Flüchtlingskrise öffnet Tor zum Geschäft des Jahrzehnts – dem dummen Steuerzahler als Konjunkturprogramm verkauft
Folgende Situation: Sie haben eine Wohnung und möchten diese vermieten. Allerdings geht das nicht zu jedem Preis. Davor stehen Mietspiegel und Mietpreisbremse. Sie gehen so hoch wie möglich und die Leute rennen Ihnen die Bude ein. Sie sprechen mit den Interessenten und stellen fest: Alle möchten eine Klausel im Mietvertrag, die eine vollständige Untervermietung zulässt.
Die Rechnung ist nämlich so: Die Miete liegt bei sieben Euro pro Quadratmeter. Macht bei 60 Quadratmeter 420 Euro kalt im Monat, im Jahr 5.040 Euro. Die Weitervermietung an die Stadt – in diesem Fall Berlin – erbringt 25 Euro pro Flüchtling pro Tag. Zieht eine vierköpfige Familie ein, bringt dies 100 Euro am Tag, also 36.500 Euro im Jahr! – bto: Diese Zahlen entsprechen einem echten Fall und sind nicht erfunden.
Aus Sicht des Vermieters ist dies natürlich ärgerlich. Direkt ist eine solche Vermietung für 36.500 Euro im Jahr nämlich nicht denkbar.
Natürlich ist das aus Sicht des Steuerzahlers ein sehr schlechtes Geschäft. Um welche Dimensionen es geht, konnte man gestern in der Zeitung lesen (F.A.Z.):
- „Der Berliner Senat verhandelt mit einer Hotelkette über die längerfristige Anmietung von 10.000 Hotelplätzen für Flüchtlinge. Es geht um 22 Hotels der Gesellschaft Grand City Hotels (GCH), wie die F.A.Z. aus Kreisen der Senatskanzlei erfuhr. Für die GCH verhandelt die in London ansässige Hampton Holding Ltd. Nach Informationen der F.A.Z. verlangt der Anbieter je Platz und Nacht eine Miete von 50 Euro, also etwa 1500 Euro im Monat und 18.000 Euro jährlich.“ – bto: Klar, der eigentliche Zahlungspflichtige bei der Sache, der Steuerzahler, sitzt nicht mit am Tisch.
- „Für den Hotelbetreiber ist die Vermietung als Flüchtlingsunterkunft attraktiv, weil er vom Senat eine Auslastung von 95 Prozent garantiert bekäme, wogegen sonst die Profitabilitätsschwelle nach Brancheneinschätzung bei 60 bis 65 Prozent liegt.“ – bto: Ein Kaufmann würde bei einer höheren Auslastung einen Rabatt verhandeln, aber Kaufleute sitzen ja nicht in Behörden.
- „Da der Senat dem Vernehmen nach Interesse an einer mehrjährigen Laufzeit des Mietvertrags hat, liefe es auf ein Volumen von mindestens 600 Millionen Euro hinaus.“ – bto: WAHNSINN! Da werden extrem nachteilige Notkonditionen auf Jahre hinaus festgeschrieben!!
- „Vor kurzem etwa hat Berlin das ehemalige Best Western Hotel ‚President‘ in der Nähe der Urania in Schöneberg angemietet. Für die 8100 Quadratmeter Fläche zahlt die Stadt eine Kaltmiete ohne Nebenkosten von 150.000 Euro im Monat. Das macht einen Quadratmeterpreis von 18,52 Euro. Fachleute halten in dieser Gegend in vergleichbaren Gebäuden eine Nettokaltmiete von 9 bis 10 Euro für angemessen. Zusätzlich zahlte das Land eine Ablöse von 400.000 Euro für das Mobiliar des ‚President‘ –‚ ohne TV-Geräte‘, wie der Mietvertrag penibel vermerkt. Eigentümer des ehemaligen Hotels ist eine Aska Germany GmbH. Deren Geschäftsführer Ramazan Aslan und Lara Antalya dürften sich über das Geschäft gefreut haben, der ihren 182 Zimmern für zwei Jahre eine vollständige Auslastung garantiert.“
Wie man an der Flüchtlingskrise verdienen kann, habe ich schon vor Wochen hier besprochen: → „Verdienen an der Krise“
Natürlich geht das auch in anderen Branchen, zum Beispiel als Taxifahrer, wie der MDR berichtet. (Achtung, als Steuerzahler bleibt man da schwer ruhig. Vor allem, wenn das in Sachsen so ist, wie ist es dann bloß in den anderen Ländern?!) → MDR: Profiteure der Krise, 27. Januar 2016
Bin ich wieder zu negativ? Natürlich. Denn man muss nur ZEIT ONLINE lesen, um zu wissen, dass es alles zu negativ ist. Da wird doch allen Ernstes behauptet, dass sich die Ausgaben des Staates über den Multiplikatoreffekt wie von selbst tragen: „Gegenüber seinen ursprünglichen Annahmen muss der Staat für sie auf einmal 50 Milliarden Euro mehr ausgeben. Dadurch nimmt das nominale BIP nicht um jeweils 3,5 Prozent, sondern schätzungsweise um zweimal 4,5 Prozent zu, was insgesamt einem Zusatz-Output von 92 Milliarden Euro entspricht und bei einer Abgabenquote von 44 Prozent zu staatlichen Zusatzeinnahmen von 40,5 Milliarden Euro führt. Mit anderen Worten: Nach dieser Rechnung, die auf Annahmen beruht, die nicht weniger plausibel sind als die des IW, wird es für Herrn Schäuble und seine Kollegen in den Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen netto zu jährlichen Zusatzausgaben von etwa fünf Milliarden Euro kommen. Dafür braucht keine einzige Steuer erhöht zu werden, und es braucht auch nicht an anderer Stelle gespart zu werden.“
So erklären Schönfärber den ahnungslosen Bürgern die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft. Wenn das so wäre, wie hier beschrieben, frage ich mich, warum wir die Staatsausgaben nicht einfach um 1.000 Milliarden erhöhen. Trägt sich doch (fast) von alleine.
Meine Probleme mit diesen schlechten Rechnungen habe ich mehrfach verdeutlicht. Nur in Kürze:
- Multiplikator wird überschätzt.
- Hätten wir auch, wenn wir das Geld für Infrastruktur etc. ausgeben würden. Dazu brauchen wir keine Flüchtlingskrise.
- Die Annahme von 44 Prozent Abgabenquote ist völlig illusorisch. Im Beispiel der Berliner Hotels ist der Eigentümer ein im Ausland domiziliertes Unternehmen. Dieses wird nie und nimmer 44 Prozent Steuern zahlen! Die Taxifahrer schon, aber das ist auch nur Kleinmist, verglichen mit den großen Brocken. Alle Vermieter von Flüchtlingsunterkünften im großen Stil werden über Rechtsformenwahl die Steuerlast minimieren.
- Die Zahlungen führen zu einer erheblichen Umverteilung. Für die Steuerzahler, die nicht als Taxifahrer oder Vermieter davon profitieren, bleiben nur höhere Kosten. DIE ZEIT soll also aufhören, über die ungleiche Vermögensverteilung zu jammern.
- Die Schulden des Staates wachsen weiter. Das ist wie die Weltreise auf Pump. Im Jahr der Reise geht es uns gut. Unsere Vermögensbilanz ist am Ende jedoch schlechter, nicht besser.
Ich habe verschiedentlich darauf hingewiesen, was getan werden müsste. Und auch, weshalb die Rechnungen der Optimisten leider (!) nicht aufgehen. Dies als Lesehinweis für neue Leser von bto:
→ Streitgespräch Fratzscher – Stelter: „Ihre Botschaft ist fatal“
→ Flüchtlingskrise kostet locker eine Billion
→ Der DIW-Faktencheck – Teil 1 (Einführung und Zusammenfassung)
Und hier die Quellen FAZ und Zeit:
→ F.A.Z.: „18.000 Euro je Flüchtlingsbett in Berlin?, 2. Februar 2016
→ DIE ZEIT: „Flüchtlinge zwingen den Staat zu einem Konjunkturprogramm“, 1. Februar 2016