Solidarität mit den Ärmsten
Geht es nach Klimaschützern, sollten weltweit keine Investitionen in die Erschließung neuer fossiler Energiequellen mehr erfolgen. Die Zukunft liegt demnach alleinig bei den erneuerbaren Energien, deren rascher Ausbau die Antwort auf den weltweiten Bedarf an Energie sei. Auch hier gilt jedoch der bekannte Grundsatz, wonach man aufpassen sollte, was man sich wünscht.
Noch wird der globale Energiebedarf überwiegend aus fossilen Energieträgern gedeckt, wie die Studie „bp Statistical Review of World Energy 2022“ resümiert. So ist Erdöl mit einem Anteil von 31 Prozent am Primärenergieverbrauch der wichtigste Energieträger weltweit, gefolgt von Kohle mit einem Anteil von 27 Prozent und Erdgas mit knapp 25 Prozent.
Der Umbau in Richtung erneuerbare Energien kostet nicht nur viel Geld, er erfordert auch einen erheblichen Einsatz an Energie, um Windräder, Photovoltaikanlagen und Batterien herzustellen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Primärenergiebedarf aufgrund von Effizienzgewinnen durch die Umstellung auf Elektrizität mittelfristig schrumpft, bleibt ein Zeitraum weltweit weiter wachsenden Bedarfs an fossilen Energien.
Wächst das Angebot nicht mit, sind überproportionale Preissteigerungen die Folge. Schon jetzt ist absehbar, dass die Investitionen in fossile Energien unzureichend sind. Seit Jahren wird auch aufgrund des Drucks der Klimabewegung immer weniger in die Erschließung neuer Vorkommen investiert.
Nicht nur wird damit der Umbau zu erneuerbaren Energien teurer, es führt auch zu mehr Umwelt- und Klimaschäden statt zu weniger. Je höher die Preise, desto mehr müssen die Ärmsten der Welt auf billigere und umweltschädlichere Alternativen umsteigen.
Warum Deutschland zum Hauptverantwortlichen wird
Kohle statt Gas, Holz statt Kohle. In Simbabwe werden Bäume abgeholzt, Indien verfeuert mehr Kohle, und Bangladesch und Thailand setzen auf Diesel zur Stromerzeugung, weil Gas knapp ist. Die Folge: Nicht nur wird so dem Klima geschadet, sondern es gibt auch eine Verfehlung bei den anderen wichtigen UN-Entwicklungszielen wie Armutsbekämpfung und Bildung.
Das müssen wir im Hinterkopf haben, wenn es um unsere Energiepolitik geht. Weigern wir uns weiter, heimische Erdgasvorräte zu erschließen und vorhandene, funktionsfähige Kernkraftwerke zu nutzen, schaden wir der Umwelt und den Ärmsten zugleich. Unsere Fähigkeit und Bereitschaft, hohe Preise zu bezahlen, erhöht die Energiearmut anderswo. Klimaaktivistin Greta Thunberg erklärte im hiesigen Fernsehen Deutschland zum „größten Klimasünder“. An dieser Stelle liegt sie falsch, denn wie eine Analyse der „Carbon Brief“ unter anderem herausstellt, sind China und die USA die größten Treibhausgasemittenten.
Wir werden anders zu Hauptverantwortlichen, und zwar nicht, weil unsere Emissionen so groß wären, sondern, weil wir uns weigern, vorhandene Möglichkeiten zur Einsparung von CO₂ zu nutzen. Wären alle sechs Kernkraftwerke im Jahr 2021 am Netz geblieben, hätte man fünf Braunkohlekraftwerke und CO₂-Emissionen von schätzungsweise 70 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr sparen können, was fast einem Drittel der energiebedingten Emissionen und rund zehn Prozent der deutschlandweiten Emissionen entspricht. Im Unterschied zum vielfach geforderten Tempolimit eine Maßnahme mit deutlicher Wirkung.
Klimasünder sind wir vor allem aufgrund politischer Entscheidungen. Die deutsche Wirtschaft hingegen hat deutliche Fortschritte bei der Einsparung von Energie und CO₂ vorzuweisen. Lagen die CO₂-Emissionen pro 1000 Dollar des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2000 noch bei 0,25 Tonnen, so ist der Wert auf 0,15 Tonnen gesunken – trotz des Ausstiegs aus der Kernenergie. Hätten wir, statt Kernenergie durch erneuerbare Energien zu ersetzen, Kohlekraftwerke ersetzt, stünden wir nicht nur beim Thema Klimaschutz besser da, sondern wären auch nie in eine derartige Abhängigkeit von Russland geraten.
Statt dies zu ändern, erhöht die Politik angesichts des Verfehlens selbst gesetzter Einsparungsziele für CO₂ den Druck auf Unternehmen und Privathaushalte. Ungeachtet enormer Kosten – allein die energetische Erneuerung des Immobilienbestandes dürfte nach Berechnungen der Unternehmensberatung EY 3000 Milliarden Euro kosten – werden Verbote erlassen und CO₂-Abgaben erhöht.
Für Klima, Wohlstand und Standort wäre es besser, sich auf die großen Hebel zu konzentrieren, Kernkraftwerke und Fracking für den Übergang zu nutzen und die nächsten Schritte der Transformation weniger über das Knie zu brechen. Die Ärmsten der Welt würden es uns danken.