Warum Deutschlands Kurs in der Entwicklungshilfe falsch ist
Deutschland gilt als Musterknabe der Entwicklungshilfe. Mit rund 30 Milliarden Euro pro Jahr ist die Bundesrepublik nach den USA der zweitgrößte Geber weltweit. Der Anteil der öffentlichen Entwicklungsleistungen am Bruttonationaleinkommen lag 2024 bei 0,67 Prozent und damit nur knapp unter dem von den UN geforderten Zielwert von 0,7 Prozent.
Deutschland ist damit einer der wenigen Staaten, die dieses Ziel überhaupt annähernd erreichen. Doch wer genauer hinsieht, der erkennt, viel Geld bedeutet nicht automatisch viel Wirkung.
Seit Jahrzehnten fließen Milliarden in Entwicklungsprojekte rund um den Globus – von der Armutsbekämpfung bis zur Förderung erneuerbarer Energien. In China werden Graswurzelorganisationen und Gender-Trainings gefördert, in Uganda seit Jahrzehnten Regierungsführung und Zivilgesellschaft gestärkt. Gleichzeitig fließen pro Kopf enorme Summen in die Palästinensergebiete – ein Vielfaches dessen, was etwa die Ukraine erhält – und wird dort unter den Augen der Weltöffentlichkeit zu großen Teilen veruntreut oder zweckentfremdet, unter anderem für den Bau von Tunnelanlagen und Raketen.
Doch nicht nur in den eklatantesten Fällen von Zweckentfremdung bleibt der Nutzen oft fraglich. Zahlreiche Studien und Erfahrungsberichte zeigen: Ein erheblicher Teil der Mittel versickert in ineffizienten Strukturen oder landet in den Taschen korrupter Eliten. Schätzungen zufolge gehen in besonders korrupten Ländern zwischen zwei und 15 Prozent der Entwicklungshilfegelder durch Korruption verloren. In einzelnen Sektoren, etwa beim öffentlichen Bau, können die Verluste auch höher liegen.
Auch deutsche Projekte sind davon nicht ausgenommen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) selbst räumt in einem Bericht des Bundesrechnungshofs ein, dass die Wirksamkeit vieler Programme schwer messbar ist und nachhaltige Erfolge oft ausbleiben.
Gleichzeitig werden Projekte häufig an politische Modethemen geknüpft statt an die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort. Es wird gefördert, was hierzulande gefällt, nicht, was wirklich den Ländern hilft. So kümmert man sich weltweit um „Feministische Entwicklungspolitik und Gleichstellung der Geschlechter“.
Hinzu kommt, dass sich eine wahre Entwicklungshilfeindustrie entwickelt hat. Der ehemalige Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) bringt es so auf den Punkt: „Es existiert eine globale Entwicklungsindustrie, die sich teilweise selbst erhält und nicht immer den Empfängerländern nützt.“
Deutschland scheut die klare Kante
Die Liste der Kritikpunkte ist lang: zu viele Einzelprojekte, zu wenig strategische Steuerung, mangelnde Transparenz und zu viel Bürokratie. Während andere Geberländer ihre Hilfe gezielt an Bedingungen wie gute Regierungsführung knüpfen, scheut Deutschland oft die klare Kante. Die Folge: Missbrauch bleibt folgenlos, echte Reformen werden vertagt. Gleichzeitig sinkt die Akzeptanz in der Bevölkerung – verständlich angesichts von Rekordausgaben, überschaubaren Erfolgen und leeren Kassen.
Die neue Bundesregierung sollte umsteuern. Entwicklungshilfe darf kein Selbstzweck sein. Wir sollten das Budget kürzen und uns an anderen Ländern der EU orientieren, die sich mit 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens zufriedengeben.
Die verbleibenden Mittel sollten mit klaren Erfolgskriterien und konsequenter Kontrolle gezielter eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit mit Ländern, in denen Korruption und Misswirtschaft herrschen, sollte eingestellt oder zumindest radikal überprüft werden.
Statt moralischer Überhöhung muss es darum gehen, sich auf das eigentliche Ziel der Hilfe zur Selbsthilfe in der wirtschaftlichen Entwicklung zu fokussieren. Nur so kann Entwicklungspolitik mehr sein als ein teurer Ablasshandel – und tatsächlich zu Fortschritt führen.