Greece versus the Baltics is not an argument for a heartless state

Viel ist von Griechenland die Rede in diesen Tagen. Auch ich habe mehrfach auf die griechische Tragödie (oder Komödie, je nach Standpunkt) hingewiesen. Nach wie vor wichtig: Die Zinsbelastung der Griechen ist weitaus tiefer als in den anderen Staaten in Europa. Ebenso ist der Lebensstandard höher.

Es bleibt dennoch immer die soziale Tragödie im Fokus der Diskussion. Diese will ich auch nicht bezweifeln, dazu fehlt mir die Nähe zu Griechenland. Interessant fand ich deshalb einen Vergleich der baltischen Staaten und Griechenlands mit Blick auf die Bewältigung der Krise.
Die FT beginnt dabei mit zwei Zitaten von Paul Krugman:

“If anything, the problem with Syriza’s plans may be that they’re not radical enough.” ‒ Paul Krugman, Januar 2015

“The best the defenders of orthodoxy can do is point to a couple of small Baltic nations that have seen partial recoveries from Depression-level slumps, but are still far poorer than they were before the crisis.” ‒ Paul Krugman, Juli 2012

Um dann zusammenzufassen:

  • Griechenlands Reaktion auf die Schuldenkrise waren graduelle Einsparungsbemühungen, Steuererhöhungen und ein teilweiser Schuldenschnitt.
  • Die baltischen Staaten haben schnell drastische Schnitte bei den Staatsausgaben eingeleitet und Maßnahmen, um das Handelsdefizit zu senken.
  • Im letzten Herbst gab es die ersten Erholungszeichen in Griechenland nach sechs Jahren Depression und einem Rückgang des BIP um 23 Prozent. Jetzt ist es wieder im Sturzflug.
  • Das BIP von Estland sank von 16,5 auf 14,1 Milliarden in einem Jahr (2009) ‒ was einem Minus von 14,5 Prozent entspricht. Heute liegt es bei 19,5 Milliarden. Lettland, welches mehr Schulden hatte und mehr Korruption, ist fast wieder auf dem Niveau von 2008 und Litauen liegt ebenfalls wieder über dem Vorkrisen-Niveau.
  • Dies ist umso bewundernswerter, weil die Wirtschaften vor der Krise durch Schulden-, Konsum- und Baubooms aufgebläht waren und der Einbruch der russischen Wirtschaft sie besonders trifft.
  • Zugleich haben die baltischen Länder ihre Bindung an den Euro nicht aufgegeben, also nicht abgewertet, wie von Beobachtern wie Krugman gefordert. (Ich denke, wenn sie die Bindung aufgegeben hätten, wäre es vielleicht noch leichter gewesen.)
  • Während die Griechen mithilfe der anderen Staaten also einen sanfteren Weg gingen, haben die baltischen Staaten ‒ auch aus Angst um ihre Unabhängigkeit ‒ einen harten Weg der internen Abwertung über Einsparungen und Lohnkürzungen gewählt, der sich ausgezahlt hat.
  • Lettland hat in der Spitze den Staatshaushalt um 14,7 Prozent vom BIP angepasst, Griechenland um 6,6 Prozent.
  • Noch deutlicher ist der Unterschied bei der Art der Anpassung: Während die Balten vor allem auch strukturelle Anpassungen vornahmen, beließen es die Griechen bei einfachen Einsparungen. Die Griechen haben fast keine Angestellten im öffentlichen Sektor entlassen, die Gehälter wurden gekürzt. Lettland dagegen hat ein Drittel der öffentlichen Bediensteten entlassen.
  • Während die Griechen den Privatsektor mit höheren Abgaben belasten, haben die Balten die Effizienz der öffentlichen Verwaltung mit neuen Technologien deutlich gesteigert und die Steuerbelastung gering gehalten.

Schlussfolgerung: Wenn ein Land in finanziellen Schwierigkeiten steckt, ist es die bessere Strategie, schnell und radikal zu handeln als auf Zeit zu spielen.

FT (Anmeldung erforderlich): Greece versus the Baltics is not an argument for a heartless state, 20. März 2015

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