Gerede vom Marktversagen ist in Wahrheit Politikversagen
Politiker und Interessenvertreter sprechen gerne von „Marktversagen“, um staatliche Eingriffe zu rechtfertigen. In Wahrheit sind es häufig die staatlichen Eingriffe, die angebliches Marktversagen nach sich ziehen.
Beispiele gibt es genug. Nehmen wir die Energiepolitik. Der planwirtschaftliche Ansatz der Transformation hat Deutschland mit 39,6 Cent pro Kilowattstunde die höchsten Energiekosten Europas beschert. Anstatt nun die systemischen Fehler zu korrigieren – etwa durch Wiedereinstieg in die Kernenergie oder wenigstens durch Technologieoffenheit – reagiert die Politik mit Industriestrompreis-Subventionen. Man bekämpft also die Symptome einer verfehlten Politik mit noch mehr Staat, ohne die Ursachen anzugehen.
Oder die Wohnungspolitik: Die erhebliche Zuwanderung und Binnenmigration erfordert den Bau weiterer Wohnungen. Letzteres wird durch Vorgaben zur Verdichtung und Höhenbeschränkung und durch Auflagen zu Baustandards verhindert. Auf den Mangel an Wohnraum reagiert die Politik mit Mietpreisbremsen bis hin zum Deckel. Das Ergebnis: noch weniger Wohnraum, weil die Glücklichen, die eine Wohnung haben, nicht mehr ausziehen. Die Reaktion der Politik: weitere Regulierungen, Vorgaben, Subventionen. Die Interventionsspirale dreht sich weiter.Am schädlichsten aber dürfte die Manipulation des wichtigsten Preises der Marktwirtschaft, des Zinses, sein. Der sogenannte Greenspan-Put – die implizite Garantie der Notenbank, bei Krisen die Zinsen zu senken und die Risiken zu übernehmen – hat dazu geführt, dass Banken und Investoren immer größere Wetten eingehen konnten, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Die Folge: immer häufigere und immer größere Krisen an den Finanzmärkten und eine deutlich gestiegene Verschuldung.
Manipulation der Staatsanleihen
Die Europäische Zentralbank setzt diese Politik der Manipulation bei den Staatsanleihen der Eurozone fort. Banken dürfen die Anleihen der Staaten halten, ohne diese mit Eigenkapital zu hinterlegen. Wenn man das Haftungsprinzip aus einem marktwirtschaftlichen System herausnimmt, dann funktioniert es nicht mehr.
Vieles spricht dafür, dass die Stagnation, die wir in Deutschland seit 2018 durchleben und die sich mittlerweile zu einer Dauerrezession auswächst, in erheblichem Maße die Folge zunehmender staatlicher Eingriffe ist. Das ist die zentrale Feststellung von Prof. Dr. Stefan Kooths, Direktor der Forschungsgruppe Konjunktur und Wachstum am Kiel Institut für Weltwirtschaft, in seinem neuen Buch „Marktwirtschaft – Wohlstand, Wachstum, Wettbewerb“.
Wesentlich für Kooths’ Argumentation ist das Konzept des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren des österreichisch-britischen Ökonomen Friedrich August Hayek. Wettbewerb wird nicht als statischer Zustand, sondern als dynamischer, wissensgenerierender Prozess verstanden, in dem unternehmerische Arbitrage Marktlücken aufdeckt und schließt, Innovation und Imitation als komplementäre Kräfte wirken und dezentral verfügbares Wissen in den Koordinationsprozess eingespeist wird.
Kooths’ Grunddiagnose ist simpel: Deutschland leidet nicht an zu viel Marktwirtschaft, sondern an einem tief sitzenden Misstrauen gegenüber marktwirtschaftlichen Prozessen. Marktwirtschaftliche Systeme wachsen von ganz allein, wenn man sie lässt. Bei uns hingegen wächst nur noch der Staat.
Ansatzpunkte für eine Befreiung der Marktwirtschaft gibt es genug: Abschaffung von Lieferkettengesetz und EU-Taxonomie, Reform des Kündigungsschutzes, dramatische Reduktion staatlicher Auflagen und Regulierungen und ein Rückzug des Staates auf die Ordnungspolitik. Vollendung des EU-Binnenmarktes: Immerhin schätzt der IWF, dass Bürokratie und Regulatorik innerhalb der Europäischen Union Kosten von im Schnitt 44 Prozent verursachen. Ein glaubwürdiges Bekenntnis zu marktwirtschaftlichen Prinzipien würde unmittelbar einen Stimmungsumschwung bewirken.
Noch ist die deutsche Politik stramm auf dem Weg in die falsche Richtung. Jüngstes Beispiel: das Tariftreuegesetz, welches mit Blick auf den Fachkräftemangel nicht nur überflüssig ist, sondern exakt das falsche Signal sendet.
Bei all dem dürften die Bürger schon weiter sein als die Politik. Wohl nur noch eine Minderheit verschließt die Augen vor dem dringenden Reformbedarf. Was uns fehlt, ist eine deutsche Version von Javier Milei. Letzterer hat in Argentinien bewiesen, dass man auch mit einer radikalen Reformagenda Wahlen gewinnen kann.

