Jugend ist die Zukunftsressource der Gesellschaft und wird verschwendet
Eine alternde Gesellschaft muss mit ihrer wertvollsten Ressource, der nachwachsenden Generation, besonders sorgfältig umgehen. Gute Infrastruktur, ein herausragendes Bildungswesen und attraktive Rahmenbedingungen sind Voraussetzung dafür, dass die Jüngeren nicht nur in der Lage, sondern auch bereit sind, die Lasten der demografischen Alterung zu schultern.
Kurz gesagt: Ein Land muss gute Perspektiven bieten. Umso schlimmer, wenn man das wie Deutschland nicht tut. Wie schon die letzten Pisa-Studien, so offenbart auch die jüngste erneut alarmierende Ergebnisse: Deutsche Schüler erreichten in Mathematik nur noch 475 Punkte (2018: 500), in der Lesekompetenz 480 Punkte (2018: 498) und in den Naturwissenschaften 492 Punkte (2018: 503). Der Abstand zu Spitzenländern wie Singapur (575 Punkte in Mathematik) ist beträchtlich.
Auch im Bereich der beruflichen Qualifikation gibt es Anlass zur Sorge. Im Jahr 2022 verfügten 2,86 Millionen 20- bis 34-Jährige nicht über eine formale Qualifikation, was 19,1 Prozent dieser Altersgruppe entspricht. Ein trauriger Rekord.
Das Beispiel Jurastudium zeigt die enorme Ressourcenverschwendung
Zwar hat sich die Zahl der Studierenden in den vergangenen 50 Jahren vervierfacht, allerdings erfolgt auch hier eine Fehlallokation von Potenzial, sind doch längst nicht alle Fächer geeignet, den Wohlstand einer Industrienation zu mehren. Hinzu kommt eine dramatische Abbrecherquote an Universitäten von 32 Prozent und an Fachhochschulen von 23 Prozent. Einer der Hauptgründe ist die akademische Überforderung.
Nehmen wir als konkretes Beispiel für die Herausforderungen im Bildungsbereich das Jurastudium. Die Ergebnisse des Staatsexamens 2022 zeigen, dass rund 50 Prozent entweder durchfallen oder nur ausreichende Leistungen erbringen. Nur ein Drittel der Absolventen würde das Jurastudium in seiner derzeitigen Form weiterempfehlen. Das ist unzweifelhaft für die Betroffenen bitter und für die Volkswirtschaft eine enorme Ressourcenverschwendung.
Die Zahl der erfolgreichen Absolventen des zweiten Staatsexamens ist von über 10.500 vor 20 Jahren auf rund 8400 gesunken. Das ist keine gute Nachricht angesichts eines drohenden Juristenmangels – bis 2030 werden voraussichtlich 40 Prozent aller Juristen aus dem Dienst ausscheiden. Auf der anderen Seite leistet sich Deutschland nach Daten der EU mit 25 Richtern pro 100.000 Einwohnern – fast fünfmal so viele wie Italien und Frankreich – ein besonders aufgeblähtes Justizsystem.
Womit die Lösung auf der Hand liegt: Wir müssen das Justizsystem entlasten – Entbürokratisierung ist letztlich nichts anderes als weniger Gesetze – und effizienter machen. Zugleich müssen wir die Juristenausbildung modernisieren, um die Studenten besser auf Abschluss und Beruf vorzubereiten.
Was für das Jurastudium gilt, lässt sich vermutlich auch auf viele andere Fächer übertragen. Mit Blick auf die Demografie muss der Staat (endlich!) effizienter werden. Die Ausbildung der nachkommenden Generation muss in jeder Hinsicht deutlich verbessert werden. Bleibt an dieser Stelle der Erfolg anhaltend aus, hat das Land, dessen einzige Rohstoffe die grauen Zellen und der Fleiß seiner Bürger sind, keine Chance, als Wirtschaftsstandort und Wissensgesellschaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Ob die nächste Regierung das anpackt?