Was tun mit dem Geld? (5) ‒ Selber denken

Lieber eine Stunde über Geld nachdenken, als eine Stunde für Geld arbeiten“, lautet ein Bonmot des amerikanischen Ölmagnaten John D. Rockefeller. Ein Ratschlag, den man gerade im heutigen Umfeld nicht ernst genug nehmen kann. Dabei ist es allerdings entscheidend, selber darüber nachzudenken. Von den Beratern bei Banken und Finanzinstituten darf man ernsthaft nicht erwarten, dass sie in der Lage sind, einem diese Gedankenübung abzunehmen. Zum einen sind sie realistischerweise nicht in der Lage, so über Geld nachzudenken, wie man es als Anleger braucht, denn sonst hätten Sie einen anderen Job oder würden in einem warmen Steuerparadies von ihren Kapitalerträgen leben. Zum anderen sind gerade die Berater bei den Finanzinstituten. Aber auch viele unabhängige Berater sind nicht so unabhängig, wie sie tun. Zu sehr wird die Anlagestrategie von den Ertragserwartungen der jeweiligen Arbeitgeber und nicht jenen des Kunden bestimmt.

Dennoch sollte man annehmen, dass die Profis wissen, was sie tun. Wie falsch diese Annahme ist, will ich an ein paar Beispielen zeigen.

Zunächst ein Blick nach Österreich. Wie bereits diskutiert, hat Österreich die Notbremse gezogen und sich aus der Rettung der Abwicklungsbank Heta verabschiedet. Die Bank – hervorgegangen aus dem Skandalinstitut Hypo Alpe Adria – wird die erste sein, die nach den neuen Regeln der EU abgewickelt wird und ihre Gläubiger werden über ein sogenanntes „Bail-in“ an den Kosten beteiligt.

Man könnte meinen, nach den Ereignissen in Zypern wäre jedem Investor klar, dass es sich bei einer Investition in Schuldtitel einer Bank um ein riskantes Investment handelt, umso mehr, wenn es sich um eine Bank handelt, die bis über die Ohren in Schwierigkeiten steckt.

Außerdem musste damit gerechnet werden, dass es zu weiteren Verlusten bei der Heta kommt. Weder haben sich die Rahmenbedingungen verbessert, noch rechtfertigten die bisherigen Erfahrungen mit der Rechnungslegung des Instituts ein besonderes Vertrauen in das Zahlenwerk.

Zugleich musste jeder Investor erkennen, dass angesichts der Größenordnung, um die es geht, das Land Kärnten zwar viele Bürgschaften geben mag, diese aber im Ernstfall gar nicht erfüllen kann, weil das Volumen der Verluste – jetzt auf 7,6 Milliarden Euro geschätzt – ein Mehrfaches des Jahreshaushaltes von 2,2 Milliarden Euro ausmacht. Die Bürgschaft war offensichtlich wertlos, weil der Bürgende gar nicht in der Lage war, seine Versprechen zu erfüllen. So sah es auch der Landeshauptmann (Ministerpräsident) Peter Kaiser: „Das kann sich jeder ausrechnen – das Land Kärnten kann das nicht bedienen.”

Die Hoffnung der Investoren war offensichtlich, dass der Staat Österreich im Zweifelsfall einspringen würde. Angesichts der bereits geleisteten Hilfen von 5,5 Milliarden Euro, einer bereits sehr hohen Staatsverschuldung und den politischen Konsequenzen einer derartigen Umverteilung von Lasten zwischen Bundesländern, war auch dies eine – wie sich nun zeigt – unberechtigte Annahme.

Zusammengefasst: Es war jedem Beobachter klar, dass die Papiere der Heta höchst risikoreich sind. Nur wenn der Staat unter allen Umständen einspringt, wäre es ein vertretbares Risiko. Doch angesichts der neuen Abwicklungsregeln und der Tatsache, dass Österreich bereits im Sommer 2014 mit einem Hypo-Sondergesetz die Gläubiger belastet hatte, musste jedem klar sein: Heta-Anleihen sind Spekulation, nicht Anlage. Alles musste gut gehen, damit es sich lohnt.

Nun könnte man annehmen, dass angesichts der hier dargelegten Fakten jene Leute, die als Profis das Geld für ihre Kunden treuhänderisch anlegen, um Kapitalerhalt mit vernünftiger Rendite zu erzielen, die Finger von diesen Papieren lassen. Doch weit gefehlt. Die F.A.Z. berichtet: „Nach einer Statistik der Nachrichtenagentur Bloomberg rangiert bei den Schuldtiteln der Hypo Alpe Adria der Münchner Versicherungskonzern Allianz an erster Stelle. Ihre Fondsgesellschaft Pimco soll mit 292 Millionen Euro investiert sein, die Allianz Invest hält weitere 34 Millionen Euro. Auf dem zweiten Platz listet Bloomberg die DWS, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, auf. Bei ihr stehen 276 Millionen Euro im Feuer. Auf den nächsten Plätzen folgen die Vermögensverwalter Kepler (67 Millionen), Blackrock (42 Millionen) und Pictet (37 Millionen).” Und weiter: “Allerdings tauchen in den Medien auch Namen auf, die in der Bloomberg-Statistik nicht zu finden sind. Das prominenteste Beispiel ist die Weltbank, die in einer Nachranganleihe der Hypo Alpe Adria mit 150 Millionen Euro investiert sein soll. Auch die Förderbank Nordrhein-Westfalens, die NRW-Bank, bangt um einen hohen Betrag.”

F.A.Z: Deutsche Gläubiger sollen für Skandalbank bluten, 6. März 2015

Alle hier genannten Institutionen haben nicht das eigene Geld verloren, sondern das ihrer Anleger. Man kann einwenden, dass es sich angesichts der Investitionsvolumina dieser Adressen um Rundungsfehler handelt. Dennoch: Offensichtlich hochriskante mit derart deutlichem Ausfallrisiko versehene Papiere haben in den Portefeuilles dieser als risikoscheu bekannten Anbieter nichts zu suchen. Es darf getrost davon ausgegangen werden, dass die Kunden selber in Kenntnis der Lage nicht in diese Papiere investiert hätten.

Dabei ist es nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Banken und Investoren versuchen, Risiko und Ertrag mit ausgeklügelten Modellen zu steuern. Ein wichtiges Konzept dabei ist das sogenannte „Value at Risk“. Dabei wird unter Annahme von bestimmten Wahrscheinlichkeitsverteilungen ausgerechnet, wie hoch der potenzielle Verlust eines Investments innerhalb eines bestimmten Zeitraumes maximal sein wird. Als Input dienen dabei vor allem die Daten der Vergangenheit. Übersetzt bedeutet dies, die Investoren gehen davon aus, dass die Zukunft sich analog zur Vergangenheit entwickelt. Strukturbrüche werden so nicht vorhergesehen. Lange Phasen der Stabilität und Ruhe an den Finanzmärkten, gemessen an der Volatilität, führen dann wiederum zu einem geringeren erwarteten Risiko und damit geringeren Verlustwahrscheinlichkeiten. Die Investoren können dann höhere Risiken als zuvor eingehen, weil diese ja nicht mehr so riskant sind.

Wenn es dann zu einem Bruch der Entwicklung kommt, sind es gleich deutliche Abweichungen von dem, was die Modelle erwarten. Schnell wird dann von „schwarzen Schwänen“ gesprochen, also Dingen, die außerhalb des Erwartbaren waren. Dieser Begriff wurde von Nassim Taleb eingeführt und beschreibt Ereignisse, “die extrem unwahrscheinlich sind, völlig überraschend eintreffen und sich im Nachhinein einfach erklären lassen”.

Goldman Sachs ist sicherlich eine der professionellsten Adressen in der Finanzwelt. Wie die Financial Times berichtet, jedoch auch nicht frei von den Tücken der Modelle. Im Jahre 2007 bei Ausbruch der Finanzkrise (wir erinnern uns: angeblich risikofreie AAA-Papiere wurden über Nacht zu Ramsch) vermeldete die Firma 25 „Verletzungen der Standardabweichung mehrere Tage in Folge“ (25-Sigma-Ereignis). Dies bedeutet, die Verluste waren größer, als sie nach den Annahmen des Modells hätten sein dürfen. Und dies mehrere Tage in Folge, was noch unwahrscheinlicher ist.

Um es greifbarer zu machen, haben Kevin Dowd, John Cotter, Chris Humphrey and Margaret Woods von der Nottingham Business School mal nachgerechnet: How Unlucky is 25-Sigma?

  • Ein 3-Sigma-Ereignis kommt alle 741 Tage vor, also ungefähr einmal in drei Jahren.
  • Ein 4-Sigma-Ereignis kommt alle 31.560 Tage vor, also einmal in 126 Jahren.
  • Ein 5-Sigma-Ereignis kommt alle 2.483.046 Tage vor, entspricht allen 13.932 Jahren. So lange ist die Eiszeit her.
  • Ein 6-Sigma-Ereignis kommt alle 1.009.976.678 Tage vor – also einmal in 4.039.906 Jahren – so lange gibt es den heutigen Menschen.
  • Ein 7-Sigma-Ereignis einmal in 3.105.395.365 Tagen. – fünfmal länger als es Leben auf der Erde gibt. Wow.

Die Wahrscheinlichkeit für eine derartige Abweichung vom Erwartungswert um 25 Sigma ist so hoch, wie der Gewinn beim Lotto 21 bis 22 Mal in Folge! Das aber hat Goldman nicht nur einmal, sondern mehrfach hintereinander erlebt. „Oskar Wild hätte es wohl so umschrieben: Einmal ein 25-Sigma Ereignis zu erleben, kann man als Pech ansehen. Es mehr als einmal zu erleben, sieht nach Schlamperei aus.“

Ich würde es einfach ausdrücken: Die Fortschreibung der Vergangenheit ist keine Garantie für eine risikofreie Zukunft. Man muss halt selber denken. Dazu haben die Banken entsprechende Risikomanager. Diese betrachten und steuern das Risiko der Bank so, dass Erträge erwirtschaftet werden, aber gleichzeitig das Haus nicht untergeht. Zumindest in der Theorie dürfte man da erwarten, dass auch mal über den Tellerrand der Modelle geschaut wird.

Jetzt könnte man sagen, dass ich bezüglich der US-Immobilienkrise übermäßig kritisch bin. Schließlich waren bis dato Immobilien in den USA nicht nennenswert im Preis gefallen, was für ein geringes Risiko spricht. Zwar gab es mahnende Stimmen wie den späteren Nobelpreisträger Robert Shiller, der auch vor der US-Börse im Jahr 2000 gewarnt hatte. Andere wie John Paulsen haben mit einer Spekulation gegen den Markt Milliarden verdient. Aber da kann man vielleicht von einer wirklichen Ausnahme sprechen.

Doch dann dies: Als die Schweiz die Bindung des Franken an den Euro auflöste, meldete Goldman erneut eine derart starke Abweichung. Diesmal um „mehr als 20 Sigma“. Da bin ich dann doch sprachlos. Die Loslösung des Schweizer Franken vom Euro war also so unwahrscheinlich, dass die Anzahl Jahre, die es dauert, bis so ein Ereignis eintritt, zehnmal größer ist als die geschätzte Anzahl an Partikeln im gesamten Universum!

Goldman war nicht alleine. Global sollen Banken und Spekulanten Milliarden verloren haben, die Deutsche Bank alleine 120 Millionen Euro.

War die Loslösung des Schweizer Franken wirklich so ein unwahrscheinliches Ereignis? Wenn man sich die Umstände betrachtet, eigentlich nicht:

  • Die SNB hatte 2011 den Mindestkurs eingeführt, um ein weiteres Überschießen des Franken zu verhindern und um der Exportwirtschaft zu helfen, sich auf einen starken Franken einzustellen. Die Schweizer Industrie konnte handeln und in der Tat ist die Abweichung des Mindestkurses vom Kurs nach Kaufkraftparität geringer geworden.
  • Die Bilanz der SNB ist in den Folgejahren so schnell gewachsen wie keine andere Notenbankbilanz der Welt. Die SNB hat Milliarden Euro gegen Franken gekauft und diese anzulegen wurde immer schwieriger.
  • Es gab zunehmend Unruhe in der Schweizer Bevölkerung, wie sich an dem – zuletzt zwar gescheiterten – Goldreferendum zeigte. Darin wurde gefordert, dass die SNB einen Mindestteil der Bilanz in Gold halten musste und diesen Schatz zudem nicht verkaufen durfte. Ein klares Misstrauensvotum der Schweizer Bevölkerung gegen die SNB Politik.
  • Es war klar, dass die EZB in Quantitative Easing einsteigen würde, womit der Druck auf die SNB unerträglich geworden wäre.
  • Es gab schon lange mahnende Stimmen, die darauf hingewiesen haben, dass es eine temporäre Maßnahme sein musste, keine ewige.

Klingt für mich in Summe deutlich wahrscheinlicher, als ein 20-Sigma-Ereignis.

Die FT berichtet, dass einige Banken die historische Volatilität des Schweizer Franken bei ihren Risikoberechnungen verwendet haben, einige sogar die Schwankungen während des Mindestkurses, wo die Schwankungen per Definition gering waren. „Der Ersatz des normalen Menschenverstandes durch quantitative Risikomodelle war eine Ursache der Finanzkrise und es sieht so aus, als hätte sich nichts geändert“, resümiert die FT. Und weiter: „In 2007 war der Zusammenbruch des Interbankenmarktes ein Ereignis, welches das Modell nicht abbilden konnte und demzufolge vielleicht entschuldbar. Im Falle der Aufwertung des Franken ist das Versäumnis sich das vorzustellen Stümperei.“

Natürlich ist es theoretisch denkbar, dass solche Unfälle passieren. Aber wenn Goldman und die anderen Firmen wirklich so viel Pech haben, stellt sich die Frage, ob man ihnen sein Geld anvertrauen sollte. Denn die Alternative zu Pech ist Inkompetenz. Was natürlich für Investoren ein Dilemma darstellt: Möchte man Pechvögel oder Inkompetente als Manager für das eigene Geld haben? Benjam Franklin hat einmal festgestellt, dass “Sorgfalt die Mutter allen Glückes ist”. Pech und Inkompetenz dürften ähnlich verbunden sein.

Fazit: Banken und viele Berater denken nicht an ihre Kunden und vor allem denken sie nicht im Szenario der Eiszeit, sondern extrapolieren ihre eigene Welt. Bleibt nur eines: Selber denken!

Doch auch selber denken erfordert Disziplin. Ray Dalio, einer der erfolgreichsten Hedge-Funds-Manager der Welt, beschrieb das Geheimnis seines Erfolges einmal so: “Es ist wichtig, immer zu fürchten, dass man sich irrt, egal wie sehr man daran glaubt, richtig zu liegen.” Selber denken und mit Szenarien arbeiten, dürfte die Antwort sein.

Kommentare (7) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Platinus
    Platinus sagte:

    selber denken:
    Ein 25-Sigma Ereignis gibt es nicht. Die Aussage bedeutet, dass die zu grund liegende Theorie völlig falsch ist.

    Antworten
  2. OK
    OK sagte:

    Niemand, der noch klar denken kann, wird behaupten, dass im Grunde simple Modelle wie Value at Risk, Betas u.Ä. effiziente Risikomessgrößen sind. Das einzige Argument, dass man immer hört ist “Ja, sie sind in gewisser Weise unzulänglich, aber wir haben nichts besseres!” Das ist wie im Film Rainman, wenn Dustin Hoffman aus seiner Unkenntnis über den Wert verschiedener Güter jeden Wert mit “ungefähr hundert Dollar” angibt. Ja, liegt vielleichct näher als “Keine Ahnung”, hilft aber trotzdem nicht weiter!

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  3. MFK
    MFK sagte:

    Wie schreibt Taleb so schön im Schwarzen Schwan (S. 282): “Zu den Aspekten der Glockenkurve, die am meisten Missverstanden werden, gehört ihre Fragilität und Anfälligkeit für die Schätzung von Tail-ereignissen. Die Chancen für eine 4-Sigma Begegung sind doppelt so gross wie die für eine 4,15 Sigma Bewegung, die für eine 20-Sigma Bewegung eine Billion Mal so gross, wie die für eine 21-Sigma Bewegung. Das bedeutet, dass schon kleinere Messfehler bei der Standardabweichung zu einer massiven Unterschätzung der Wahrscheinlichkeit führen wird. Bei manchen Ereignissen können wir um eine Billion Mal falschliegen”.
    Eigentlich sollte man nach einem 25-Sigma Ereignis auch einmal sein Risikomanagement Modell in Frage stellen.

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    • Dr. Gördes
      Dr. Gördes sagte:

      Sind 25 Ereignisse, die ausserhalb einer Standardabweichung liegen, in enger zeitlicher Folge genauso selten, wie ein Ereignis, das 25 Standardabweichungen überschreitet? Ich nehme an, dass dies nicht der Fall ist. Zumal die 25 Ereignisse miteinander (mehr oder minder kausal) verbunden seien dürften.

      Währungsanbindungen waren immer vorübergehend. Würde mich interessieren, wie lange die längste Anbindung gehalten hat…

      Antworten
      • MFK
        MFK sagte:

        Natürlich gibt es keine Addition von Wahrscheinlichkeiten. Ich bin davon ausgegangen, dass die Angaben im Beitrag von Dr. Stelter zutreffen und ein 25-Sigma Ereignis vorliegt zumal Investmentgesellschaften mathematische Modelle vorhalten, die das jeweilige Risiko berechnen. Dieses geschieht jedoch offensichtlich immer noch nach der Gausschen Normalverteilung. Taleb hat jedoch m.E. überzeugend nachgewiesen, dass diese nicht in einer beliebig skalierbaren Umwelt (Extremsitan) funktionieren. Ein einfaches Beispiel: Man kann die Durchschnittsgröße der anwesenden Personen in einem Raum hiernach bestimmen (es gibt schlicht keine > 3m großen Menschen). Will man allerdings das Durchschnittsvermögen bestimmen, kann man schnell ein Problem bekommen, falls sich Bill Gates etc. im Raum befinden. Die Finanzwelt ist Extremistan. Dennoch wird hier offensichtlich immer noch das Risiko mit den Gausschen Instrumenten gemessen. Ich will hier aber nicht Taleb in extenso rezitieren. Das Buch ist jedenfalls trotz seines irreführenden Titels lesenswert – nur nicht für die Finanzwelt.

  4. OS
    OS sagte:

    Sehr geehrter Herr Dr. Stelter,
    ich teile Ihre Meinung, dass man am besten fährt, wenn man selbst die Entscheidungen trifft und sich nicht beraten lässt. Dazu brauch man ein gewisses Wissen. Das beste Buch für den Privatanleger, was ich bislang auf Deutsch gefunden habe: Gerd Kommer, Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs. Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen. Wenn man sich an den dort dargestellten Prinzipien orientiert, liegt man in jedem Fall besser als wenn man sich von den normalen Zeitungartikeln und -Meldungen beeinflussen lässt.

    Herzlichen Dank für Ihren Blog und die interessanten Artikel, auf die Sie verlinken. Ich bin froh, dass Sie dies machen und es dadurch jedem Bürger ermöglichen, sich jenseits der deutschen Presse zu informieren!

    Herzlichen Dank
    OS

    Antworten
    • Dr. Gördes
      Dr. Gördes sagte:

      An der Stelle würde ich gerne Kommer zur EMT zitieren:

      “Oft wird behauptet, dass die EMT – sofern sie denn zutreffe – das Hauptargument für passives Investieren sei. Das ist nicht korrekt. Ein ebenso wichtiges Argument ist der bereits weiter oben beschriebene »Renditenullsummenspiel-Charakter« der Wertpapiermärkte hinsichtlich der Verteilung von Überrenditen unter allen Anlegern. Aufgrund dieses ehernen mathematischen Gesetzes erzielt vor Kosten notwendigerweise eine Hälfte der Anleger (genauer: eine Hälfte der investierten Anlagemittel) eine unter dem betreffenden Marktindex liegende Rendite, nach Kosten ist diese »Verlierergruppe« noch deutlich größer. Die Efficient-Market-Theorie erklärt lediglich, warum die unweigerlich vorhandenen Outperformer nicht zuverlässig prognostizierbar und nicht ausschließlich Profianleger sind, sondern sich etwa repräsentativ aus allen Anlegergruppen – auch aus den Reihen der Privatanleger – zusammensetzen.

      Die EMT gilt nicht für jeden Markt, sondern nur für den Wertpapier- und den Devisenmarkt. Die große Mehrzahl der normalen Güter- und Dienstleistungsmärkte ist mehr oder weniger »ineffizient«. Beispiel: der Gebrauchtwagenmarkt. [..]”

      Da würde ich als Beispiel gerne hinzufügen: der Immobilienmarkt. Und weiter…

      “[..] Ein kurioses, aber anerkanntes Paradox der EMT besteht übrigens darin, dass ihre Aussagen nicht mehr zuträfen, wenn alle Marktteilnehmer nach ihr handeln würden, also nur noch passives Portfoliomanagement, zum Beispiel mit Indexfonds, betrieben. Es gibt Schätzungen zu der Frage, wie groß der Anteil der passiven Investoren an der Gesamtzahl aller Investoren sein müsste, um die Effizienz der Märkte zum »Kippen« zu bringen, sodass sich aktive Anlagestrategien wieder lohnten. Diese belaufen sich auf etwa 80 bis 90 Prozent (gemessen am Anteil der passiv gemanagten Gelder am gesamten Anlagevolumen aus privaten und institutionellen Anlagen). Heute liegt dieser Anteil bei deutlich etwa 20 Prozent. Fest steht: Wer den Markt dauerhaft schlagen will, muss nicht nur mehr wissen als einzelne andere – das wäre zweifellos möglich –, sondern mehr als jeder andere, und das beinahe permanent.”

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