«Ich sehe Preisblasen wie 2007»
William White habe ich schon mehrmals besprochen. Er ist der Mann, der die Finanzkrise vorhergesagt hat, weil er schon früh die Folgen einer übermäßigen Verschuldung verstanden hat. Obwohl er fast vierzig Jahre in Diensten von Notenbanken gestanden hat, hält er sich mit Kritik nicht zurück. So auch in diesem Interview mit der FINANZ und WIRTSCHAFT:
- So expansiv haben die Zentralbanken nie agiert, nicht einmal in den Dreißigerjahren. Was mir Sorgen bereitet, ist der experimentelle Charakter dieser Politik, die Notenbanker erfinden laufend Neues.
- Ziel ist es, die Vermögensmärkte aufzupumpen. Dadurch würden sich die Leute reicher fühlen, mehr konsumieren und so die Realwirtschaft ankurbeln. Ich denke nicht, dass es funktioniert. Zudem halte ich es für enorm gefährlich.
- Die bedenklichste Konsequenz dieser Geldpolitik ist aber, dass die wahren Probleme, die der Finanzkrise zugrunde lagen, nicht gelöst werden. Zu hohe Schulden. Ich meine nicht bloß zu hohe Staatsschulden, sondern generell zu hohe Schulden, vor allem auch im Privatsektor. Die meisten Industriestaaten haben in den Jahren vor 2007 einen beispiellosen Kreditboom erlebt. Nun sind sie mit einem Schuldenüberhang konfrontiert. Dieses Problem können die Notenbanken nicht lösen.
- Um den Schuldenüberhang zu lösen, müssen faule Kredite restrukturiert oder abgeschrieben werden. Daran führt kein Weg vorbei. Das ist aber eine Aufgabe der Regierungen, nicht der Notenbanken. Das Problem ist, dass die Geldpolitik den Regierungen die Gelegenheit gibt, so zu tun, als gäbe es kein Problem mehr.
- Das ist besonders in Europa augenfällig, wo es mittlerweile von Zombie-Unternehmen und -Banken wimmelt. Sie sind insolvent, aber ihre Schulden werden laufend gerollt, sodass sich alle einreden können, die Kredite würden zurückgezahlt. Europas Politiker üben sich in Selbstbetrug, was den Zustand des Bankensystems betrifft.
- Die Bank of Japan druckt Geld und will glaubhaft signalisieren, dass die Inflation steigen wird. Doch das kann die Konsequenz haben, dass die japanischen Konsumenten noch mehr sparen, weil sie befürchten, dass auch in einem Umfeld steigender Preise ihre Gehälter nicht wachsen und sie daher mit einem realen Einkommensverlust konfrontiert sind. Das kann zu einem Rückfall in die Deflation führen. Wird dann die Bank of Japan noch aggressiver, kann die Stimmung über Nacht umschlagen und eine Hyperinflation einsetzen. Professor Peter Bernholz hat diesen Effekt in seinen Arbeiten treffend beschrieben. Solche von Erwartungen getriebene Entwicklungen verlaufen nicht linear, sondern sprunghaft.
- Eine Begründung für die geringe Inflation ist, dass die Geldpolitik nicht funktioniert. Die Basisgeldmenge steigt zwar, aber die Umlaufgeschwindigkeit ist kollabiert, sodass die breiteren Geldaggregate nicht wachsen. In der Eurozone ist die breite Geldmenge sogar rückläufig. Daraus abzuleiten, dass alles kein Problem ist, wäre aber gefährlich. Es erinnert mich an den Mann, der aus dem zwanzigsten Stock springt und sich auf halbem Weg sagt, «so weit, so gut».
Und hier der Link zum ganzen sehr lesenswerten Interview:
→ FINANZ und WIRTSCHAFT: «Ich sehe Preisblasen wie 2007», 11. April 2014