Grundrente: Renten sichert man nicht durch mehr Umverteilung!

Dieser Kommentar von mir erschien bei FOCUS:

Am Wochenende hat sich die (kleine) Große Koalition doch noch auf einen Kompromiss bei der Grundrente geeinigt. Stolz verkünden die Politiker, nun endlich mehr für die Bedürftigen der Gesellschaft zu tun. In Wahrheit ging es wohl mehr darum, den eigenen Job durch einen weiteren Formelkompromiss noch ein paar Monate länger zu behalten. Die Regierung also zu erhalten, zum Nutzen der Politik, nicht des Landes.

Dabei spielt es schon lange keine Rolle mehr, dass das Armutsrisiko bei uns – so man der gängigen Definition von Einkommen unterhalb von 60 Prozent des mittleren Einkommens folgt – auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gefallen ist. Ebenso wenig spielt es eine Rolle, dass Armut vor allem ein Problem bei den 18- bis 24-Jährigen ist: Fast ein Viertel aller Menschen (23,9 Prozent) dieser Altersgruppe ist betroffen. Bei den über 65-Jährigen liegt der Anteil bei weniger als jedem Fünften (19 Prozent).

Wenn also etwas zu tun ist, dann eher bei den Jüngeren, diese spielen allerdings bei den Wahlen keine so große Rolle. Deshalb überbietet sich die Politik mit den Versprechen, „die Renten sicherer zu machen“. Und in der Tat könnte die Politik sehr viel tun, um die Renten sicher zu machen. Und dies nicht erst seit heute, sondern schon seit Jahren. Es müsste nur einfach getan werden. Doch das wäre anstrengend und nicht immer populär. Deshalb macht man lieber kosmetische Eingriffe und verschiebt Geld von der einen in die andere Tasche und glaubt so, damit das System zu stabilisieren. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Diese Politik legt den Grundstein für Niedergang, Armut und soziale Konflikte.

Politik: Versprechen zulasten Dritter

Wenn man unsere Politiker über ihre Gesetzesvorhaben sprechen hört, dann könnte man denken, dass sie sich enorm angestrengt haben, um das Land wirtschaftlich voranzubringen, und richtig harte Arbeit hinter ihnen liegt. Doch was haben sie im Kern gemacht? In einem Excel-Sheet ein paar Variablen verändert und einer anderen Bevölkerungsgruppe als zuvor die Lasten zugeschoben. Wir wissen alle, dass die Kosten der Versorgung der älteren Generation von der Anzahl Rentner, der Rest-Lebenserwartung zu Rentenbeginn und den monatlichen Zahlungen abhängt. Will man diese Kosten senken, muss man das Renteneintrittsalter anheben und/oder die Rentenzahlungen reduzieren. Ist das politisch nicht opportun, muss man eine Finanzierung für diese Kosten finden. Dazu gibt es Steuer- und Sozialabgaben. Will man – zurecht – nicht alles beim Faktor Arbeit belassen, muss man auf steigende Steuern setzen. Punkt.

Die große Leistung der Politik, in ihrem Bemühen die Rente sicherer zu machen, besteht also darin, einer Bevölkerungsgruppe Zahlungen zu versprechen, die eine andere (zum Teil sind es dieselben Personen) finanziert. Optimistisch gerechnet ist der Netto-Wohlstandseffekt für unser Land null. Was die einen gewinnen, verlieren die anderen. Faktisch ist der Effekt aufgrund der mit dieser Umverteilung beschäftigten Bürokratie negativ.

Darüber und nur darüber diskutiert die Politik und unsere Medien haben nichts Besseres zu tun, als uns mit dieser überflüssigen Diskussion Wochen zu beglücken, verbunden mit allerlei an Einzelschicksalen aufgehängten Betroffenheitsgeschichten.

Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hat schon im Frühjahrsgutachten 2018 vorgerechnet, dass die Pläne der Bundesregierung (neben der Grundrente ist das die Aufstockung der Mütterrente und das Ziel, dass Rentenniveau bei 48 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens vor Steuern einzufrieren) zu einem Anstieg der Beitragssätze für die Rentenversicherung um 2,5 Prozentpunkte (oder entsprechenden Steuererhöhungen) führen werden. Schon ohne diese zusätzlichen Versprechen steigt der Beitragssatz bis 2050 von heute 19 auf 24 Prozent. Nach den „Reformen“ dann also fast auf 27 Prozent.

Wir haben es offensichtlich schon jetzt mit einer erheblichen „Nachhaltigkeitslücke“ zu tun. Laut Tragfähigkeitsbericht des Bundesfinanzministeriums müssten ab sofort zwischen 36 Milliarden und 115 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich gespart werden, um die finanziellen Folgen der demografischen Entwicklung, also steigender Gesundheits-, Pflege- und Rentenkosten bei gleichzeitig sinkender Zahl der Beitragszahler, aufzufangen.

Die Politik macht genau das Gegenteil. Sie vergrößert die Lücke immer weiter.

Was, wenn die Dritten nicht mitmachen?

Eine Frage, die sich die Politik bei ihrer Hin- und Herverschieberei nicht stellt, ist die nach der Bereitschaft der Zahlenden, diese Last auch in Zukunft zu tragen. Da sind Zweifel nicht unberechtigt. Schon heute verlassen rund 200.000 Menschen pro Jahr Deutschland. Diese Abwanderung wird von der Politik systematisch unterschätzt, so sie denn überhaupt zur Kenntnis genommen wird. Dabei ist sie wirtschaftlich hoch relevant. Auch wenn keine genauen Daten verfügbar sind, ist die These naheliegend, dass es sich um besser qualifizierte Menschen handelt, die bisher Steuern gezahlt haben oder aber künftige Steuerzahler darstellen. Je jünger diese sind, desto mobiler sind sie und damit bereiter, im Ausland das Glück zu suchen. Je höher die Belastung für diese Gruppe wird, desto mehr steigt der Wunsch, diesen Belastungen zu entgehen.

Eine Vorstellung, die in den Köpfen unserer Politiker keinen Raum findet. Sie gehen davon aus, dass es in Deutschland so schön ist, dass man trotz schon heute bestehender Rekordbelastung der Bürger (Platz 2 in der OECD nach Belgien) die Lasten noch weiter erhöhen kann. Da spielt es auch keine Rolle, dass der Staat bei seinen eigentlichen Aufgaben offensichtlich versagt. Stichworte: innere Sicherheit, Bildung, Bundeswehr und Infrastruktur. Die Wahrheit ist jedoch, dass es mit jedem Tag für Leistungsträger unattraktiver wird, in diesem Land zu bleiben, während gleichzeitig andere Staaten der Welt, die ebenfalls vor einer erheblichen demografischen Herausforderung stehen, mit niedrigeren Abgaben und einem funktionsfähigen Gemeinwesen locken.

Wer Renten sichern will, macht sich an die echte Arbeit!

Wer wirklich die Renten sicher machen will, kann dies nicht durch immer mehr Umverteilung erreichen. Im Gegenteil, dies geht nur, indem man sicherstellt, dass der zu verteilende Kuchen in Zukunft nicht kleiner wird, sondern zumindest so groß bleibt wie er ist. Schön wäre es, wenn er wachsen würde, was allerdings eine überaus optimistische Annahme wäre.

Schon, um den Kuchen nicht schwinden zu lassen, bedarf es erheblicher Anstrengungen:

Der bevorstehende deutliche Rückgang der Erwerbsbevölkerung wird zwangsläufig mit einem Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität einhergehen. Der Kuchen wird weniger werden. Daran könnte selbst die beste Zuwanderung nichts ändern, da eine Zuwanderung von rund 500.000 qualifizierten Menschen pro Jahr notwendig wäre, die im Schnitt so viel verdienen wie die bereits hier Lebendenden. Unsere heutige Art der Zuwanderung erfüllt dieses Kriterium nicht und wird die Lasten erhöhen, statt einen Beitrag zur Minderung der Lasten zu leisten.

Stattdessen sind andere Hebel zu nutzen, um den Rückgang der Erwerbsbevölkerung zu verlangsamen, und die Konzepte liegen seit Langem vor. So rechnete die Bundesagentur für Arbeit schon vor Jahren vor, dass eine Reduktion der Zahl von Schul-, Ausbildungs- und Studienabbrechern allein bis 2025 eine Million mehr Fachkräfte bedeuten würde. Ebenso wichtig wäre eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von über 55-Jährigen und eine weitere Steigerung des Anteils an Frauen, die einer Beschäftigung nachgehen. Auch durch weitere Qualifizierung ließen sich rund 700.000 Menschen mehr im zunehmend anspruchsvollen Arbeitsmarkt halten.

All dies ist machbar, aber mühsam und vermutlich auch nicht geeignet zum Stimmenfang. Auch deshalb wohl hat die Regierung genau das Gegenteil gemacht und mit der Rente mit 63 dem Arbeitsmarkt rund eine Million Arbeitskräfte unnötig früh entzogen, was allein im Mittelstand im letzten Jahr zu einem rechnerischen Umsatzverlust von 65 Milliarden führte.

Kompensieren lässt sich ein Rückgang der Erwerbsbevölkerung durch eine Erhöhung der Produktivität pro Kopf. Doch selbst Japan, das seit einiger Zeit die höchsten Zuwächse des BIP pro Erwerbstätigen ausweist, gelingt es nicht, den Kuchen – also das Gesamt-BIP – damit wachsen zu lassen. Immerhin eine Stagnation wird erreicht. Voraussetzungen für eine Steigerung des BIP pro Erwerbstätigen ist jedoch eine herausragende Bildung (Japan: 322 Schüler von 1000 mit „sehr guten Mathematikleistungen“, Deutschland: 53), Investitionen von Unternehmen und Staat sowie Innovationen. Genau an diesen Stellen versagt unsere Politik jedoch auf ganzer Linie.

Es ist also durchaus möglich, den Kuchen möglichst groß zu halten. Und je größer der Kuchen, desto geringer die Belastung der Beitrags- und Steuerzahler und desto besser die Versorgung der Rentner.

Der Weg, den unsere Politiker im vermeintlich so reichen Land gehen, ist jedoch ein anderer. Sie unterlassen jede Art der Zukunftsinvestition, stellen damit also sicher, dass der Kuchen in Zukunft klein ist. Sie erhöhen die finanziellen Lasten durch höhere Versprechen für Rentner und eine Zuwanderungspolitik in den Sozialstaat und machen es damit immer attraktiver für Leistungsträger, das Land zu verlassen, was dann wiederum den Kuchen weiter dahinschwinden lässt.

Abzusehen ist das Verschärfen der Steuern für Wegzug und eine weltweite Besteuerung all jener, die einen deutschen Pass besitzen. Doch auch dies sind letztlich nur Maßnahmen, die den Exodus aus dem Land beschleunigen.

Wie man ein Land ruiniert, können wir gerade live miterleben. Schade nur, dass um das vermeintlich reiche Deutschland handelt.
Kommentare (36) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Thierry
    Thierry sagte:

    Dieses Thema hat es in sich. Die Kommentare sind aufschlussreich, da jetzt (seit einigen Monaten) auch die Kernkommentatoren ihren Elfenbeinturm des theoretischen Diskurses verlassen und und ziemlich sorgenvoll die Zukunft beleuchten. Tja, die Zeiten ändern sich rascher als man annimmt.

    Zur Sache selbst: Mein Vorschlag ist, die Quote der Umverteilung durch soziale Budgets im Verhältnis zum BIP oder auch Lohnsumme unselbständiger Arbeit festzuschreiben. Dann bleibt nur noch die Möglichkeit, den absehbaren Mangel “sozialverträglich” zu verteilen. Wenn sich dann die Generation der Babyboomer über nicht mehr ausreichende Renten- und Sozialbezüge beschweren, kann man wohl kühl entgegenhalten: “Hättet ihr mehr Kinder gezeugt, gäbe es dieses Problem (und die Hälfte der übrigen Probleme) überhaupt nicht. Seht zu, wie ihr zurechtkommt.”

    Ich bin mit den meisten Kommentatoren einig, dass D nicht nur zufällig, sondern in böser Absicht und mit Bedacht ruiniert wird. Das wird sich bitter rächen, auch wenn es vermutlich erst die nächsten zwei Generationen so richtig hart treffen wird. Ein Europa ohne D, sozusagen entkernt, wird nicht bestehen. Zumindest die Randstaaten (EU) werden mit in den Strudel gezogen werden. Die Geopolitik lässt nicht mit sich spaßen, die künftigen Nutzniesser sitzen jetzt schon auf der Mauerkrone wie die Geier auf den Türmen des Schweigens.

    Zur Auswanderung: Es ging vor über 30 Jahren mit etwas Überlegung und Vorbereitung, als ich diesen Schritt unternahm und es geht noch heute. Ich bin seitdem verschwunden und lebe unbeanstandet in Europa mit meinem wahren Namen und deutschem Pass. Meine letzte Steuererklärung datiert von damals, bezahlt habe ich sie schon nicht mehr. Allerdings, ich sprach vier Sprachen fliessend und war weitgereist und anpassungsfähig, sowie fast ohne Anhang. Bereut habe ich es keine Millisekunde.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Thierry

      “Ich bin mit den meisten Kommentatoren einig, dass D nicht nur zufällig, sondern in böser Absicht und mit Bedacht ruiniert wird.”

      Manche der Protagonisten der ruinösen Politik sind aber wirklich ganz außergewöhnlich dumm – oder sehr gute Schauspieler.

      Hier ein aktuelles Beispiel, Abgeordnete Katalin Gennburg (Linkspartei Berlin) wird zum ersten Mal in ihrem Leben mit Marktmechanismen im Wohnungssektor konfrontiert und fragt entsetzt:

      “Was sind das für Zusammenhänge?!
      Der #Neubau ‘bricht ein’ wegen des #Mietendeckels?! Warum?
      Kausalitäten bitte!
      Das heißt im Umkehrschluss: Neubau gab es nur wegen #Mietenwahnsinn ?!
      Das ist doch nicht euer Ernst!”
      https://twitter.com/die_gennburg/status/1194254234746806272
      (Beachten Sie die auffällige Feminismus- und Linksradikalismus-Warnfärbung der Haare von Frau Gennburg im Twitter-Profilbild…)

      Ich glaube ihr wirklich, dass sie einfach zu dumm ist, um es zu kapieren. Der Systemfehler ist, dass sie Abgeordnete werden konnte und weder die Gremien der Linkspartei noch die Wähler ihre Dummheit rechtzeitig entdeckten.

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  2. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Alles richtig was Sie schreiben, Herr Dr. Stelter. Aber es fehlt mAn ein ganz wesentlicher Punkt: Die Primärverteilung.

    Deutschland hat sich sein Rentenproblem insbesondere unter Rot-Grün eingehandelt. Es sind die Folgen der unseligen Riester-Rürup-Hartz-Reformen, die einen der größten Niedriglohnsektoren in Europa geschaffen haben. Wir werden nur noch von den baltischen Staaten sowie Polen und Rumänien getoppt: https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/7762332/3-08122016-AP-DE.pdf/f6abdcb1-ec9c-46ef-ae73-822cb905b04d

    Da sollte es wenig verwundern, wenn wir zukünftig noch viel intensiver über existenzsichernde Grundrenten reden werden MÜSSEN. Der Niedriglohnsektor von gestern und heute ist die Altersarmut von morgen.

    Antworten
    • Andreas K.
      Andreas K. sagte:

      Sie meinen also ernsthaft, höhere Löhne und noch höhere Preise verbessern ? Schaffen mehr Umsätze ? Ernsthaft ? Unternehmer sind Sie nicht.

      Antworten
      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Andreas K.

        „Sie meinen also ernsthaft, höhere Löhne und noch höhere Preise verbessern ? Schaffen mehr Umsätze ? Ernsthaft ? Unternehmer sind Sie nicht.“

        Sie meinen also ernsthaft, niedrigere Löhne und noch niedrigere Preise verbessern ? Schaffen mehr Umsätze ? Ernsthaft ?

        Wenn ein einzelner Unternehmer seine Löhne senkt, dann kann er mehr Umsatz und Gewinn auf sich vereinen. Wenn alle Unternehmer ihre Löhne senken, dann fehlt das Einkommen auf Arbeitnehmerseite und Umsätze/Auslastung/Gewinne gehen zurück. Durch Kreditkäufe und LB-Überschüsse (Verschuldung des Auslands) konnte die Lohnabstinenzillusion eine ganze Weile am Leben gehalten werde.

        Und jetzt einfach mal bei dem verlinkten Vortrag von Nick Hanauer reinhören. Oder einfach an den alten Spruch von Henry Ford denken, dass Autos keine Autos kaufen.

        Das Ganze funktioniert aber nur dann, wenn zugleich der Staat mehr investiert: https://blogs.faz.net/fazit/2019/11/10/duell-der-oekonomen-11039/

        Insofern gilt als kluger Handlungsrahmen die langfristig unauflösbare makroökonomische Trinität von Lohn-, Geld- und Fiskalpolitik; und zwar beyond the obvious.

        LG Michael Stöcker

    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Und darum, lieber Herr Stöcker, sollten sich junge Menschen in Deutschland mit hohem Erwerbspotential immer mehr Gedanken machen, ihre Exit-Strategie aus Deutschland zu planen. Denn Sie haben korrekt erkannt, dass die fehlerhafte Politik der vergangenen 20 Jahre zwangsweise zu immer stärkeren Belastungen bei Erwerbstätigen führen wird.

      Rette sich wer kann.

      Beste Grüße von ganz weit weg.

      Antworten
  3. einkritischerblick
    einkritischerblick sagte:

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die deutsche Regierung/Politik alles in ihrer Macht stehende tut, um die BRD kurz und klein zu hauen, und den Wohlstand des Landes in Wohlgefälligkeit aufzulösen. Da kann man argumentieren wie man will, aber es läuft doch auf nichts anderes mehr hinaus!

    Ich weile seit nunmehr 13 Jahren nicht mehr in der BRD und bin auch einer der Auslandsdeutschen. Der Grund war bei mir eher Zufall, wobei ich inzwischen denke, ein sehr glücklicher Zufall. Natürlich ist woanders auch nicht alles golden. Vermögensaufbau ist hier auch nicht groß möglich, plus, man merkt deutlich, dass man in anderen Ländern mit einem gesunden Patriotismus einfach ein Ausländer ist, der gegenüber den Einheimischen oft – und auch offen – benachteiligt wird.

    Nichtsdestotrotz fühle ich mich hier wohler, vermutlich gerade weil die Menschen stolz darauf sind, aus diesem Land zu kommen (auch wenn ich nicht dazu gehöre), und die Politik die eigenen Leute nicht ständig bekämpft. Auch kann ich hier den Stolz genießen, als Familienvater meine Familie alleine versorgen zu können, so dass die Frau mit den Kindern zuhause ist. Weiterhin kann ich hier problemlos als Hobby dem Unternehmertum nachgehen, um mir parallel zu meinem Angestelltenjob eine Firma aufzubauen, ohne dass das politischerseits gleich im Keim erstickt wird aufgrund unüberwindlicher Regularien und Hürden.

    Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Auf den Punkt gebracht, besser geht es nicht.

    >Was, wenn die Dritten nicht mitmachen?>

    Diese Frage ist mit dem Verweis auf die Abwanderung von Leistungsträgern nur zur Hälfte beantwortet.

    Aufgrund der verfehlten Rentenpolitik und folglich steigender Steuer- und Abgabenlast wird es sich m. A. n. eine wachsende Zahl im Land bleibender gut qualifizierter Menschen versagen, den ihnen maximal möglichen Input für die Verteilungsmasse Kuchen zu leisten.

    Diese Verweigerung, der man durch Elternzeit etc. auch noch Anreize setzt, wird das Finanzierungsproblem noch einmal verschärfen.

    Grundsätzlich:

    In einer (noch) so wohlhabenden Gesellschaft wie unserer ist nicht vermittelbar, dass Menschen kein Existenzminimum zum Leben haben.

    Es muss daher umverteilt werden zu Lasten derer, die mehr haben – anders ist es nicht möglich.

    In unserer Gesellschaft besteht unter denen, die diesbezüglich auf Wohlstand verzichten müssen, weitgehend die Bereitschaft dazu.

    Sie wird MISSBRAUCHT, wenn man an Nichtbedürftige umverteilt.

    Die Politik und mehrheitlich auch die Bevölkerung, die den Missbrauchsparteien zur Macht verhilft, verkennen, dass derartigem, nachhaltig betriebenem Missbrauch unverrückbare Grenzen gesetzt sind.

    Mit der Methode „a bisserl was geht immer“, weil sich die Menschen (noch) nicht wehren und vermeintlich auch nicht wehren können, demontiert die Politik den Sozialstaat.

    Auch so kann man eine Gesellschaft spalten – es muss nicht nur Globalisierung, demografischer Wandel und Migration sein.

    Antworten
    • Alexander
      Alexander sagte:

      @ Dietmar Tischer

      – Die Politik und mehrheitlich auch die Bevölkerung, die den Missbrauchsparteien zur Macht verhilft, verkennen, dass derartigem, nachhaltig betriebenem Missbrauch unverrückbare Grenzen gesetzt sind.

      – Sie wird MISSBRAUCHT, wenn man an Nichtbedürftige umverteilt.

      Rolf Peter Sieferle umschrieb diese Tatsache mit tief verwurzeltem Sozialdemokratismus.
      Vom Ausbleiben der Massenflucht ist nur überrascht, wer diese Entwicklung für die Zukunft erwartet, weil diese schon Vergangenheit ist.

      Endlose Konjunktur zur endlos “kalten” Ausbeutung von Leistungsträgern verdanken wir der Geldpolitik der vergangenen 40 Jahre. Niemand gibt ertragreiche Geschäftsmodelle auf, allerdings bleibt die nächste Generation zur Ausbeutung aus – man ist doch nicht blöd.

      Niemand jammert mehr über den Mangel an Unternehmensnachfolgern, weil Übernahmen von Kunden und Lieferanten solche Einbrüche/Verluste kompensieren. Das gilt für alle Größen und Arten von Unternehmen, mit der Folge der Umstellung auf 100% ArbeitnehmerDENKEN.

      Auf Eigenkapitalrenditen achtet kein Arbeitnehmer und die Kapitalhebel wurden entsprechend der new economy so gestaltet, dass alle glücklich sind. Zustimmung für alle Politik und NULL Opposition aus Unternehmenskreisen sind so ein Anzeichen für den Kulturwandel in der DEUTSCHEN Gesellschaft.

      Selbstverständlich ist die Partnerin, Kinder, Elternzeit, Reisen, Auslandssemester, Freizeit, Selbstverwirlichung, Hobby, Gesundheit, Altersvorsorge, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Mulitkultur, Toleranz und Weltoffenheit bedeutender, als die Strampelei der Gründer einer längst vergangenen Nachkriegszeit.

      Finanziert wird das aus Pfändern, die man begrenzt beleihen kann und welche von asset price inflation abhängen, also keine Weltrezession vertragen.

      Die Grundrente ist nur ein Weg zum BGE, welches durch Massenmigration von Sofortrentnern gesetzt ist. Die Zustimmung kommt von Leuten, die selbst keine Wertschöpfung verursachen und so überflüssig sind wie ihre Ideen, d.h. 100% Arbeitnehmerdenken…..

      # es ist vollbracht.

      Antworten
    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Herr Tischer,

      “In unserer Gesellschaft besteht unter denen, die diesbezüglich auf Wohlstand verzichten müssen, weitgehend die Bereitschaft dazu.”

      Dann loten Sie doch mal aus, wie hoch die Bereitschaft in Deutschland ist, Kosten der Allgemeinheit nicht nur aus Abgaben und Steuern auf Erwerbsarbeit zu finanzieren, sondern beispielsweise auch durch eine Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer. Wieviel Bereitschaft besteht dafür?

      :)

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        Ich habe nicht von „Kosten der Allgemeinheit“ gesprochen, sondern davon, anderen Menschen ein auskömmliches Leben über dem ganz harten Existenzminimum zu ermöglichen.

        Das ist ein wesentlicher Unterschied.

        Ich würde das aber auch nicht für immer und ewig annehmen.

  5. Ulrich Remmlinger
    Ulrich Remmlinger sagte:

    Ist die Grundrente nicht ein Nebenkriegsschauplatz?
    2 Milliarden pro Jahr von der linken in die rechte Tasche der schon länger hier lebenden sind doch Peanuts gegenüber den 50 Milliarden pro Jahr für die neuen Migranten, wovon noch ein Teil nach Afrika überwiesen wird.

    Antworten
  6. Horst
    Horst sagte:

    “Die Wahrheit ist jedoch, dass es mit jedem Tag für Leistungsträger unattraktiver wird, in diesem Land zu bleiben…”

    Warum sind Sie noch da, Herr Stelter? Meine Beobachtung: Derjenige, der eine berufliche Nische (Spezialisierung) gefunden hat, über eine gute Bildung (Ausbildung) verfügt, kann nicht nur “gut” (wie auch immer man “gut” definieren mag) in Deutschland verdienen, sondern auch recht entspannt, sicher und vielfältig leben.

    Tobias W., dessen Kommentare ich sehr schätze, ist nicht das Benchmark.

    “Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners”, Heinz von Foerster
    https://www.zeit.de/1998/04/Wahrheit_ist_die_Erfindung_eines_Luegners

    Antworten
    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Inwiefern ich einen Benchmark darstelle, kann ich nicht beurteilen.

      Wenn ich mich in meiner Branche in meiner neuen Wahlheimat umschaue, stelle ich allerdings fest, dass viele andere Arbeitnehmer hier ebenfalls aus europäischen Ländern und Deutschland stammen und aus den gleichen Gründen hier gelandet sind.

      Und ein Blick auf mein Alumni Netzwerk aus Schule, Hochschule und ehemalige Arbeitgeber zeigt, dass mehr als nur eine Handvoll aus diesem Netzwerk Deutschland den Rücken gekehrt haben, um in den USA, Kanada, Australien, Korea, Singapur usw. ihre weitere Karriere aufzubauen. Ich habe sogar einen Studienfreund aus Deutschland, der ebenfalls hier in Seattle lebt.

      Die Zahlen des statistischen Bundesamts zur Nettoabwanderung deutscher Staatsbürger lügen ja nicht. Die OECD hatte 2015 auch eine ausführliche Studie zu dem Thema: “Talente im Ausland: Ein Bericht über deutsche Auswanderer” (Quelle: https://www.oecd.org/berlin/publikationen/talente-im-ausland.htm)

      Im Auszug heißt es:


      “Wie aus der OECD-Publikation “Talente im Ausland: Ein Bericht über deutsche Auswanderer” hervorgeht, lebten 2011 etwa 3,4 Millionen in Deutschland geborene Menschen in einem anderen OECD-Land – diese Zahl entspricht der Größe Berlins. Damit stellt Deutschland die fünftgrößte Auswanderergruppe in der OECD nach Mexiko, Großbritannien und nur kurz hinter China und Indien.”

      Es wäre ja schon mal ein Anfang, wenn der Staat anerkennt, dass es ein Problem mit dem Brain Drain gibt und wenigstens belastbare Daten zu den wegziehenden Deutschen erhebt. Dann kann der Staat sich auch überlegen, wie er mit dem Wanderungssaldo umgeht und gezielt Anreize setzt, um Leute zum Rückzug zu bewegen – oder sie gar nicht erst ans Ausland verliert.

      Antworten
      • Horst
        Horst sagte:

        Ich habe den Bericht ansatzweise studiert; überschlägig komme ich auf eine andere Zahl:

        3,4 Millionen Personen insgesamt:

        900.000 Personen sind über 65 Jahre (Rentner, Pensionäre, keine Nettosteuerzahler) oder unter 24 Jahre alt (Schüler, Auszubildende, Studenten, keine Nettosteuerzahler)

        2,5 Millionen Personen, von diesen 70% mit einem ersten berufsbildenden oder akademischen Abschluss, Nettosteuerzahler (hier und da), 1,75 Millionen Personen (darunter ca. 300.000 Ehefrauen oder Ehemänner, die hier und da keine Nettosteuerzahler sind),

        1,45 Millionen Personen, von diesen sind wiederum 450.000 Personen im Staats- oder staatsnahen Dienst weltweit unterwegs (primärer, sekundärer und tertiärer Sektor, Botschaften, Konsulate, Stiftungen des Bundes, NGO etc.).

        Die groß klingende Zahl von 3,4 Millionen Personen ist plötzlich auf 1,0 Million Nettosteuerzahler zusammengeschmolzen.

        Mit Verlaub: Diese Zahl bekommen wir in Deutschland auch zusammen mit ausländischen Nettosteuerzahlern.

        In der Summe ist der aufgezeigte Zusammenhang plus/minus 0 – 500.000 Personen neutral, also beinahe zu vernachlässigen.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        “Die groß klingende Zahl von 3,4 Millionen Personen ist plötzlich auf 1,0 Million Nettosteuerzahler zusammengeschmolzen.

        Mit Verlaub: Diese Zahl bekommen wir in Deutschland auch zusammen mit ausländischen Nettosteuerzahlern.”

        Das wage ich zu bezweifeln. Wieviele Nettosteuerzahler wird es in Deutschland geben? 10 Millionen? 15 Millionen wenn man großzügig ist? Wenn man eine Million dagegen hält, ist das schon ein ansehnlicher Batzen im Verhältnis, den man nicht einfach weg lächeln sollte.

        Ich glaube nicht, dass es eine Million ausländischer Nettosteuerzahler in Deutschland gibt. Wo sollen die denn herkommen? Die jährlich ausgestellten Blue Cards in Deutschland dümpeln bei um die 20.000 bis 25.000, inklusive derer die einfach nur erneuert werden. Und auch die EU Binnenwanderung spült in erster Linie nicht die hochqualifizierten, erfolgreichen aus unseren Nachbarländern zu uns, sondern die die in ihren eigenen Ländern wirtschaftlich stärker unter Druck sind, vor allem durch dort grassierende Jugendarbeitslosigkeit.

        Schauen Sie sich doch einfach die Zahlen des Arbeitsamts zu Hartz IV Leistungen nach staatsbürgerlicher Herkunft an – Sie werden sehen, dass auch Bürger der EU in Deutschland eine höhere Hartz IV Rate aufweisen, als der deutsche Durchschnitt.

    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Und noch ein kleiner Einwurf zum Thema “kann nicht nur „gut“ (wie auch immer man „gut“ definieren mag) in Deutschland verdienen, sondern auch recht entspannt, sicher und vielfältig leben.”

      Was mich am meisten an meiner Situation in Deutschland vor meinem Wegzug gestört hat, war mein quälend langsamer Vermögensaufbau – trotz überdurchschnittlichem Bruttogehalt für deutsche Verhältnisse. Ja, ich habe in Deutschland entspannt, sicher und vielfältig gelebt – aber einen nennenswerten Vermögensaufbau hatte ich nicht. Wer wie ich und die meisten Deutschen nicht auf ein üppiges Erbe bauen kann, wird mit angestellter Erwerbsarbeit kein nennenswertes Vermögen aufbauen können.

      Der Sargnagel für meine Motivation in Deutschland zu bleiben war dann tatsächlich der Tag, an dem ich mich mal genauer mit der Rentenversicherung auseinandergesetzt habe, weil meine Eltern mir zu lange mit zusätzlicher Altersvorsorge in den Ohren gelegen haben (ironischerweise leben meine Eltern von der Pension meines Vaters). Ich habe mir dann mal meine Renteninformation von der RV angesehen, und die AG und AN Beiträge gegen die zu erwartenden Rentenzahlungen gestellt und ausgerechnet, wie alt ich werden müsste, um einen Break-Even zu erreichen. In dem Moment war mir klar, dass ich selbst Vermögensaufbau betreiben muss, mit dem Ziel diesen Vermögensaufbau zu maximieren.

      Dazu kam, dass ich zu der Zeit bereits in Deutschland für ein US amerikanisches Unternehmen gearbeitet hatte und regelmäßig in den USA unterwegs war. Gespräche mit amerikanischen Kollegen und ausgewanderten europäischen Kollegen über ihre Einkommensverhältnisse und die Rahmenbedingungen haben mir dann außerdem die Augen geöffnet.

      In dem Moment war mir klar, dass ich meine Erwerbskraft besser ins Ausland rette – weil ich nicht nur zu Erwerbszeiten “recht entspannt, sicher und vielfältig leben” wollte, sondern auch ein komfortables Vermögen erwirtschaften wollte, das mir auch im Alter ein unabhängiges, entspanntes, sicheres und vielfältiges Leben ermöglicht.

      Wenn man dann noch die positiven Aspekte der Karrieremöglichkeiten im Ausland dazu addiert, kann ich nur bereuen, dass ich nicht früher diesen Weg gegangen bin.

      Antworten
      • Ulrich Remmlinger
        Ulrich Remmlinger sagte:

        Geld ist nicht alles!
        Allerdings gebe ich zu, daß die Dinge, die D lebenswert machten, sich in den letzten 15 Jahren drastisch verschlechtert haben.
        Im übrigen habe ich z. Zt. ein komfortables Auskommen im Alter ohne eine Erbschaft zu benötigen.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @troodon

        Ich hatte das auf Wikipedia nachgelesen, die haben dort Quellen verlinkt. Einfach nach “household wealth by country oecd” googlen.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        Herr Remmlinger,

        Geld ist die Basis für alles. Wäre das nicht so, gäbe es nicht das Theater um die Grundrente in der GroKo und den Medien.

        Und Leistungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit ist das andere. Erstens hat niemand Lust, sich einseitig ausnutzen zu lassen. Zweitens ist es extrem frustrierend, wenn man sich abstrampeln kann, ohne dafür eine entsprechende finanzielle Anerkennung zu bekommen, die dem eigenen Aufwand, den eigenen Fähigkeiten und der eigenen Leistung entspricht.

        Und dann kommt dazu, dass es tatsächlich konkrete Fälle gibt, in denen Deutschland keine Antwort auf die existentiellen Bedürfnisse seiner Bürger hat – in unserem Fall trifft das zu, weil die üblichen Behandlungsmethoden für die Behinderung unseres Sohnes keine Kassenleistung deutscher Krankenkassen sind und betroffene Eltern in Deutschland diese Leistungen aus eigener Tasche bezahlen müssen und sich das Geld bestenfalls über eine Klage von den Sozialämtern zurückholen können. In Deutschland müssten wir jedes Jahr 15.000 bis 20.000EUR aus unserem Nettoeinkommen decken, um diese Kosten zu tragen. In den USA kommt unsere Krankenversicherung für diese Kosten auf.

        Und auch in anderen Fällen ist das soziale Netz in Deutschland schlechter als das gängige Vorurteil der Bevölkerung. Die Zeit beleuchtete das beispielsweise bei Krebspatienten: https://www.zeit.de/2019/46/krebsbehandlung-kosten-scham-finanzielle-not-hilfe

        Die beste Absicherung vor den Tücken des Lebens ist nicht das staatliche Sozialnetz, sondern die Fähigkeit eigenes Vermögen aufzubauen. Und Fakt ist, dass das in Deutschland nur mühsam möglich ist. Die Zahlen der Bundesbank zu den Vermögensverhältnissen der deutschen Haushalte im internationalen Vergleich zeigen das.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        >Die beste Absicherung vor den Tücken des Lebens ist nicht das staatliche Sozialnetz, sondern die Fähigkeit eigenes Vermögen aufzubauen.>

        Ich würde zustimmen, wenn Sie gesagt hätten:

        Die beste Absicherung vor den Tücken des Lebens ist nicht das staatliche Sozialnetz, sondern die MÖGLICHKEIT eigenes Vermögen aufzubauen.>

        Aber selbst das gilt nicht für ALLE.

        Denn es gibt Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen, die wir kennen und über die wir nicht weiter diskutieren müssen, eben nicht die FÄHIGKEIT haben, gegebene Möglichkeiten zu nutzen und Vermögen aufzubauen.

        Wenn so, was ist zu tun?

        Entweder werden damit verbundene Probleme über Charity oder den Sozialstaat gelöst.

        Wir haben uns für den Sozialstaat entschieden.

        Leider aber für einen, der der nicht strikt zwischen zu gewährenden Rechten und willkürlichen Ansprüchen unterscheidet und daher nicht effizient ist und die Möglichkeit, eigenes Vermögen aufzubauen, erheblich beschneidet.

        Das ist meine Kritik, nicht aber das sozialstaatliche Prinzip an sich.

        Vielleicht können wir insoweit übereinstimmen.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Tobias W
        “Ich hatte das auf Wikipedia nachgelesen, die haben dort Quellen verlinkt. Einfach nach „household wealth by country oecd“ googlen.”

        Gesagt, getan… Offensichtlich haben Sie sich dann komplett falsche Zahlen angeeignet.

        Auch lt. OECD ist die Vermögensungleichheit in den USA ggü. Deutschland höher. Lt. letzten OECD Daten wäre die Ungleichheit in den USA dabei nochmal deutlich höher als nach den Zahlen, die ich Ihnen im anderen Thread nach meiner Quelle Credit Suisse pro Erwachsenen genannt hatte. Lt. der letzten Daten der OECD beträgt Mean/Median Wealth pro Haushalt in den USA 8,17 und in D 3,52. Sie hatten angegeben 12 für D und 6 für USA…
        https://stats.oecd.org/Index.aspx?DataSetCode=WEALTH

        Ihre Angaben zum Thema stimmen also NICHT. Aber vielleicht haben Sie sich ja nur bei der Quelle geirrt und können das doch noch nachliefern…

    • Andreas K.
      Andreas K. sagte:

      Weder noch. Ich möchte, dass mein Nachbar auch arbeitet anstatt meine Abgaben per Wählerstimme zu erhöhen. Und ich bin sicher, 100% der Werte Schaffenden sehen das genauso. Sie profitieren gerade vom System ?

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Andreas K.

        Sozialistische Politik ist der Weg, über die Bevormundung anderer an das Geld der anderen zu kommen.

  7. Tobias W.
    Tobias W. sagte:

    Herr Dr. Stelter,

    vielen Dank für diesen Kommentar. Ich teile Ihre Einschätzung fast uneingeschränkt.

    An einer Stelle muss ich deshalb noch mal hartnäckig nachhaken:

    “Will man – zurecht – nicht alles beim Faktor Arbeit belassen, muss man auf steigende Steuern setzen. Punkt.”

    Das ist ein und dasselbe. Mehr als 50% der Steuereinnahmen des Bundeshaushalts stammen aus Einkommenssteuer und Soli – also ebenfalls einer Belastung des Faktor Arbeit – nur eben ausschließlich auf Arbeitnehmerseite, was es mitnichten besser macht! Wenn man dann noch die Verbrauchssteuern wie Mehrwertsteuer, Energiesteuer, “Ökosteuer” (sollte eher Rentensteuer heißen) betrachtet, ist der Anteil der Steuereinnahmen aus besteuertem Erwerbseinkommen noch höher, denn diese Steuern werden aus dem Nettoeinkommen der Haushalte getragen, nicht der Unternehmen, die diese Steuern an Verbraucher weiterreichen.

    Der angestellte Erwerbstätige in Deutschland hat keine Chance, dem dreisten Griff in den Geldbeutel zu entkommen, es sei denn er macht sich selbstständig ohne Versicherungspflicht oder wird Beamter. Oder wandert aus. Der Staat nimmt sich von der Erwerbskraft, was er braucht – sowohl über Sozialabgaben als auch durch Steuern auf Erwerbsarbeit.

    Ich teile Ihre Einschätzung, dass es mittelfristig zu einer weltweiten Einkommenssteuerpflicht für deutsche Staatsbürger kommen wird, so wie die USA die Einkommenssteuerpflicht Ihrer Bürger behandeln. Ich kann nur hoffen, dass die Politik in Deutschland sich damit so lange Zeit lässt, bis ich die Staatsbürgerschaft meines Gastgeberlandes annehmen kann – der Countdown läuft.

    Zusätzlich zu einer (schwer durchsetzbaren) weltweiten Einkommenssteuerpflicht für Deutsche gehe ich davon aus, dass dem Staat in ein oder zwei Jahrzehnten auch gar nichts anderes übrig bleibt, als neben Arbeit auch Vermögen zu belasten – eine Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer lassen sich auch einfacher durchsetzen, wenn es nicht mehr das Argument der Abwanderung des Kapitals gibt, weil eine weltweite staatsbürgerliche Steuerpflicht greift.

    Und noch eine Randbemerkung zum Thema qualifizierte Einwanderung: Kanada setzt sich jährlich ein Ziel qualifizierter Einwanderung. Mehr als 200.000 qualifizierte Einwanderer pro Jahr lockt auch Kanada nicht an. Einwanderung kann das demographische Problem nicht lösen.

    Herr Stelter, es wäre spannend zu wissen wieviel qualifizierte Abwanderung Deutschland sich rechnerisch für wie lange erlauben kann. In anderen Worten: wieviele Nettosteuerzahler gibt es? Wieviel wachsen pro Jahr nach? Wieviele verlassen Deutschland jedes Jahr? Wieviel Sand ist noch in der Sanduhr?

    mit besten Grüßen aus Seattle,

    Tobias W.

    Antworten
    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Und noch eine Anmerkung dazu:

      “Je höher die Belastung für diese Gruppe wird, desto mehr steigt der Wunsch, diesen Belastungen zu entgehen.”

      Belastungen sind das eine. Viel wichtiger sind die Möglichkeiten im Ausland, nicht die Belastungen im Ausland. Mehr und mehr Zukunftsbranchen werden im Ausland definiert. Altmaiers lächerlicher Versuch der Dominanz ausländischer IT Konzerne eine europäisch/deutsche Cloud mit dem hübschen aber nichtssagenden Namen Gaia-X entgegenzusetzen ist ein hübsches Beispiel dafür, wie Europa in einer dieser Schlüsselbranchen längst hoffnungslos den Anschluss verpasst hat. Keine staatliche Investition wird darüber hinwegtäuschen können, dass qualifizierte Erwerbsfähige mit dem Wunsch in dieser Branche Karriere zu machen, besser in die USA oder nach China gehen als in Europa zu bleiben. Die Softwarebranche – die ich auch als mein berufliches Zuhause definiere – ist hier ein Paradebeispiel dafür, dass man als qualifizierter Arbeitnehmer in dieser Branche im Ausland wesentlich bessere Karriere- und Entfaltungsmöglichkeiten hat, sowie obendrauf viel besser verdient. Selbst wenn man dann noch in einer Gegend wie San Francisco/San Jose oder New York City mit exorbitanten Lebenshaltungskosten und Steuern lebt, verfolgt man eine befriedigendere Berufsentwicklung als Europa das bieten kann.

      Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Tobias W.

      “Das ist ein und dasselbe. Mehr als 50% der Steuereinnahmen des Bundeshaushalts stammen aus Einkommenssteuer und Soli – also ebenfalls einer Belastung des Faktor Arbeit – nur eben ausschließlich auf Arbeitnehmerseite, was es mitnichten besser macht!”

      Was glauben Sie denn, wie Arbeitgeber bei den Arbeitgeberanteilen der Sozialversicherungsbeiträge rechnen? Die werden selbstverständlich bei den Lohnkosten mit gebucht und auch in der Kostenkalkulation als solche betrachtet. Ich würde meinen Beschäftigten die Arbeitgeber-Rentenversicherung, Arbeitgeber-Krankenversicherung, etc. -Beiträge gerne mit auszahlen oder zumindest mit auf den Lohnzettel schreiben und dann könnten sie die selbst an die Krankenkasse überweisen, aber das gäbe vermutlich einen Aufschrei weil die Arbeitnehmer dann zum ersten Mal begreifen würden, wie teuer die Sozialversicherungen in Deutschland tatsächlich schon sind.

      “eine Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer lassen sich auch einfacher durchsetzen, wenn es nicht mehr das Argument der Abwanderung des Kapitals gibt, weil eine weltweite staatsbürgerliche Steuerpflicht greift.”

      Dann gibt es dafür das Argument, dass die Steuerpflichtigen die deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben könnten, wenn sie zu sehr ausgepresst werden.

      “es wäre spannend zu wissen wieviel qualifizierte Abwanderung Deutschland sich rechnerisch für wie lange erlauben kann. In anderen Worten: wieviele Nettosteuerzahler gibt es? Wieviel wachsen pro Jahr nach? Wieviele verlassen Deutschland jedes Jahr? Wieviel Sand ist noch in der Sanduhr?”

      Dazu müsste man erstmal entscheiden, welche Mindestzahl beziehungsweise welchen Mindestanteil an Nettosteuerzahlern Deutschland unbedingt braucht, und das hängt von der Ausgabenfreudigkeit des Staates ab.

      Aber vielleicht hilft ja die DDR-Erfahrung um ein Gefühl dafür zu kriegen, wann die Maßnahmen des Staates richtig aggressiv werden: Die DDR hatte 1949 knapp 19 Millionen Einwohner, davon sind gut 3 Millionen abgewandert bis die Mauer gebaut wurde. Gleichzeitig war der Geburten/Sterbesaldo positiv, wodurch die Bevölkerung insgesamt um weniger als diese 3 Millionen schrumpfte, aber Kinder waren natürlich auch erstmal Nettoleistungsnehmer.

      Illegal gemacht wurde die sogenannte “Republikflucht” in der DDR schon 5 Jahre vor dem Mauerbau 1961, bis dahin waren knapp 2 Millionen aus der DDR abgewandert.

      Das scheint mir eine ganz taugliche Daumenregel für die Reaktion des Staates zu sein: Bei 10% Abwanderung gemessen an der Ausgangsbevölkerungszahl wird sie einstweilen erstmal verboten, bei 15% Abwanderung werden die richtig brutalen Zwangsmaßnahmen herausgeholt.

      Allerdings war in der DDR der 1950er Jahre der Erwerbstätigenanteil an der Gesamtbevölkerung
      viel höher als heute und die Sozialleistungen viel niedriger, das könnte Gegenmaßnahmen des Staates also deutlich beschleunigen. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben wir in Deutschland heute nur ungefähr 33 Millionen, das sind sowieso nur 40% der Gesamtbevölkerung. Eine deutlich instabilere Ausgangsposition für die Umverteilungssysteme als zu Beginn der DDR-Diktatur.

      Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Tobias W.

      Es ist richtig, dass sich Vermögenssteuer und Erbschaftsteuer leichter durchsetzen lassen, wenn es eine weltweite staatsbürgerliche Steuerpflicht gibt.

      Die Frage ist nur, wie viele Auswanderer dann noch deutsche Staatsbürger sein wollen.

      Die Menschen werden vergleichen und sich dann möglicherweise für eine andere Staatsbürgerschaft entscheiden.

      Wenn Deutschland erst einmal runtergewirtschaftet ist, dürfte das vielen nicht schwerfallen.

      Antworten
      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        Eine andere Staatsbürgerschaft anzunehmen, ist in den meisten attraktiven Ländern eine mehrjährige Angelegenheit. In den USA beispielsweise muss man erst permanent resident werden, was Jahre dauern kann und dann erst läuft der Einbürgerungscountdown, der ebenfalls mehrere Jahre läuft. In der Zeit könnte der deutsche Staat noch gut zugreifen. Außerdem ist davon auszugehen, dass es auch eine einmalige, hohe Exit Tax geben wird, so wie die USA das bereits für Staatsbürger und permanent residents haben.

        Letztendlich werden die Menschen ohnehin dort die Staatsbürgerschaft annehmen, wo sie ihren Lebensmittelpunkt sehen. Ich strebe die US Staatsbürgerschaft in erster Li ie an, damit ich in meiner neuen Heimat die gleichen Rechte habe.

    • Elektroheini
      Elektroheini sagte:

      @ Tobias W.
      “wieviel qualifizierte Abwanderung Deutschland sich rechnerisch für wie lange erlauben kann. In anderen Worten: wieviele Nettosteuerzahler gibt es?”

      Ich kann mich noch dunkel an eine Antwort erinnern.
      Gefunden: Gunnar Heinsson https://www.theeuropean.de/juergen-fritz/12710-weniger-als-ein-drittel-sind-nettosteuerzahler
      Nettosteuerzahler (zahlen mehr Steuern als sie vom Staat partizipieren) sind es ca. 27 mio. Wenn man diejenigen abrechnet, die direkt oder indirekt auf der Lohnliste des Staates stehen, bleiben runde 15 mio Nettosteuerzahler.

      Antworten
  8. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “Eine Frage, die sich die Politik bei ihrer Hin- und Herverschieberei nicht stellt, ist die nach der Bereitschaft der Zahlenden, diese Last auch in Zukunft zu tragen. Da sind Zweifel nicht unberechtigt. Schon heute verlassen rund 200.000 Menschen pro Jahr Deutschland.”

    Vielleicht könnte der Aufbau eines neuen “antifaschistischen Schutzwalles” helfen, um die Auswanderung der Qualifizierten zu stoppen? Die SED/Linkspartei wäre sicher bereit, diesen Plan mitzutragen wenn es auch auf Bundesebene zu einer Koalition mit der CDU kommt. Wer dagegen ist, muss ein Faschist sein, das ergibt sich ja schon aus dem Namen des Bauprojektes.

    bto: “Abzusehen ist das Verschärfen der Steuern für Wegzug und eine weltweite Besteuerung all jener, die einen deutschen Pass besitzen. Doch auch dies sind letztlich nur Maßnahmen, die den Exodus aus dem Land beschleunigen.”

    Das wäre dann die virtuelle Mauer. Wie die Erfahrung aus den 1950ern und 1960ern mit dem real existierenden Sozialismus gezeigt hat, hält das die Leute tatsächlich nicht von der Auswanderung ab, wenn die Lebensverhältnisse nur schlimm genug sind. Irgendwann geht es ums Prinzip und um die Existenz, dann ist die Höhe der Wegzugsbesteuerung völlig egal, selbst wenn sie konfiskatorische Ausmaße erreicht.

    Antworten

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