rettungsmaßnahmen auseinandersetzen müssen. Sollte zudem der wirtschaftliche Aufschwung ausbleiben, könnte dies den Zusammenhalt in der Europäischen Union nachhaltig beeinträchtigen. Auch deshalb hätte die konkrete Verteilung der Lasten vor Ausgabe der Mittel geklärt werden müssen.“ – bto: Das wollte aber keiner der Akteure, die darauf setzen, zu dem Zeitpunkt im Ruhestand zu sein.
- „Schwerer wiegen jedoch die langfristigen Risiken im Zusammenhang mit der gemeinschaftlichen Kreditaufnahme. Denn der Wiederaufbaufonds höhlt das Prinzip der Eigenverantwortung aus. Zudem eröffnet das bereits beschlossene enorme Garantievolumen den Mitgliedstaaten einen Weg, auf EU-Ebene – unter Umgehung der Fiskalregeln – Schulden aufzunehmen und sich diese Mittel über EU-Programme als Zuschüsse zuzuweisen. Hinzu tritt ein Haftungsregime, das national orientierte Politiken befördern könnte. Insgesamt besteht die Gefahr, dass mit dem Wiederaufbaufonds ein Weg eingeschlagen wird, der die Europäische Union als Rechts- und Solidargemeinschaft schwächen und damit langfristig den Wesenskern sowie die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden könnte.“ – bto: falsch. Es kommt zu einem großen europäischen Umverteilungsprojekt, in dem diejenigen, die bezahlen, in der Minderheit sind und wo nur noch die Aufhebung der Einstimmigkeitsanforderung bei Ratsbeschlüssen erzielt werden muss, um zu einem europäischen Zentralstaat zu kommen, der dann allerdings nicht dauerhaft stabil ist.
Die Lasten für Deutschland sollen bei bis zu 20 Milliarden pro Jahr liegen. Und dies nur bei dem, was bisher beschlossen wurde.